40-jährige Ortsvorsteher-Zeit geht zu Ende
Hans-Werner Franzen, vier Jahrzehnte Ortsvorsteher von Naßweiler, tritt nicht mehr an. Auch Petra Fretter, gut 20 Jahre Ortsvorsteherin von Karlsbrunn, kandidiert nicht mehr.
Eine Ära geht zu Ende: Bei den Kommunalwahlen am 9. Juni wird Hans-Werner Franzen (74, SPD) im Großrosseler Ortsteil Naßweiler nicht mehr für das Amt des Ortsvorstehers kandidieren. In dem Jahr, in dem er erstmals zum Vorsitzenden des Ortsrates gewählt wurde, begann in Stuttgart-Stammheim der Prozess gegen die RAF-Terroristen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt. Die umstrittene Startbahn West des Frankfurter Flughafens ging in Betrieb, Richard von Weizsäcker wurde Bundespräsident, und ein gewisser Boris Becker spielte zum ersten Mal im Tennis-Mekka Wimbledon. Das war 1984.
Franzen gehört zu den dienstältesten Ortsvorstehern im Saarland, vermutlich ist er sogar am längsten im Amt. Der Sozialdemokrat wurde achtmal von den Ortsratsmitgliedern gewählt, und das immer mit einer satten Mehrheit. Im Naßweiler Ortsrat hat traditionell die SPD das Sagen. Anders als im Ortsteil Karlsbrunn, wo die CDU über eine klare Sitze-Mehrheit verfügt. Auch dort beginnt im Sommer eine neue Zeitrechnung: Petra Fretter (64, CDU) wird nicht mehr als Ortsvorsteherin zur Verfügung stehen. Sie ist ebenfalls schon sehr lange im Geschäft, im Jahr 2003 hatte sie das Amt übernommen.
Franzen und Fretter haben sich immer mit Leib und Seele für ihre Dörfer eingesetzt, jetzt machen sie freiwillig Platz für jüngere Kandidaten. „Neue Köpfe, neue Ideen, neue
Impulse müssen kommen“, erklärt Petra Fretter. Rückblickend ist sie sich mit ihrem Kollegen aus Naßweiler einig: „Es hat Spaß gemacht.“
Franzen hat als Sachgebietsleiter beim Bundesamt für Güterverkehr gearbeitet, er ist auch örtlicher Leiter der Volkshochschule. Petra Fretter,
eine gelernte Medizinisch-technische Assistentin, sitzt für die CDU im Landtag. Beide sehen im Ortsrat ein wichtiges Bindeglied zwischen den Bürgern und der Gemeindeverwaltung, beziehungsweise dem Gemeinderat. Durch den Ortsrat erführen die Verantwortlichen, wo den Bürger der Schuh drückt.
Der Ortsrat selbst hat relativ wenige Befugnisse: Er kümmert sich um die Kirmes, organisiert den Seniorennachmittag oder benennt Straßen. Bei vielen anderen Themen – vor allem, wenn es um Investitionen geht – haben die Mitglieder nur beratende Funktion. Das hat Franzen und Fretter bei ihrer Arbeit aber eher angespornt als frustriert. Beide zeigten, dass sich Projekte – etwa zur Dorfverschönerung – mithilfe von Fördermitteln und mit der Unterstützung der Bürger und Vereine
umsetzen lassen. „Alleine geht es nicht“, betont Petra Fretter.
Die Ortsvorsteher erlebten in ihrer langen Amtszeit Höhen und Tiefen. Viele Jahre setzte sich Franzen mit dem französischen Bergbau
unter Naßweiler auseinander. Dieser Bergbau wurde 2003 eingestellt, hatte aber zuvor große Schäden angerichtet – viele Häuser mussten abgerissen werden. Danach kamen die Bagger aber wieder zum Ausheben von Baugruben. In der Straße Am Hirtengraben wurde ein kleines Neubaugebiet ausgewiesen.
Erfreut ist Franzen auch über die Ansiedlung des Netto-Einkaufsmarktes. Weniger gern erinnert er sich an die Schließung des Kindergartens. Mit der Situation am Bremerhof ist er ebenfalls unzufrieden: In der Straße direkt an der Grenze kann man nicht nur Tabak und Alkohol kaufen und am Spielautomaten sein Glück versuchen. Dort werde offen mit Drogen gedealt, berichtet Franzen.
Petra Fretter beschäftigten in den vergangenen Jahren zwei wichtige Themen. Zum einen die Sanierung des Jagdschlosses, die mittlerweile abgeschlossen ist. Zum anderen der angestrebte Bau eines Dorfgemeinschaftshauses – als Ersatz für die Ende 2014 wegen Baumängel geschlossene Turnhalle. Alles sei finanziert gewesen, betont die Ortsvorsteherin mit Blick auf den geplanten Neubau. Im Dezember dann der Rückschlag: Im Gemeinderat habe die SPD dafür gesorgt, dass die für den Bau im Haushalt 2024 vorgesehenen Mittel gestrichen wurden. Selbst wenn sich die Mehrheitsverhältnisse im neuen Gemeinderat zugunsten der CDU verändern würden, so ist Petra Fretter doch skeptisch, ob sich ein Neubau eines Dorfgemeinschaftshauses noch realisieren lässt. Es müssten nicht nur neue Gelder eingestellt, sondern auch neue Fördermittel beantragt werden.
Gern werden der altgediente Ortsvorsteher und die altgediente Ortsvorsteherin ihren Nachfolgern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Petra Fretter vielleicht sogar als Ortsratsmitglied. Sie steht auf Platz sieben der CDU-Liste. Das kann reichen, muss aber nicht. Franzen hingegen hat sich nicht mehr für den Ortsrat aufstellen lassen. Dank eines aussichtsreichen Platzes wird er aber voraussichtlich wieder im Gemeinderat sitzen. Dort bewirbt sich auch Patra Fretter noch mal für ein Mandat. Allerdings auf einem der hinteren Plätze. Deshalb, erklärt sie, sei es eher unwahrscheinlich, dass sie dem nächsten Gemeinderat angehört.