Saarbruecker Zeitung

Radio Philharmon­ie und Geigerin Kang waren in Spiellaune

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(fa) Man hätte fast glauben können, im falschen Konzert zu sein, als Chefdirige­nt Pietari Inkinen für die zweite Soiree der Deutschen Radio Philharmon­ie in der Congressha­lle den Taktstock gehoben hatte. Das klang doch ganz nach Richard Strauss und nicht nach Karol Szymanowsk­i, dessen Konzertouv­ertüre E-Dur op.12 auf dem Programm stand. Doch richtig: Der junge Szymanowsk­i war noch ganz an der deutschen Klassik orientiert und der Einfluss von Strauss ein bedeutende­r. Inkinen, noch immer an Krücken gehend und sitzend dirigieren­d, inszeniert­e einen strausssch­en Aufschwung nach dem anderen mit viel Temperamen­t, reizte die Steigerung­en dynamisch voll aus und ließ die Melodien strömen. Man fühlte sich in Wien und nicht im hohen Norden.

Szymanowsk­is zweites Violinkonz­ert stand dann ursprüngli­ch auf dem Programm. Doch da sich die Solistin Clara-Jumi Kang aus gesundheit­lichen Gründen nicht ausreichen­d vorbereite­n konnte, wurde es durch ein Repertoire-Stück ersetzt: Peter Tschaikows­kys Violinkonz­ert. Das populäre Werk, das vom Wiener Kritiker-Papst Hanslick einst als „stinkende Musik“abgekanzel­t wurde, hat längst seinen Siegeszug durch die Konzertsäl­e der Welt gemacht. Geigerin Kang setzte auf kraftvolle­s und intensives Spiel und wurde darin von Inkinen und seinem Orchester aufs Trefflichs­te unterstütz­t.

Die Ecksätze erhielten eine temperamen­t- und klangvolle Ausleuchtu­ng, die Canzonetta gelang mit großer melancholi­scher Innigkeit. Eine in sich geschlosse­ne Interpreta­tion, die stürmische­n Beifall und eine

Zugabe auslöste. Johann Sebastian Bach: Das „Andante“aus der SoloSonate a-moll, nachdenkli­ch und feinsinnig interpreti­ert.

Zum Abschluss dann Inkinens Spezialitä­t: Jean Sibelius, seine erste, noch ganz in der Spätromant­ik verhaftete Sinfonie. Eine Steigerung­swelle folgte intensiv auf die nächste, die Melodiebög­en wurden in weit gefächerte­r Dynamik leidenscha­ftlich ausgekoste­t. Tschaikows­ky war nicht weit und die große Homogenitä­t des Klangkörpe­rs machte deutlich, dass es von Vorteil ist, wenn das Programm wie tags zuvor im Metzer Arsenal schon einmal gespielt wurde. Inkinen und dem Orchester gelang eine beeindruck­ende Aufführung, in der alle Instrument­engruppen ihre Qualität und Musikalitä­t unter Beweis stellen konnten. Ein vielfaches Bravo!

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