Wie die Saar-NPD bedeutungslos wurde
Vor nicht allzu langer Zeit stellte die NPD Ratsmitglieder im Saarland. Bei der Landtagswahl 2004 gab ihr jeder zehnte Arbeiter seine Stimme. Mittlerweile ist die Partei, die nun „Die Heimat“heißt, völlig am Boden.
Der Name ist neu, die Probleme sind geblieben. Die Partei „Die Heimat“, die bis im vergangenen Jahr NPD hieß, ist im Niedergang. Man kann sogar die Frage aufwerfen, ob es sie im Saarland noch gibt. Denn der Landesverband Saar, dessen Vorstand die Ideen des Bundesvorsitzenden Frank Franz zur Neuausrichtung und zur Umbenennung seit Jahren torpediert hatte, beschloss bei einem außerordentlichen Landesparteitag am 25. Juni 2023, nach der Umbenennung aus der „Heimat“auszuscheiden. „Die NPD bleibt die NPD“, heißt es bei den verbliebenen Aktiven um Otfried Best, Landesvorsitzender der „alten“NPD.
Wenige Tage nach dem Beschluss soll der Bundesvorsitzende Frank Franz ihm mitgeteilt haben, dass er ab sofort aller seiner Ämter enthoben und auch kein Mitglied mehr ist. Als Mitglied der „Heimat“, der „neugegründeten Systempartei“, sah sich Best allerdings ohnehin nie. Die Parteizentrale in Berlin ließ mehrere Anfrage der SZ zur Situation im Saarland unbeantwortet.
Die Posse steht sinnbildlich für den Zustand der Partei. Der Verfassungsschutz des Saarlandes bescheinigt der im rechtsextremistischen Spektrum des Saarlandes über Jahre hinweg dominierenden NPD einen stetigen Abwärtstrend. „Die Folgen der Versäumnisse in der Vergangenheit, z. B. eine tragfähige und zukunftsorientierte Basisarbeit zu betreiben und sich auch in der Fläche wahrnehmbarer zu strukturieren, traten immer deutlicher zu Tage“, heißt es über das Jahr 2022. Die Versuche, die Tarnorganisation „Saarländer gegen Salafisten“(Sagesa) und die CoronaProteste für sich zu nutzen, gingen schief.
Dabei stand die Partei im Saarland lange vergleichsweise gut da. Bei der Landtagswahl 2004 holte sie 4,0 Pro
Nach der Umbenennung in „Die Heimat“machen die Saarländer in ihrer eigenen Partei namens „NPD“einfach weiter, als sei nichts gewesen.
zent. Rund jeder zehnte Arbeiter und Arbeitslose stimmte für die NPD, die damals mit antikapitalistischen Parolen den Anti-Hartz-IV-Protest für sich nutzte. In Völklingen gewann sie 2004 bei der Stadtratswahl 9,6 Prozent der Stimmen, zeitweise hatte sie Mandate in der Regionalversammlung Saarbrücken, in den Stadträten Saarbrücken und Völklingen sowie im Ortsrat Völklingen und dem Bezirksrat Saarbrücken-West.
Seit 2019 ist das alles vorbei. Zur Landtagswahl 2022 trat die NPD erst gar nicht mehr an. Von den 100 Mitgliedern, die der Verfassungsschutz vor zehn Jahren zählte, waren 2022 nach seinen Schätzungen noch rund 30 übrig – und das war vor dem Hickhack um die Umbenennung und dem beschlossenen Austritt der NPD
Saar aus der „Heimat“. Von den einstmals fünf Kreisverbänden und Ortsverbänden in Burbach, Malstatt-St. Johann, Schafbrücke und Völklingen, die es laut Verfassungsschutz mal gab, kann allein schon deshalb kaum mehr etwas übrig sein. Im Saarland könne der Partei, so die Prognose des Nachrichtendienstes aus dem Herbst, „endgültig die politische Bedeutungslosigkeit drohen“.
Die dürfte sie erreicht haben, auch weil die AfD – aus Sicht der „Heimat“eine „systemkonforme“Partei – das Wählerpotenzial am rechten Rand aufgesogen hat. Dafür spricht: Überall dort, wo die NPD mal richtig stark war, vor allem in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, ist sie parallel zum Auftreten der AfD von der Bildfläche verschwunden.
Über Jahre hinweg prägten Saarländer das Gesicht der Bundes-NPD. Mit dem im Jahr 2022 verstorbenen Saarbrücker Peter Marx stellte sie zeitweilig einen stellvertretenden Bundesvorsitzenden und Generalsekretär der Bundespartei, mit dem gebürtigen Völklinger Frank Franz seit 2014 den Bundesvorsitzenden. Zudem vertrat der Saarbrücker Jurist Peter Richter die Bundespartei mehrmals vor dem Bundesverfassungsgericht, unter anderem im NPD-Verbotsverfahren. Seit einiger Zeit vertritt Richter als Anwalt die AfD-Fraktion im Saar-Landtag in mehreren Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes.
Die jahrzehntelang Aktiven im Saarland stehen mit dem Bundesvorsitzenden auf Kriegsfuß. Ihn
hatten sie im Mai 2023 angeblich aus der Partei ausgeschlossen. Nach der Umbenennung und dem selbsterklärten Ausscheiden aus der „Heimat“machen sie in einer neu gegründeten Partei weiter, die beim Bundeswahlleiter mit der Bezeichnung „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“(NPD) registriert ist. Als Landesvorsitzender ist dort Otfried Best gelistet, als sein Stellvertreter Peter Richter.
Diese Partei namens NPD feierte in Saarbrücken ein Weihnachtsfest und einen Neujahrsempfang, baute in Völklingen einen Infostand auf, sogar ein NPD-Bundesparteitag fand statt, bei dem der Völklinger Harry Kirsch „für seinen lebenslangen Einsatz für die nationale Sache“und 50 Jahre Mitgliedschaft geehrt wurde.