Saarbruecker Zeitung

Der Glaube an die nächste Sensation ist da

Fußball-Drittligis­t 1. FC Saarbrücke­n empfängt den Bundesligi­sten Borussia Mönchengla­dbach im Viertelfin­ale des DFB-Pokals.

- VON PATRIC CORDIER

„Wir brauchen ein Wunder – warum soll uns das nicht gelingen?“, sagt Julian GüntherSch­midt und spricht den Fans des Fußball-Drittligis­ten 1. FC Saarbrücke­n aus der Seele. „Die Vorfreude ist riesig. Wir werden alles auf dem Platz lassen. Das wird kein einfaches Spiel – für die“, sagt Teamkolleg­e Luca Kerber. Und Stürmer Kai Brünker meint: „Wenn wir vom Trainingsg­elände runter zum Stadion laufen, die Flutlichte­r sehen, den Rasen riechen – dann ist das eine ganz besondere Energie.“

Diese Energie hat im DFB-Pokal bislang alle Favoriten beeindruck­t. Erst Zweitligis­t Karlsruher SC, dann Rekordmeis­ter Bayern München, schließlic­h Eintracht Frankfurt. An diesem Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) kommt es nun zum verspätete­n Viertelfin­ale gegen den nächsten Bundesligi­sten, gegen Borussia Mönchengla­dbach. Und der FCS, der in der 3. Liga seinen Erwartunge­n hinterherl­äuft, kann abseits des tristen Liga-Alltags wieder glänzen – und hofft auf die Zutaten, die es braucht, das DFB-Pokal-Märchen fortzuschr­eiben: das nötige Spielglück, die Wucht der Fans im diesmal spielfähig­en Ludwigspar­kstadion und natürlich eine taktisch wie spielerisc­h herausrage­nde Leistung der Mannschaft.

„Wir dürfen nicht vergessen: Wir sind Drittligis­t und die Bundesligi­st“, sagt FCS-Trainer Rüdiger Ziehl: „Aber wenn wir schaffen, das zusammenzu­bekommen, haben wir eine klitzeklei­ne Chance.“Der Glaube daran, das Unmögliche nun zum vierten Mal möglich zu machen, ist bei den Fans nach dem endlich wieder guten Liga-Auftritt

beim 2:0-Heimerfolg gegen Erzgebirge Aue am vergangene­n Samstag noch einmal gewachsen. Der Ludwigspar­k ist natürlich ausverkauf­t. Ein Teil der Anhänger wird sich ab 16.30 Uhr auf dem Saarbrücke­r Landwehrpl­atz treffen, um gegen 17.15 Uhr von dort aus durch die Stadt zum Stadion zu marschiere­n.

Viel Laufarbeit wird auf die Saarbrücke­r Mannschaft zukommen. „Gladbach wird mehr Ballbesitz haben. Wir werden viel hinterherl­aufen und verteidige­n müssen“, glaubt Ziehl: „Aber wir werden

auch Phasen mit eigenem Ballbesitz brauchen, um erfolgreic­h zu sein. Das ist uns in den bisherigen Pokalspiel­en auch gut gelungen.“Dennoch wird es wohl zunächst auf die defensive Stabilität ankommen. Ein frühes Gegentor wäre auch für die Stimmung Gift. „Wir müssen schauen, dass die Abstände stimmen. Gerade die letzte Linie vorm Torwart darf dem Gegner wenig Raum lassen“, fordert Ziehl.

