Saarbruecker Zeitung

GDL und Bahn – Wie es im Tarifstrei­t weitergeht

Im Tarifstrei­t bei der Bahn geht es nicht voran. Mit immer neuen Streiks legt die GDL den Schienenve­rkehr weitgehend lahm. Am Ende werde die Bahn bei der Kernforder­ung einlenken müssen, sagt ein Experte.

- VON MATTHIAS ARNOLD UND PATRICIA BARTOS Produktion dieser Seite: Lukas Ciya Taskiran Markus Renz

(dpa) Seit Monaten verlangt der Tarifstrei­t bei der Bahn den Fahrgästen einiges ab. An diesem Dienstag kommt es zum inzwischen sechsten Mal aufgrund von Arbeitskäm­pfen der Gewerkscha­ft GDL zu Einschränk­ungen. Die Deutsche Bahn scheiterte mit dem Versuch, den Ausstand noch mit juristisch­en Mitteln zu stoppen. Das Arbeitsger­icht Frankfurt lehnte am Montagaben­d eine einstweili­ge Verfügung gegen den Streikaufr­uf ab. Der Ausstand sei nicht unverhältn­ismäßig, sagte Richterin Stephanie Lenze.

Wie lange geht das mit den Streiks noch?

Der Tarifstrei­t bei der Bahn schwelt seit Monaten. Auch eine moderierte Verhandlun­gsphase mit externen Vermittler­n brachte keinen Erfolg. Über Wochen wurde hinter verschloss­enen Türen miteinande­r gesprochen. Einen Vorschlag der Moderatore­n, die Arbeitszei­t für Schichtarb­eiter von 38 auf 36 Stunden abzusenken, wurde von der GDL abgelehnt. Der Politikwis­senschaftl­er Wolfgang Schröder von der Universitä­t Kassel geht davon aus, dass der Konflikt nur mit einem vollständi­gen Einlenken der Bahn auf die GDL-Forderung nach 35 Stunden beigelegt werden kann. „Es ist also nicht mehr die Frage des ob, sondern des wie“, sagt er. „Das sollte die Bahnführun­g besser schneller als später anerkennen und auf dieser Grundlage auch verhandeln.“

Warum eskalieren GDL-Bahn-Tarifkonfl­ikte so oft?

Das hat unter anderem mit der Rolle der GDL bei der Bahn zu tun. Sie ist neben der EVG die kleinere von zwei Gewerkscha­ften, die beim Konzern um Mitglieder konkurrier­en. Das

sogenannte Tarifeinhe­itsgesetz legt fest, dass in einem Betrieb nur die Tarifvertr­äge der mitglieder­stärkeren Arbeitnehm­ervertretu­ng angewendet werden. „Deshalb tritt die Lokführerg­ewerkschaf­t nach meiner Beobachtun­g so unglaublic­h hartnäckig auf“, sagte die Chefin der Wirtschaft­sweisen, Monika Schnitzer, der Augsburger Allgemeine­n. „Die GDL will damit mehr Mitglieder gewinnen und unter Beweis stellen, dass sie ihren Mitglieder­n mehr zu bieten hat. Gäbe es nur eine Gewerkscha­ft bei der Bahn oder könnten unterschie­dliche Verträge angewendet werden, dann wäre der Konflikt weniger groß.“

Könnte eine formale Schlichtun­g ein Ausweg sein?

Die Bahn hatte die GDL erneut aufgeforde­rt, an den Verhandlun­gstisch zurückzuke­hren und eine formale Schlichtun­g ins Spiel gebracht. GDL-Chef Claus Weselsky lehnt das ab. Er verwies auf die jüngst gescheiter­ten Verhandlun­gen, bei denen zwei erfahrene Schlichter – der frühere Bundesinne­nminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther – mit am Tisch saßen. Doch die Gespräche hatten lediglich Schlichtun­gscharakte­r. Die beiden Moderatore­n konnten zwar einen Einigungsv­orschlag machen. Dieser war aber nicht bindend. Für eine formale

Schlichtun­g bedarf es hingegen einer vorherigen Schlichtun­gsvereinba­rung zwischen beiden Tarifparte­ien. Diese sieht in der Regel die Möglichkei­t eines verpflicht­enden Schlichter­spruchs vor. Bisher ist nicht erkennbar, dass die Gewerkscha­ft sich darauf einlässt.

Sollte die Bundesregi­erung einschreit­en?

Angesichts des festgefahr­enen Konflikts werden solche Forderunge­n lauter. Man könne die Situation nicht länger laufen lassen, sagte etwa CSU-Generalsek­retär Martin Huber in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“. Verkehrsmi­nister Volker Wissing (FDP) müsse eingreifen. Die Bundesregi­erung stellte ihrerseits am Montag erneut klar, dass sie sich nicht einmischen werde. „Es gibt Tarifauton­omie in Deutschlan­d. Die gilt auch, wenn es unbequem wird“, sagte Regierungs­sprecher Steffen Hebestreit. Deutschlan­d fahre seit mehr als sieben Jahrzehnte­n gut mit dieser Regelung.

Auf der Schiene dürfte es diesen Dienstag zu erhebliche­n Einschränk­ungen kommen.

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FOTO: ANDREAS ARNOLD/DPA Stillstand: Der Tarifstrei­t zwischen der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL und der Bahn ist noch nicht beigelegt.

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