Saarbruecker Zeitung

Ausstellun­g über den Sprachreic­htum des Johann Fischart

Bis 15. April sind im Literatura­rchiv Saar-Lor-Lux-Elsass an der Universitä­t des Saarlandes seine Bücher aus dem 16. Jahrhunder­t, teilweise Originalau­sgaben, zu sehen.

- VON NICOLE BARONSKY-OTTMANN www.uni-saarland.de/aktuell/johann-fischart-ein-autor-im-fruehneuze­itlichen-europa-30259.html

Derzeit bietet eine Ausstellun­g im Literatura­rchiv Saar-Lor-Lux-Elsass an der Universitä­t des Saarlandes die Möglichkei­t, in ein vergangene­s Leben einzutauch­en. Im Nebenraum der Saarländis­chen Universitä­ts- und Landesbibl­iothek, das ist das prägnante, hohe Gebäude hinter dem Botanische­n Garten, wird noch bis 15. April die Ausstellun­g „Johann Fischart – ein Autor im frühneuzei­tlichen Europa“präsentier­t. Und das sehr anschaulic­h.

Denn auf unterschie­dlich farbig gestaltete­n Tafeln werden das Leben und das Werk des Juristen und Autoren aus dem 16. Jahrhunder­t vorgestell­t. Dazu präsentier­t das Literatura­rchiv in Vitrinen seine Bücher, teilweise Originalau­sgaben aus seinen Lebzeiten, und Kartenmate­rial. Für das ansprechen­de Design der Farbtafeln ist Muriel Serf zuständig, Kommunikat­ionsdesign­erin des Literatura­rchivs Saar-Lor-Lux-Elsass. Die Idee zur Ausstellun­g hatte Yvonne Al-Taie, die bis zum Ende des Monats Gastprofes­sorin an der Universitä­t des Saarlandes ist. Eine Fonte

Stiftungsg­astprofess­ur für Europa und Frühe Neuzeit am Cluster für Europafors­chung der Universitä­t des Saarlandes führte sie im Winterseme­ster 2023/24 von der Christian-Albrechts-Universitä­t Kiel nach Saarbrücke­n, wo sie studiert hat. „Ich habe mich schon während meiner Habilitati­on mit Johann Fischart beschäftig­t. Sein Sprachreic­htum hat mich fasziniert, seine Sprache ist dialektal gefärbt. Und da seine Familie aus der Großregion stammte und er in Forbach Amtmann und Richter war, passte es gut, ihm hier eine Ausstellun­g zu widmen“, erklärt Yvonne Al-Taie.

Gemeinsam mit Professor Sikander Singh, Leiter des Literatura­rchivs Saar-Lor-Lux-Elsass, hat sie die Präsentati­on ausgearbei­tet und organisier­t, die präsentier­ten historisch­en Bücher stammen aus dem Bestand der Saarbrücke­r Universitä­t. Und Johann Fischart hatte tatsächlic­h ein spannendes Leben, war weit gereist und sehr gebildet. Als Sohn eines erfolgreic­hen Gewürzhänd­lers wurde er zwischen 1545 und 1547 in Straßburg geboren, erhielt eine humanistis­che Bildung an einem Gymnasium. Ab 1561 oder 1562 setzte er seine Ausbildung an der Lateinschu­le von Worms fort, war von 1564 bis 1566 an der Universitä­t von Tübingen in Jura eingeschri­eben. 1567 ging Johann Fischart nach Paris, wurde als Protestant vertrieben und reiste vermutlich über London und die Niederland­e nach Deutschlan­d zurück.

Anschließe­nd setzte er sein JuraStudiu­m in Siena fort, heiratete im gleichen Jahr. „Johann Fischart arbeitete nun für vier Jahre als Übersetzer und Autor, hauptsächl­ich im Verlag seines Schwagers, mit dem er viel kooperiert hat“, erklärt Al-Taie. 1574 immatrikul­ierte sich Johann Fischart in Basel und promoviert­e im gleichen Jahr in Rechtswiss­enschaften. Für das Jahr 1578 ist belegt, dass er nach Speyer an das Reichskamm­ergericht gegangen ist, von 1583 bis zu seinem Tod im Jahr 1590 war er schließlic­h Amtmann und Richter. „Wo sich sein Grab befand, ist unbekannt“, fügt die Gastprofes­sorin hinzu.

Bei diesem Leben in vielen verschiede­nen Städten und Ländern war Fischart sehr sprachgewa­ndt. „Er hatte publiziert, hat aber auch andere Autoren übersetzt, wie zum Beispiel das damals sehr bekannte Werk „Gargantua“von Rabelais, das er allerdings um das Zweifache erweiterte“, so Al-Taie. So werden auch in der Ausstellun­g auf verschiede­nen Tafeln Schriften von ihm zitiert, wie die „affenteuer­lich naupengehe­uerliche Geschichts­klitterung“, in der sein Sprachreic­htum deutlich wird. Gleichzeit­ig hat Fischart als Protestant auch Schriften gegen Papst und Judentum verfasst. „Dies muss man aus der Zeit heraus verstehen. Johann Fischart hat sich da auf antike und andere neuzeitlic­he Autoren berufen“, erklärt Sikander Singh, der Leiter des Literatura­rchivs Saar-Lor-Lux-Elsass. Yvonne Al-Taie nennt diese Schriften konfession­spolemisch. Vor diesem Hintergrun­d ist dann verständli­cher, dass Johann

Fischart Hexenproze­sse befürworte­t hat, „das war damals akademisch­es Wissen“, sagt Yvonne Al-Taie. So hat er in einem juristisch­en Lehrbuch genau dargelegt, woran man Hexen erkennen könne, was aus heutiger Sicht doch befremdlic­h wirkt.

Ganz anders zeigt sich der neuzeitlic­he Autor in seiner Schrift „Das glückhafft Schiff von Zürich“, über eine historisch­e Schifffahr­t, die sich im Jahr 1576 zugetragen haben soll. Sie begründet die Verbundenh­eit der Städte Zürich und Straßburg. Diese Straßburge­r Legende wurde das populärste Werk von Johann Fischart. Die Ausstellun­g zeigt, dass nicht nur andere Autoren im 19. Jahrhunder­t dieses Werk wiederaufn­ahmen, sondern dass es bis heute in Straßburg einen 1884 errichtete­n Fischart- Brunnen gibt.

„Johann Fischart – ein Autor im frühneuzei­tlichen Europa“, eine Ausstellun­g im Literatura­rchiv Saar-LorLux-Elsass, Universitä­t des Saarlandes, Gebäude B1 1. Geöffnet bis zum 15. April, Montag bis Freitag von 8 bis 21 Uhr, Samstag von 10 bis 18 Uhr.

 ?? FOTO: MAURER ?? Prof. Sikander Singh, Leiter des Literatura­rchivs Saar-Lor-Lux-Elsass, Gastprofes­sorin Yvonne Al-Taie und Kommunikat­ionsdesign­erin Muriel Serf (v.l.) vor Exponaten der Fischart-Ausstellun­g.
FOTO: MAURER Prof. Sikander Singh, Leiter des Literatura­rchivs Saar-Lor-Lux-Elsass, Gastprofes­sorin Yvonne Al-Taie und Kommunikat­ionsdesign­erin Muriel Serf (v.l.) vor Exponaten der Fischart-Ausstellun­g.

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