„Für uns teilweise eine Märchenstunde“
Drei Stunden lang dauerte die Sondersitzung des Kulturausschusses am Montag. Es ging um Vorwürfe gegen Kulturministerin Christine Streichert-Clivot und die Abfindung für Stiftungsvorständin Andrea Jahn. Hintergrund ist die Absage der Ausstellung von Künst
So dramatisch schnell kann es gehen: Beantragt hatte die CDU-Landtagsfraktion diese Sondersitzung des Kulturausschusses schon am vergangenen Donnerstag – am Montag aber hatte sich die Situation der sogenannten Breitz-Affäre noch einmal dramatisch verändert. Am Donnerstag hatte ein vom SR veröffentlichter Chatverlauf zwischen Künstlerin Candice Breitz und Andrea Jahn, Vorständin der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz (SSK), Gräben offen gelegt: Jahn habe die BreitzAusstellung auf Druck der Kulturministerin Christine Streichert-Clivot (SPD) abgesagt, die das Kuratorium der SSK leitet. Nach außen hin aber hatte man Einigkeit demonstriert. Am Sonntag dann wurde die Trennung zwischen Jahn und der Stiftung verkündet – Jahns Vertrag werde „einvernehmlich“aufgelöst (wir haben berichtet). Am Montagmittag wurden Jahn und Streichert-Clivot bei der Sondersitzung im Landtag befragt – drei Stunden lang, aber weitgehend erkenntnisfrei, wie Jutta Schmitt-Lang, die kulturpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, auf SZ-Nachfrage erläutert (Eine Nachfrage bei den Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion blieb unbeantwortet). „Es war frostig und surreal“, sagt Schmitt-Lang. Ihr Gesamteindruck der Sitzung: „Man hat sich bemüht, über alles zu sprechen – nur nicht über die Chatverläufe.“Und gerade die seien ja der Anlass des Ausschusses gewesen. „Es wurde ausgewichen, es gab Grundsatzdebatten.“Streichert-Clivot und Jahn hätten versucht, die Chats als rein privat darzustellen, „was natürlich Quatsch ist, weil die sonstigen Kontakte zwischen Künstlerin Breitz und Vorständin Jahn meistens auch über Mail und Whatsapp liefen“.
Überrascht sei sie gewesen, sagt Schmitt-Lang, dass die SPD-Mitglieder im Ausschuss weniger die Ministerin verteidigt hätten, sondern mehr Andrea Jahn, „indem über ihre menschliche Zerrissenheit philosophiert wurde, die zu solchen Aussagen wie in den Chats führen könnte“, was dann durchaus verständlich sei. „Die Chatprotokolle legen nahe, dass eine der beiden Frauen lügt“, sagt Schmitt-Lang. „Wie kann man dann von einer einvernehmlichen Trennung sprechen? Wie kann das sein nach allem, was dort im Raum steht, nach diesen vehementen Vorwürfen? Das ist für
uns völlig unklar.“
Die Abfindung für Andrea Jahn ist in den Augen der CDU-Politikerin „die nächste völlig irrationale Baustelle“. Bei den Vorwürfen, die im Raum stehen, sei eher die Prüfung einer Kündigung naheliegend. Bei der Begründung der Trennung gebe es einen klaren Dissens: „Jahn spricht als Grund von ihrer privaten Zukunft, die Ministerin spricht
von anderen Vorstellungen bei der Ausrichtung des Museums – und das soll zufällig zum gleichen Zeitpunkt geschehen sein, unabhängig von dem veröffentlichten Chat? Für uns war das teilweise eine Märchenstunde.“
Die Frage, wie hoch die Abfindung sein werde, „wurde bei der Sitzung nicht beantwortet, da werde noch verhandelt, hieß es“. Klar sei nur, dass Vorständin und Ministerin sich bis Ende April geeinigt haben wollen. Das Kuratorium der Stiftung müsse dazu nicht mehr befragt werden, auch nicht bei der Höhe der Abfindung, sagt Schmitt-Lang. „Es gibt wohl ein Placet an die Ministerin, das alleine zu Ende zu führen. Es sei denn, man kann sich nicht einigen – aber davon geht keine der beiden Damen aus.“
Die CDU-Fraktion hat nun die Protokolle der Kuratoriumssitzungen seit dem 1. Oktober 2023 angefordert, erklärt Schmitt-Lang. „Das muss zügig erledigt werden – wir hoffen, da etwas mehr Klarheit zu gewinnen.“Wie es dann weitergeht, werde man noch diskutieren. „Aber für uns ist klar – das war definitiv nicht das Ende der Affäre, sondern der Beginn der Aufklärung. Es sind viel zu viele Fragen offen geblieben.“
Das Kulturministerium und die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz wollten sich nach der Sitzung nicht mehr äußern – es gebe faktisch seit der Pressemitteilung des Ministeriums vom Sonntag nichts Neues. In der Mitteilung erklärt Kuratoriumsmitglied Doris Pack (CDU), wie es mit Jahns Stelle weitergeht: Das Kuratorium habe die Ministerin beauftragt, „das Ausschreibungsverfahren für die Neubesetzung vorzubereiten“. Man wolle jetzt den Blick nach vorne richten, „um die Arbeit der Stiftung und ihrer Museen – auch im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – konstruktiv und gemeinsam weiter zu gestalten“.
Die Grünen Saar fordern derweil, es müsse „lückenlos und transparent über den Vorgang informiert werden“, wie Landesvorsitzende Jeanne Dillschneider mitteilt. „Die Trennung von Andrea Jahn zeigt erneut die Überforderung der Ministerin Streichert-Clivot. Sie versucht damit, ihren Kopf zu retten und Ruhe in die Affäre zu bringen.“Die Vorgänge „unterstreichen die autoritäre und intransparente Vorgehensweise der Ministerin.“Das „Aussitzen der Affäre“funktioniere offensichtlich nicht.
„Die Chatprotokolle legen nahe, dass eine der beiden Frauen lügt.“Jutta Schmitt-Lang Kulturpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion