Ein syrischer Flüchtling ist der neue Star der VHS
Mit nur 18 Jahren flüchtet Alaa Alyoy allein aus Syrien. Schließlich kommt er ins Saarland, wo er an der VHS Deutsch lernt.
Alaa Alyoy strahlt. Nicht nur auf dem aktuellen Cover der Semester-Broschüre der Volkshochschule in Saarbrücken, sondern auch beim persönlichen Treffen. Er ist ein herzlicher Mensch, sehr offen und direkt zugänglich. Dass er nun die Vorderseite des VHS-Programmbuchs ziert, hat ihn überrascht: „Plötzlich habe ich mein Bild überall gesehen“, sagt der 28-Jährige und lacht. Die Fotoaufnahmen dazu waren bereits vor einem Jahr. Und er hatte sie nicht mehr so ganz auf dem Schirm. Die Verwaltung der VHS sei dafür damals auf ihn zugekommen, da er, ein gebürtiger Syrer, an der Volkshochschule Deutsch lernte.
Der VHS und ihrem Integrationskurs wiederum habe er selbst viel zu verdanken. „Die Sprache war Basis für meine Ausbildungsstelle und für die Liebe meines Lebens“, erzählt er lächelnd und ergänzt: „Das ist der richtige Weg für jeden.“
Noch vor zehn Jahren hat sein Leben ganz anders ausgesehen. Er lebte mit seiner Familie in Syrien. Und als er 18 Jahre alt wurde, hätte er in den Krieg ziehen müssen. Doch das wollten weder er noch seine Familie. Ihm blieb also nur die Flucht. Ganz allein. Zuerst ging es für ihn in die Türkei, wo er nur für „Essen, Trinken und Unterkunft“im Textilbereich arbeitete. Zwölf bis 15 Stunden täglich, an sechs Tagen die Woche. Zwei Jahre später sagt er zu sich: „Ich sehe keine Zukunft mehr, hier werde ich nichts erreichen.“
Alaa Alyoy beschloss, sich nach Deutschland durchzuschlagen. Auf einem Flüchtlingsboot mit vielen anderen Menschen gelangte er zunächst auf eine griechische Insel. „Mit sicher hat das nichts zu tun“, resümiert er die Überfahrt. „Das sucht man sich nicht freiwillig aus. Doch in die Heimat konnte ich nicht zurück und auch nicht in die Türkei wegen der schlechten Bedingungen.“Für ihn war klar: Entweder sterben oder ein anderes Leben führen. Über Mazedonien und Serbien sei er nach Österreich gekommen, auf verschiedenen Wegen. „Man nimmt jede Möglichkeit an“, sagt er. Lange sei er etwa auch zu Fuß unterwegs gewesen.
Im Januar 2016 sei er ins Saarland, ins Flüchtlingslager in Lebach gekommen. „Es war eine unangenehme Situation für mich.“Schließlich kannte er niemanden, und bis zur Aufenthaltserlaubnis habe es etwa fünf bis sechs Monate gedauert. Erst damit konnte er an der Volkshochschule am für ihn so wichtigen Integrationskurs teilnehmen.
Voller Dank und warmherzig berichtet er von seiner Zeit dort: „Alles hat hier in der VHS angefangen.“Nur deswegen stehe er nun da im Leben, wo er heute steht. „Ich schulde der Schule viel, weil sie mir hier den Weg gezeigt hat.“Er erinnert sich an alle Lehrerinnen und Lehrer. Die hätten nicht nur ihre normale Arbeit gemacht, also die Kurse geleitet, sondern ihn auch für seinen weiteren Lebensweg in Deutschland beraten, ihm etwa geholfen, eine Ausbildungsstelle zu finden.
Es sei für ihn nicht einfach gewesen, die neue Sprache zu lernen. „Die deutsche Sprache ist komplett anders als die arabische.“Im Arabischen etwa gebe es nicht Buchstaben wie im Deutschen, auch würden die Menschen von rechts nach links schreiben und lesen.
Doch Deutsch lernen sei für seinen weiteren Lebensweg sehr wichtig gewesen, wie er immer wieder betont. So konnte er eine Ausbildung als Rettungssanitäter machen und im Impfzentrum in Saarbrücken arbeiten. Zurzeit macht er eine Ausbildung als Hygienekontrolleur. Er rät daher Menschen, die nach Deutschland kommen, unbedingt die Sprache zu erlernen.
„Ich weiß, es ist schwierig. Es ist eine komplett neue und unangenehme Situation. Die Sprache ist nicht einfach, aber es gibt keine andere
Möglichkeit.“Darauf angesprochen, ob er sich denn als Vorbild für andere Flüchtlinge sehe, lehnt Alaa Alyoy bescheiden ab: „Wenn ich das geschafft habe, kann es jeder Flüchtling schaffen. Ich bin ein normaler Mensch, ich habe nichts Besonderes gemacht.“
Seine Heimat habe er nun im Saarland gefunden, hier fühlt er sich wohl. Auch wegen der Menschen. „Ich bin schnell von Saarländerinnen und Saarländern akzeptiert worden.“Integration sei für ihn zwar sehr wichtig, doch auch seine Wurzeln möchte er behalten. „Ich will beide Kulturen leben“, erklärt er.
Seine Familie in Syrien hat er seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Sie fehlt ihm. Er selbst hat inzwischen eine Familie gegründet, sein Sohn kam im vergangenen Jahr zur Welt, wie er gerührt und stolz erzählt. Auch bei der Geschichte um den knall orangefarbenen Pullover, den er auf dem Cover der VHS-Broschüre trägt, gerät er ins Schwärmen. Sein Lieblingspulli, denn: „Meine Frau hat ihn ausgesucht.“