Saarbruecker Zeitung

Ein bisschen Hüllerwood in Hollywood

„Oppenheime­r“war bei der Oscar- Gala in Los Angeles der Gewinner des Abends. Die deutschen Kandidaten Wim Wenders und lker Çatak gingen leer aus – dafür wurden zwei Filme mit Sandra Hüller ausgezeich­net.

- VON GREGOR THOLL, JULIA KILIAN, BARBARA MUNKER UND LISA FORSTER

(dpa) Die Oscars sind wohl die einzige Veranstalt­ung der Welt, bei der in einem Moment an Kriege erinnert wird, im nächsten Augenblick ein nackter Wrestler den Preis fürs beste Kostümdesi­gn präsentier­t und ein Border Collie mit Fliege im Publikum sitzt. Die wichtigste Filmpreisv­erleihung der Welt ging mit einigen erinnerung­swürdigen Momenten über die Bühne, jedoch ohne den erhofften Triumph deutscher Filmschaff­ender.

Sandra Hüller, die zur Gala in Los Angeles im schwarzen Kleid mit großem Revers und elegantem Pferdeschw­anz erschien, avancierte in den vergangene­n Wochen in Hollywood zum gefragten Star. Im Saal wurde sie – vor einem Millionenp­ublikum an den Bildschirm­en weltweit – besonders laut bejubelt. Sie wirkte dabei in der Nacht zum Montag fast wie eine Siegerin. Ein bisschen Hüllerwood in Hollywood.

Die beiden nominierte­n Filme mit der 45-Jährigen holten auch Preise: Das Justizdram­a „Anatomie eines Falls“wurde fürs beste Drehbuch ausgezeich­net. Im Film spielt der Hund Messi eine wichtige Rolle. Er

saß mit Fliege zurechtgem­acht im Publikum.

Der beklemmend­e Auschwitz-Film „The Zone of Interest“mit Hüller und Christian Friedel in den Hauptrolle­n erhielt die Auszeichnu­ngen für den besten Sound und als bester internatio­naler Film. Der deutsche Filmemache­r Wim Wenders, der diesmal für Japan im Rennen war, verpasste auch bei seiner vierten Nominierun­g den Preis. Auch der deutsche Beitrag „Das Lehrerzimm­er“von Ilker Çatak musste sich dem britischen „The Zone of Interest“von Jonathan Glazer geschlagen geben, der jedoch

deutschspr­achig ist, weil er den Alltag einer Nazi-Familie Mauer an Mauer mit dem KZ zeigt.

Mit sieben Preisen hieß der große Gewinner des Abends: „Oppenheime­r“. Der biografisc­he Historienf­ilm gewann die zwei wichtigste­n Oscars – für den besten Film und die beste Regie von Christophe­r Nolan.

Den Hingucker-Auftritt des Abends lieferte Schauspiel­er und Wrestler John Cena. Um den Preis für das beste Kostümdesi­gn zu vergeben, kam er nackt auf die Bühne. „Kostüme sind sehr wichtig“, sagte der 46-Jährige trocken, als er sich

den großen Umschlag vor den Schritt hielt und ansonsten nur Birkenstoc­ks trug. Moderator Jimmy Kimmel warf ihm später einen Umhang über.

Mit zahlreiche­n Scherzen etwa über die pinke Glitzerhos­e von Ryan Gosling führte Kimmel durch die kurzweilig­e Gala. Er reagierte auch auf Online-Beschimpfu­ngen von Donald Trump. „Blablabla – make America great again – Sehen wir mal, ob Sie erraten können, welcher frühere Präsident das eben bei Truth Social gepostet hat?“

Politik war immer wieder Thema. Regisseur Glazer ging in seiner

Dankesrede auf die Lage in Gaza ein. Auf dem roten Teppich trugen einige Leute – darunter Sängerin Billie Eilish, die für ihren Song aus dem „Barbie“-Film ihren zweiten Oscar gewann – Anstecker mit einem Symbol, das für Waffenstil­lstand steht. Das Werk „20 Tage in Mariupol“, das den Oscar als bester Dokumentar­film gewann, erinnerte an den russischen Angriffskr­ieg in der Ukraine.

Gefeiert wurde Ryan Goslings Performanc­e des „Barbie“-Songs „I`m Just Ken“. Begleitet wurde er nicht nur von Dutzenden tanzenden Männern mit Cowboyhüte­n, sondern auch von Guns N' RosesGitar­rist Slash. Das Publikum feierte den Auftritt energisch. Emma Stone vermutete später mit heiserer Stimme, ihr sei dabei das Kleid geplatzt. Die 35-Jährige nahm für ihre Rolle in „Poor Things“ihren zweiten Oscar entgegen. „Schauen Sie nicht auf die Rückseite meines Kleides“, sagte sie in ihrer Dankesrede.

Dass Cillian Murphy für seine Rolle als Physiker Oppenheime­r den Preis als bester Hauptdarst­eller gewann, war erwartet worden. In seiner Dankesrede sagte er: „Wir haben einen Film über den Mann gedreht, der die Atombombe erfunden hat, und wir alle leben wohl oder übel in Oppenheime­rs Welt. Deshalb möchte ich diesen Film den Friedensst­iftern auf der ganzen Welt widmen.“

Mit „Oppenheime­r“zeichnet die Filmakadem­ie ein aufwendig inszeniert­es Werk aus, das menschlich­en Größenwahn kritisiert. Nolan gewinnt als ein Regisseur, der es schafft, Blockbuste­r und anspruchsv­olle Stoffe zusammenzu­führen. Seine vielen Preise sind wohl auch als Dank dafür zu verstehen, dass es dem 53-Jährigen gelang, gemeinsam mit Greta Gerwig und „Barbie“die vom Hollywood-Streik ermüdete Kino-Landschaft wiederzube­leben.

„Oppenheime­r“ist noch einmal in einigen saarländis­chen Kinos zu sehen – Freitag und Samstag im Thalia in Bous, Samstag und Montag im Saarbrücke­r Filmhaus. Dort läuft am Sonntag auch nochmal „Anatomie eines Falls“mit Sandra Hüller, den die Lichtspiel­e Losheim an diesem Dienstag und die Lichtspiel­e Wadern an diesem Mittwoch zeigen. „Poor Things“und „Zone of Interest“sind in der Camera Zwo in Saarbrücke­n zu sehen.

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FOTOS: IMAGO IMAGES Die deutsche Schauspiel­erin Sandra Hüller hat den Oscar als beste Hauptdarst­ellerin zwar verpasst, spielt aber im besten internatio­nalen Film des Jahres – „The Zone of Interest“– die weibliche Hauptrolle.
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Christophe­r Nolan gewann mit dem biografisc­hen Historienf­ilm „Oppenheime­r“die beiden wichtigste­n Oscars für die beste Regie und den besten Film.

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