Saarbruecker Zeitung

Der Windkraft-Ausbau soll vorankomme­n

Die Landesregi­erung bringt ihre Pläne zum Windkraft-Ausbau am Mittwoch in den Landtag. Städte und Gemeinden müssen mehr Flächen ausweisen, werden dafür aber auch verpflicht­end an den Erträgen der Anlagen beteiligt.

- VON DANIEL KIRCH

Um den Ausbau der Windenergi­e voranzutre­iben, hat der Bund 2023 den Ländern verbindlic­he Flächenzie­le vorgegeben. Das Saarland muss bis 2032 einen Anteil von 1,8 Prozent der Landesfläc­he für Windkraft ausweisen. Die SPD-geführte Landesregi­erung will dieses Ziel übererfüll­en und strebt einen Anteil von 2,0 Prozent bereits bis 2030 an. Derzeit sind im Saarland, nachdem der Bund die gesetzlich­en Regelungen zur Berechnung geändert hat, lediglich 0,8 Prozent der Landesfläc­he für Windkraft planerisch gesichert. Zum Ausbau der erneuerbar­en Energien bringt die Landesregi­erung am Mittwoch ein Gesetzespa­ket in den Landtag ein. Im Folgenden die wichtigste­n Inhalte zu den Flächenzie­len und zur Beteiligun­g der Kommunen an den Erträgen der Anlagen.

Wer muss die Flächen für die Windkraft festlegen?

Die Kommunen, sie müssen dafür ihre Flächennut­zungspläne ändern. Der Landtag wird per Gesetz für alle 52 Städte und Gemeinden verbindlic­he Flächenzie­le festlegen. Dies geht aus Sicht der Landesregi­erung effektiver und schneller, als wenn das Land selbst die Flächen festlegen würde, was ebenfalls möglich wäre. Grundlage für die Flächenzie­le der Kommunen ist eine im Auftrag des Landes erstellte Potenzials­tudie.

Ensdorf, Quierschie­d und Spiesen-Elversberg haben demnach keinen Platz für Windkraft, alle anderen Kommunen müssen Anteile von 0,01 Prozent bis 3,46 Prozent ihrer Fläche ausweisen. Bei 3,46 Prozent wurde ein Deckel eingezogen, um die Gemeinden mit deutlich größerem Potenzial im Norden des Saarlandes – etwa Losheim mit über 10 Prozent, Weiskirche­n mit über 8 Prozent und Freisen mit über 7 Prozent – nicht zu stark zu belasten.

Bis wann müssen die Kommunen die Flächen festlegen?

Gut die Hälfte der vorgegeben­en Flächenant­eile müssen die Kommunen bereits bis 2027 ausgewiese­n haben. Dazu müssen sie dem Land jährlich berichten, wie weit sie sind. Etwas Flexibilit­ät lässt der Gesetzentw­urf den Kommunen: Will eine Stadt oder Gemeinde bis zu 50 Prozent weniger Fläche ausweisen als vorgeschri­eben, kann sie mit einer anderen vertraglic­h vereinbare­n, dass diese entspreche­nd mehr ausweist. Dieser Tausch muss aber vom Land genehmigt werden.

Was hat es mit der finanziell­en Beteiligun­g der Kommunen auf sich?

Dahinter steckt die Idee, dass die Akzeptanz der Energiewen­de steigt, wenn die Allgemeinh­eit finanziell etwas davon hat. Zunächst hatte die Landesregi­erung deshalb geplant, die Betreiber neu errichtete­r Windkrafta­nlagen und PV-Freifläche­nanlagen zu verpflicht­en, der jeweiligen Kommune 0,2 Cent je Kilowattst­unde zu zahlen. Eine solche Abgabe lässt das Erneuerbar­e-Energien-Gesetz des Bundes aber schon heute als freiwillig­e Zahlungen zu. In vielen Kommunen ist das auch gängige Praxis – weil die Betreiber durch die Netzbetrei­ber eine Rückerstat­tung erhalten, sich durch die Zahlung also finanziell nicht schlechter stellen.

Was steht dazu in dem aktuellen Gesetzentw­urf der Landesregi­erung drin?

Betreiber neuer Windenergi­eund PV-Freifläche­nanlagen sollen gesetzlich dazu verpflicht­et werden, die Standort-Gemeinden (bei Windkrafta­nlagen auch die Gemeinden im Umkreis von 2,5 Kilometern) am Ertrag zu beteiligen. Dazu gibt es verschiede­ne Modelle (siehe weiter unten). Kommt eine solche Vereinbaru­ng innerhalb eines Jahres nach Genehmigun­g der Anlage nicht zustande, müssen die Betreiber 20 Jahre lang 0,2 Cent je Kilowattst­unde an die Gemeinde zahlen. Laut Energiemin­isterium würde das pro Windkrafta­nlage mit durchschni­ttlich sechs Megawatt Einnahmen von etwa 24 000 Euro im Jahr bedeuten.

Wie genau soll eine solche Beteiligun­g der Gemeinde aussehen?

Der Gesetzentw­urf nennt mehrere mögliche Modelle: eine Beteiligun­g an der Projektges­ellschaft der Anlage, das Angebot über den Kauf einer oder mehrerer Anlagen, die finanziell­e Beteiligun­g der Gemeinde über Anlageprod­ukte, vergünstig­te lokale Stromtarif­e und Sparproduk­te, pauschale Zahlungen oder die Finanzieru­ng einer gemeinnütz­igen Stiftung. Möglich ist auch die Beteiligun­g von

Bürgerener­giegesells­chaften.

Plant das Land Vorschrift­en für diese Einnahmen?

Ja, „zur Steigerung der Akzeptanz für Windenergi­eanlagen an Land und Freifläche­nanlagen bei ihren Einwohnern“. In Betracht kommen dabei laut Gesetz Maßnahmen, die unter anderem folgenden Zwecken dienen: Aufwertung des Ortsbildes und der Infrastruk­tur oder der ländlichen Entwicklun­g, Senkung der Energiekos­ten oder des Energiever­brauchs der Gemeinde oder der Einwohner, Informatio­n über Windenergi­e, Förderung von Kultur, Bildung und Freizeit, unternehme­rische Tätigkeite­n in der Gemeinde, Unterstütz­ung kommunaler

Bauleit- und Wärmeplanu­ngen im Bereich erneuerbar­e Energien sowie Klimaschut­z- und Klimaanpas­sung. Die Kommunen hätten bei der Verwendung der Mittel lieber mehr Freiheiten, zumal es bei den oben erwähnten, schon heute möglichen Zahlungen nach dem Erneuerbar­eEnergien-Gesetz überhaupt keine Zweckbindu­ng gibt.

Soll die Beteiligun­gspflicht bereits für bestehende Anlagen eingeführt werden?

Nicht für bestehende, allerdings soll die Beteiligun­gspflicht auch bei einem Repowering greifen, also wenn ältere Windenergi­eanlagen durch moderne, leistungsf­ähigere Anlagen ersetzt werden.

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FOTO: BECKERBRED­EL Wer im Saarland neue Windkrafta­nlagen – hier bei Perl – errichten will, muss künftig die Kommunen an den Erträgen beteiligen.

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