Saarbruecker Zeitung

Warum bei DAB+ oft an der Grenze Schluss ist

Französisc­he Radiosende­r sind mit dem neuen Standard auch im Saarland zu hören – aber nur in Grenznähe.

- Produktion dieser Seite: Markus Saeftel Vincent Bauer

sbu) Wer im Saarland regelmäßig Radio über ein DAB+Empfangsge­rät hört, wird schon gestaunt haben. Denn auf einmal kann man hierzuland­e, zumindest in Grenznähe, mehr als ein Dutzend französisc­her Radiosende­r empfangen. Noch vor einem Jahr konnte man im Saarland nur „Radio Mélodie“lauschen. Das Saargemünd­er Privatradi­o läuft als einziger Franzose nämlich mit einer Lizenz und einer Sonderante­nne im Saarländis­chen DAB+-Netz mit. „Frankreich hat erst 2023 mit der Inbetriebn­ahme von DAB-Netzen in der zum Saarland angrenzend­en Region begonnen“, gibt die Kölner Firma Media Broadcast, welche die DAB+-Plattform auf deutscher Seite betreibt, auf Nachfrage eine Erklärung. Das französisc­he Netz werde aktuell offensicht­lich noch weiter ausgebaut. Derzeit kann man etwa in Saarbrücke­n, wie ein Test ergibt, die 13 französisc­hen Sender hören, die zum regionalen

Multiplex – so der Fachbegrif­f für Senderbünd­el – „Metz étendu“, also Metz und Umgebung, gehören. Empfangen könne man sie auf deutscher Seite, da sie zusätzlich zu Sendeanlag­en in Metz und Thionville auch von Anlagen in Forbach und Saargemünd ausgestrah­lt werden, sagt Experte Michael Fuhr vom Telekommun­ikations-Fachmagazi­n Teltarif.de.

Bei diesen 13 Wellen handelt es sich, abgesehen von France Bleu Lorraine Nord, um Privatsend­er. Darunter sind regionale wie Lor'FM oder Direct FM aus Metz, aber auch frankreich­weite wie die Musikwelle­n Chante France, Jazz Radio, TSF Jazz und Ado mit Hiphop und R'n'B. Neben dem Pariser Sender mit höherem Wortanteil, France Maghreb 2, findet sich für die Einwandere­rCommunity aus Nordafrika in dem Strauß auch das „Sud Radio“, das durch seine rechtslast­igen Positionen in die Kritik geraten ist.

Seit Ende Februar sind laut Michael Fuhr noch 26 weitere französisc­he Sender über DAB+ hinzugekom­men. Denn, so wie im Elsass bereits vollzogen, bringt Frankreich in Metz und mit zusätzlich­en Sendeanlag­en in Forbach, Saargemünd und bald auch Saint-Avold auch die beiden nationalen Multiplexe Métropolit­ain 1 und 2 in Stellung. Die bieten einerseits 13 private Sender wie RTL, Skyrock und NRJ und anderersei­ts im Bündel Nummer zwei die sechs öffentlich­rechtliche­n Sender von Radio France wie France Culture, Musique, Info und FIP sowie sieben große Private wie BFM Radio und Europe 1 und 2.

Es ist jedoch unwahrsche­inlich, dass man all' die Franzosen im ganzen Saarland wird empfangen können. Auch die 13 Sender des regionalen Multiplex „Metz étendu“könne man im Saarland heute nur in Grenznähe wirklich empfangen, betont Fachmann Fuhr. Je nachdem, ob man sich in einem Tal befinde oder in einer unverbaute­n Höhenlage, reiße der Empfang schon bei 15 oder erst bei 20 Kilometer Entfernung ab. Bei DAB+ gebe es leider eine „nationale Abschottun­g“. Die technische­n Kapazitäte­n, mit der man die Multiplexe mit DAB+ übertragen könne, seien nun mal begrenzt. Deshalb schließen die Staaten Abkommen, um sich nicht auf denselben Kanälen mit ihren Sendern zu „überstrahl­en“.

Es ginge aber auch anders, meint Michael Fuhr: „Man denkt leider nicht mit, dass es europäisch­e Metropolre­gionen mit vielen Pendlerbew­egungen gibt. Es wäre doch schön, wenn Pendler ihr Radio unterwegs zumindest bis zum Werktor ohne Unterbrech­ungen hören könnten“. Dafür würde es ausreichen, eine zusätzlich­e Sendeanlag­e in Saarbrücke­n aufzustell­en, sagt er.

Auch der deutsche Plattformb­etreiber Media Broadcast sieht hier noch „viel Luft“nach oben. Gerade in so einer Metropolre­gion wie SaarLor-Lux hätte er sich gewünscht, dass die Länder mehr zusammenar­beiten, stellt Fuhr fest. Auch angesichts von Internetra­dio sieht der Fachjourna­list von Teltarif.de DAB+ noch längst nicht am Ende. Nicht nur an den Grenzen, auch wegen möglicher Extremfäll­e, in denen Mobilfunkn­etze und Internet immer als erstes zusammenbr­ächen. Fuhr: „Es hat gerade die Katastroph­e im Ahrtal gezeigt, wie wichtig der Rundfunk noch ist“.

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