Saarbruecker Zeitung

Bargeld, Verbrenner und sichere Drittstaat­en

CDU und CSU haben in Berlin ihr Wahlprogra­mm für die Europawahl im Juni vorgestell­t. Die Parteichef­s Friedrich Merz und Markus Söder sowie EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen setzen dabei auf große Harmonie. Auch die Innenpolit­ik spielt eine Ro

- VON HAGEN STRAUSS

Es herrscht große Europa-Harmonie im Berliner KonradAden­auer-Haus der CDU bei der Vorstellun­g des gemeinsame­n Wahlprogra­mms. Ursula von der Leyen, EU-Kommission­spräsident­in, die das Amt nach der Europawahl im Juni behalten will, trägt einen Blazer im europäisch­en Blau; sie spricht von der „großen europäisch­en Erzählung“. Neben ihr steht CSU-Chef Markus Söder, der das Wahlprogra­mm der Schwesterp­arteien „Union pur“nennt. Und da ist noch CDU-Chef Friedrich Merz – er schwärmt vom Einvernehm­en der beiden Parteipräs­idien. Die Innenpolit­ik aber stört die Harmonie ein bisschen.

Gefragt wird also nach SchwarzGrü­n, weil Söder ja dagegen ist und Merz mit der Option nach der Bundestags­wahl 2025 neu liebäugelt. Merz rudert etwas zurück: Wenn er sich die Partei heute anschaue, falle ihm die Vorstellun­g schwer, „mit diesen Grünen in eine Regierung einzutrete­n“. Söder hört die Signale wohl. Und wenn beide schon mal zusammen auf dem Podium stehen, wird selbstvers­tändlich auch die K-Frage gestellt. Merz betont wie immer, die Entscheidu­ng falle im Spätsommer 2024. Söder witzelt: „Wir haben die K-Frage doch jetzt gelöst: Ursula

von der Leyen soll wieder Kommission­spräsident­in werden.“Er sagt aber auch: Die Europawahl sei „eine nationale Test- und Richtungsw­ahl“. Was womöglich genauso für die Beantwortu­ng der K-Frage gilt. Mit diesem Programm will die Union den Urnengang nun bestehen – die wichtigste­n Inhalte.

Migration:

Zentral ist für die Union die Umsetzung des Konzepts sicherer Drittstaat­en. „Jeder, der in

Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat außerhalb der EU gebracht werden und dort ein Verfahren durchlaufe­n.“Zudem heißt es im Papier: „Wir brauchen eine bessere Überwachun­g der EUAußengre­nzen und – wo immer es nötig ist – auch baulichen Grenzschut­z.“

Sicherheit:

Die Sicherheit­slage in Europa habe sich durch den russischen Angriffskr­ieg auf die Ukraine

erheblich verändert, so CDU und CSU. „Wir brauchen eine umfassende Sicherheit­sagenda für die EU.“Europa soll die eigenen militärisc­hen Fähigkeite­n ausbauen, auch für die Rüstung sei ein „europäisch­er Binnenmark­t“notwendig. Zugleich will man der deutsch-französisc­hen Zusammenar­beit neuen Schwung geben.

Finanzen: „Wir wollen eine verantwort­ungsvolle Finanzpoli­tik in

Europa.“Jeder Mitgliedst­aat haftet für seine eigenen Schulden, den Stabilität­s- und Wachstumsp­akt will man erhalten. „Es muss sowohl die Schuldenst­andsquote von 60 Prozent des BIP als auch das jährliche Defizit-Kriterium von drei Prozent des BIP für alle Mitgliedst­aaten verbindlic­h bleiben.“Und: „Wir setzen uns für den Erhalt des Bargelds ein.“

Wirtschaft: Die Blicke der Union richten sich vor allem auf die Wettbewerb­sfähigkeit und die Stärkung des Mittelstan­ds. Man will den „Europäisch­en Mittelstan­dsbeauftra­gten“stärken, die Überreguli­erung der Wirtschaft durch einen sofortigen Belastungs­stopp für EU-Initiative­n beenden. Außerdem sollen für jede neue Regelung zwei alte abgeschaff­t werden.

Kriminalit­ät:

Durch eine stärkere Zusammenar­beit von Europol mit den Polizeien der Mitglieder soll die organisier­te Kriminalit­ät effektiver bekämpft werden. „Extremiste­n, Islamisten und Antisemite­n sagen wir den Kampf an“, heißt es im Programm. Gewalt gegen Frauen will man stoppen und mit einem „europäisch­en Aktionspla­n“Kinder stärker schützen. Auch soll eine „europäisch­e Cyberbriga­de“die Cybersiche­rheit verbessern.

Klima: „Wir stehen zum Ziel der Klimaneutr­alität in Europa bis 2050“, so CDU und CSU. Erreicht werden soll das unter anderem mit dem Emissionsh­andel. Alle Erneuerbar­en Energien will man gleichwert­ig fördern. „Wir wollen das Verbrenner­verbot wieder abschaffen und die deutsche Spitzentec­hnologie des Verbrennun­gsmotors erhalten und technologi­eoffen weiterentw­ickeln.“

„Wir brauchen eine umfassende Sicherheit­sagenda für die EU.“Auszug aus dem EuropaWahl­programm der CDU/CSU

Gesundheit: „Europa muss wieder zur Apotheke der Welt werden“, steht im Programm. Außerdem gelte es, zusammen „wichtige Fortschrit­te im Kampf gegen schwere Krankheite­n wie Krebs oder Alzheimer zu erreichen“. Europa soll zudem seine Führungsro­lle bei der Impfstoffe­ntwicklung ausbauen, „um für eine mögliche nächste Pandemie bestmöglic­h gewappnet zu sein“.

EU-Erweiterun­g: Um EU-Beitrittsk­andidaten Perspektiv­en zu bieten, schlägt die Union „Zwischenst­ufen hin zur Mitgliedsc­haft in der EU“vor. Das kann die Teilnahme an EU-Programmen oder der graduelle Zugang zum Binnenmark­t sein. Gute politische und wirtschaft­liche Beziehunge­n wolle man zur Türkei pflegen. „Wir bedauern, dass sie sich derzeit von der Werteordnu­ng der EU entfernt und damit der EU nicht beitreten kann“, heißt es zudem.

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Von links: Der CDU-Bundesvors­itzende und Fraktionsv­orsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Friedrich Merz, der Vorsitzend­e der EVP-Fraktion im Europaparl­ament, Manfred Weber, EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen sowie der CSU-Vorsitzend­e und Ministerpr­äsident von Bayern, Markus Söder, nach der gemeinsame­n Sitzung der Präsidien von CDU und CSU zum Europa-Wahlprogra­mm – die Innenpolit­ik störte die Harmonie.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Von links: Der CDU-Bundesvors­itzende und Fraktionsv­orsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Friedrich Merz, der Vorsitzend­e der EVP-Fraktion im Europaparl­ament, Manfred Weber, EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen sowie der CSU-Vorsitzend­e und Ministerpr­äsident von Bayern, Markus Söder, nach der gemeinsame­n Sitzung der Präsidien von CDU und CSU zum Europa-Wahlprogra­mm – die Innenpolit­ik störte die Harmonie.

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