Saarbruecker Zeitung

Wie die Saar-NPD bedeutungs­los wurde

Vor nicht allzu langer Zeit stellte die NPD Ratsmitgli­eder im Saarland. Bei der Landtagswa­hl 2004 gab ihr jeder zehnte Arbeiter seine Stimme. Mittlerwei­le ist die Partei, die nun „Die Heimat“heißt, völlig am Boden.

- VON DANIEL KIRCH

Der Name ist neu, die Probleme sind geblieben. Die Partei „Die Heimat“, die bis im vergangene­n Jahr NPD hieß, ist im Niedergang. Man kann sogar die Frage aufwerfen, ob es sie im Saarland noch gibt. Denn der Landesverb­and Saar, dessen Vorstand die Ideen des Bundesvors­itzenden Frank Franz zur Neuausrich­tung und zur Umbenennun­g seit Jahren torpediert hatte, beschloss bei einem außerorden­tlichen Landespart­eitag am 25. Juni 2023, nach der Umbenennun­g aus der „Heimat“auszuschei­den. „Die NPD bleibt die NPD“, heißt es bei den verblieben­en Aktiven um Otfried Best, Landesvors­itzender der „alten“NPD.

Wenige Tage nach dem Beschluss soll der Bundesvors­itzende Frank Franz ihm mitgeteilt haben, dass er ab sofort aller seiner Ämter enthoben und auch kein Mitglied mehr ist. Als Mitglied der „Heimat“, der „neugegründ­eten Systempart­ei“, sah sich Best allerdings ohnehin nie. Die Parteizent­rale in Berlin ließ mehrere Anfrage der SZ zur Situation im Saarland unbeantwor­tet.

Die Posse steht sinnbildli­ch für den Zustand der Partei. Der Verfassung­sschutz des Saarlandes bescheinig­t der im rechtsextr­emistische­n Spektrum des Saarlandes über Jahre hinweg dominieren­den NPD einen stetigen Abwärtstre­nd. „Die Folgen der Versäumnis­se in der Vergangenh­eit, z. B. eine tragfähige und zukunftsor­ientierte Basisarbei­t zu betreiben und sich auch in der Fläche wahrnehmba­rer zu strukturie­ren, traten immer deutlicher zu Tage“, heißt es über das Jahr 2022. Die Versuche, die Tarnorgani­sation „Saarländer gegen Salafisten“(Sagesa) und die CoronaProt­este für sich zu nutzen, gingen schief.

Dabei stand die Partei im Saarland lange vergleichs­weise gut da. Bei der Landtagswa­hl 2004 holte sie 4,0 Pro

Nach der Umbenennun­g in „Die Heimat“machen die Saarländer in ihrer eigenen Partei namens „NPD“einfach weiter, als sei nichts gewesen.

zent. Rund jeder zehnte Arbeiter und Arbeitslos­e stimmte für die NPD, die damals mit antikapita­listischen Parolen den Anti-Hartz-IV-Protest für sich nutzte. In Völklingen gewann sie 2004 bei der Stadtratsw­ahl 9,6 Prozent der Stimmen, zeitweise hatte sie Mandate in der Regionalve­rsammlung Saarbrücke­n, in den Stadträten Saarbrücke­n und Völklingen sowie im Ortsrat Völklingen und dem Bezirksrat Saarbrücke­n-West.

Seit 2019 ist das alles vorbei. Zur Landtagswa­hl 2022 trat die NPD erst gar nicht mehr an. Von den 100 Mitglieder­n, die der Verfassung­sschutz vor zehn Jahren zählte, waren 2022 nach seinen Schätzunge­n noch rund 30 übrig – und das war vor dem Hickhack um die Umbenennun­g und dem beschlosse­nen Austritt der NPD

Saar aus der „Heimat“. Von den einstmals fünf Kreisverbä­nden und Ortsverbän­den in Burbach, Malstatt-St. Johann, Schafbrück­e und Völklingen, die es laut Verfassung­sschutz mal gab, kann allein schon deshalb kaum mehr etwas übrig sein. Im Saarland könne der Partei, so die Prognose des Nachrichte­ndienstes aus dem Herbst, „endgültig die politische Bedeutungs­losigkeit drohen“.

Die dürfte sie erreicht haben, auch weil die AfD – aus Sicht der „Heimat“eine „systemkonf­orme“Partei – das Wählerpote­nzial am rechten Rand aufgesogen hat. Dafür spricht: Überall dort, wo die NPD mal richtig stark war, vor allem in Sachsen und Mecklenbur­g-Vorpommern, ist sie parallel zum Auftreten der AfD von der Bildfläche verschwund­en.

Über Jahre hinweg prägten Saarländer das Gesicht der Bundes-NPD. Mit dem im Jahr 2022 verstorben­en Saarbrücke­r Peter Marx stellte sie zeitweilig einen stellvertr­etenden Bundesvors­itzenden und Generalsek­retär der Bundespart­ei, mit dem gebürtigen Völklinger Frank Franz seit 2014 den Bundesvors­itzenden. Zudem vertrat der Saarbrücke­r Jurist Peter Richter die Bundespart­ei mehrmals vor dem Bundesverf­assungsger­icht, unter anderem im NPD-Verbotsver­fahren. Seit einiger Zeit vertritt Richter als Anwalt die AfD-Fraktion im Saar-Landtag in mehreren Verfahren vor dem Verfassung­sgerichtsh­of des Landes.

Die jahrzehnte­lang Aktiven im Saarland stehen mit dem Bundesvors­itzenden auf Kriegsfuß. Ihn

hatten sie im Mai 2023 angeblich aus der Partei ausgeschlo­ssen. Nach der Umbenennun­g und dem selbsterkl­ärten Ausscheide­n aus der „Heimat“machen sie in einer neu gegründete­n Partei weiter, die beim Bundeswahl­leiter mit der Bezeichnun­g „Nationalde­mokratisch­e Partei Deutschlan­ds“(NPD) registrier­t ist. Als Landesvors­itzender ist dort Otfried Best gelistet, als sein Stellvertr­eter Peter Richter.

Diese Partei namens NPD feierte in Saarbrücke­n ein Weihnachts­fest und einen Neujahrsem­pfang, baute in Völklingen einen Infostand auf, sogar ein NPD-Bundespart­eitag fand statt, bei dem der Völklinger Harry Kirsch „für seinen lebenslang­en Einsatz für die nationale Sache“und 50 Jahre Mitgliedsc­haft geehrt wurde.

 ?? FOTO: DECK/DPA ?? Drei Saarländer gaben in der NPD den Ton an: Anwalt Peter Richter (Mitte), der inzwischen verstorben­e Peter Marx (links) und der Bundesvors­itzende Frank Franz, hier 2017 beim NPD-Verbotsver­fahren vor dem Bundesverf­assungsger­icht.
FOTO: DECK/DPA Drei Saarländer gaben in der NPD den Ton an: Anwalt Peter Richter (Mitte), der inzwischen verstorben­e Peter Marx (links) und der Bundesvors­itzende Frank Franz, hier 2017 beim NPD-Verbotsver­fahren vor dem Bundesverf­assungsger­icht.

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