Das neue Saarbrücken stieß auf viel Kritik
Vor einem halben Jahrhundert veränderte die Gebiets- und Verwaltungsreform das Saarland von Grund auf. Saarbrückens damaligem Gebiets- und Bevölkerungszuwachs gingen viele Proteste voraus. Bei einem spannenden Rückblick kam auch das zur Sprache.
„Je größer und attraktiver die Stadt Saarbrücken wird, desto besser ist die Anziehungskraft für das gesamte Saarland.“Darin waren sich der Historiker und Leiter des Stadtarchivs, Hans-Christian Herrmann, sowie Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) im Rathausfestsaal einig. Anlass: 50 Jahre Gebiets- und Verwaltungsreform im Saarland. Ohne das, unter den Bewohnern der 1974 eingemeindeten Orte lange umstrittene „Jahrhundertwerk Gebietsreform“, so Herrmann, wäre Saarbrücken schon in Folge der Stahlkrise in eine Abwärtsspirale geraten und hätte jetzt nur 100 000 Einwohner, gut halb so viele wie heute. Dabei gab es seinerzeit aus Kreisen der Wirtschaft sogar Vorschläge, Saarbrücken zur kreisfreien Mega-City mit bis zu 400 000 Einwohnern zu machen. Dabei soll
ten auch Sulzbach und Friedrichsthal, Bliesransbach, Auersmacher, Kleinblittersdorf und Heusweiler einverleibt werden, was aber schnell vom Tisch war.
So blieb es bei der vom damaligen Innenminister Ludwig Schnur (CDU) gegen Proteste durchgeboxten Gebietsreform von 1974, die das
„Saarbrücken von heute“mit 20 Stadtteilen in vier Bezirken schuf. Da half es auch nichts, dass noch Ende November 1973 mehr als 4000 Dudweiler vor dem Landtag gegen die Eingliederung demonstrierten und in einer Abstimmung 90 Prozent von ihnen dagegen waren, berichtete Herrmann.
Während in Burbach die Hütte, die Drahtseilfabrik Heckel und das Bahnausbesserungswerk in der Stahlkrise dichtmachen mussten, kamen mit der Eingliederung von Dudweiler (Universität), Ensheim (Flughafen), Gersweiler, Bübingen oder Güdingen Stadtteile dazu, die Saarbrücken mit ihrem Flächenre
servoir Chancen auf Erweiterung boten, so der Chef-Archivar.
OB Conradt erinnerte daran, dass Saarbrücken schon 1909 mit dem Zusammenschluss der bis dahin selbstständigen Industriestädte Malstatt-Burbach mit Alt-Saarbrücken und St. Johann zur Großstadt wurde. Der beliebte Stadtteil St. Arnual sei sogar schon 1897 eingemeindet worden, merkte der OB an: „Heute hat Saarbrücken 186 000 Einwohner, ist 43. größte Stadt in Deutschland und das wirtschaftliche, wissenschaftli
Dabei gab es seinerzeit aus Kreisen der Wirtschaft sogar Vorschläge, Saarbrücken zur kreisfreien Mega-City mit bis zu 400 000 Einwohnern zu machen.
che und kulturelle Zentrum in einer grenzüberschreitenden Großregion mit 1,5 Millionen Einwohnern“.
Saarbrücken sei für viele Gäste aus den Nachbarregionen mit der zu den deutschen Top 10 gehörenden Einkaufsstraße Bahnhofstraße, mit Staatstheater, Uni und fünf Hochschulen einfach „die Stadt“.
Also keine Reform der Reform mehr oder gar ein weiterer Neuzuschnitt für Saarbrücken? Uwe Conradt weicht bei einem Glas Crémant witzelnd aus: „Wer die ersten beiden Reformen 1909 und 1974 noch erlebt hat, wird die dritte Reform sicher nicht mehr erleben.“Vor fünf Jahrzehnten, so Historiker Herrmann, glaubten aber manche schon, mit einer Mega-City Saarbrücken könne man bei einer immer wieder mal aufflammenden Länderneugliederungs-Debatte „das Saarland nicht so einfach plattmachen“.