GDL und Bahn – Wie es im Tarifstreit weitergeht
Im Tarifstreit bei der Bahn geht es nicht voran. Mit immer neuen Streiks legt die GDL den Schienenverkehr weitgehend lahm. Am Ende werde die Bahn bei der Kernforderung einlenken müssen, sagt ein Experte.
(dpa) Seit Monaten verlangt der Tarifstreit bei der Bahn den Fahrgästen einiges ab. An diesem Dienstag kommt es zum inzwischen sechsten Mal aufgrund von Arbeitskämpfen der Gewerkschaft GDL zu Einschränkungen. Die Deutsche Bahn scheiterte mit dem Versuch, den Ausstand noch mit juristischen Mitteln zu stoppen. Das Arbeitsgericht Frankfurt lehnte am Montagabend eine einstweilige Verfügung gegen den Streikaufruf ab. Der Ausstand sei nicht unverhältnismäßig, sagte Richterin Stephanie Lenze.
Wie lange geht das mit den Streiks noch?
Der Tarifstreit bei der Bahn schwelt seit Monaten. Auch eine moderierte Verhandlungsphase mit externen Vermittlern brachte keinen Erfolg. Über Wochen wurde hinter verschlossenen Türen miteinander gesprochen. Einen Vorschlag der Moderatoren, die Arbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 36 Stunden abzusenken, wurde von der GDL abgelehnt. Der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder von der Universität Kassel geht davon aus, dass der Konflikt nur mit einem vollständigen Einlenken der Bahn auf die GDL-Forderung nach 35 Stunden beigelegt werden kann. „Es ist also nicht mehr die Frage des ob, sondern des wie“, sagt er. „Das sollte die Bahnführung besser schneller als später anerkennen und auf dieser Grundlage auch verhandeln.“
Warum eskalieren GDL-Bahn-Tarifkonflikte so oft?
Das hat unter anderem mit der Rolle der GDL bei der Bahn zu tun. Sie ist neben der EVG die kleinere von zwei Gewerkschaften, die beim Konzern um Mitglieder konkurrieren. Das
sogenannte Tarifeinheitsgesetz legt fest, dass in einem Betrieb nur die Tarifverträge der mitgliederstärkeren Arbeitnehmervertretung angewendet werden. „Deshalb tritt die Lokführergewerkschaft nach meiner Beobachtung so unglaublich hartnäckig auf“, sagte die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, der Augsburger Allgemeinen. „Die GDL will damit mehr Mitglieder gewinnen und unter Beweis stellen, dass sie ihren Mitgliedern mehr zu bieten hat. Gäbe es nur eine Gewerkschaft bei der Bahn oder könnten unterschiedliche Verträge angewendet werden, dann wäre der Konflikt weniger groß.“
Könnte eine formale Schlichtung ein Ausweg sein?
Die Bahn hatte die GDL erneut aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und eine formale Schlichtung ins Spiel gebracht. GDL-Chef Claus Weselsky lehnt das ab. Er verwies auf die jüngst gescheiterten Verhandlungen, bei denen zwei erfahrene Schlichter – der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther – mit am Tisch saßen. Doch die Gespräche hatten lediglich Schlichtungscharakter. Die beiden Moderatoren konnten zwar einen Einigungsvorschlag machen. Dieser war aber nicht bindend. Für eine formale
Schlichtung bedarf es hingegen einer vorherigen Schlichtungsvereinbarung zwischen beiden Tarifparteien. Diese sieht in der Regel die Möglichkeit eines verpflichtenden Schlichterspruchs vor. Bisher ist nicht erkennbar, dass die Gewerkschaft sich darauf einlässt.
Sollte die Bundesregierung einschreiten?
Angesichts des festgefahrenen Konflikts werden solche Forderungen lauter. Man könne die Situation nicht länger laufen lassen, sagte etwa CSU-Generalsekretär Martin Huber in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) müsse eingreifen. Die Bundesregierung stellte ihrerseits am Montag erneut klar, dass sie sich nicht einmischen werde. „Es gibt Tarifautonomie in Deutschland. Die gilt auch, wenn es unbequem wird“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Deutschland fahre seit mehr als sieben Jahrzehnten gut mit dieser Regelung.
Auf der Schiene dürfte es diesen Dienstag zu erheblichen Einschränkungen kommen.