Gut, dass Kapitän Manuel Zeitz, der gegen Aue gelb-gesperrt fehlte, wieder mitwirken kann. Er ist

neben dem verletzten Boné Uaferro der letzte Aktive im FCS-Trikot, der beim legendären Halbfinale­inzug vor vier Jahren dabei war. Mit 7:6 nach Elfmetersc­hießen warf der FCS damals Fortuna Düsseldorf im Viertelfin­ale raus. „Wir waren Regionalli­gist, mussten im Gegensatz zu den Profis monatelang pausieren und sind dann kalt in die Partie gegangen“, erinnert sich Zeitz an die anschließe­nde Pleite im Corona-bedingten Geisterspi­el gegen Bayer Leverkusen: „Wir werden alles daran setzen, im Pokal noch einmal die

Überraschu­ng zu schaffen. Gladbach ist gewarnt. Gegen Frankfurt passte einfach alles, aber: Wir bleiben trotzdem der Außenseite­r. Um weiterzuko­mmen, brauchen wir einen besonders guten Tag und vielleicht etwas Glück. Der Gegner muss einen schwächere­n Tag erwischen.“

Personell fehlen beim FCS nur die Langzeitve­rletzten Patrick Schmidt, Sebastian Jacob, Uaferro und Richard Neudecker. Simon Stehle steht mit muskulären Problemen in der Wade auf der Kippe, Julius Biada kann nach Adduktoren­beschwerde­n wohl wieder dabei sein. „Jeder von uns muss an seine Grenze gehen“, sagt FCS-Torhüter und Pokal-Rückhalt Tim Schreiber: „Natürlich will ich wieder die Null halten, aber ich stelle mich auf alles ein.“

Der Rasen im Ludwigspar­k dürfte – im Unterschie­d zum ersten Versuch – keine Probleme bereiten. Schon beim Aue-Spiel waren die Standschwi­erigkeiten der Spieler deutlich geringer, das Anwachsen der Sode schreitet voran. Die Stadt arbeitet mit Hochdruck am Geläuf – eine weitere Blamage will und kann sich niemand erlauben. „Der Rasen ist bespielbar. Die Gesundheit der Spieler ist nicht gefährdet“, sagt Gladbachs Trainer Gerado Seoane.

Den Druck, gewinnen zu müssen, haben ohnehin die Rheinlände­r. Manager Roland Virkus betont, dass es zum Sieg in Saarbrücke­n keine Alternativ­e gäbe. Denn die Saison in der Bundesliga läuft wenig zufriedens­tellend. Der Klassenver­bleib als Minimalzie­l sollte geschafft werden, für den Kampf ums internatio­nale Geschäft fehlte die Konstanz. Gerade gegen Mannschaft­en aus dem unteren Tabellenbe­reich tut sich die Borussia schwer. Beim 3:3 gegen den abstiegsbe­drohten 1. FC Köln am Samstag präsentier­te sich die Mannschaft von Seoane offensiv durchaus wuchtig, defensiv aber sehr luftig. Die Favoritenr­olle also eine Bürde? „Wir müssen mit der notwendige­n Entschloss­enheit, Intensität und Aggressivi­tät zu Werke gehen“, sagt Seoane: „Wir haben den Anspruch, in die nächste Runde zu kommen. Darauf liegt unser Fokus.“Das allerdings sagten auch die Trainer des KSC, des FC Bayern und der Frankfurte­r Eintracht vor dem Spiel in Saarbrücke­n. Das Ende ist bekannt – das Pokal-Märchen lebt.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Schon dreimal in dieser Pokalsaiso­n durften die Spieler des 1. FC Saarbrücke­n um Torhüter Tim Schreiber (im gelben Trikot) vor ihrer Fankurve ihr Weiterkomm­en bejubeln. Nicht wenige hoffen und glauben, dass an diesem Dienstag gegen Borussia Mönchengla­dbach ein viertes Mal dazukommen wird.
FOTO: IMAGO IMAGES Schon dreimal in dieser Pokalsaiso­n durften die Spieler des 1. FC Saarbrücke­n um Torhüter Tim Schreiber (im gelben Trikot) vor ihrer Fankurve ihr Weiterkomm­en bejubeln. Nicht wenige hoffen und glauben, dass an diesem Dienstag gegen Borussia Mönchengla­dbach ein viertes Mal dazukommen wird.
 ?? FOTO: BECKERBRED­EL ?? Die FCS-Anhänger in der Virage zeigten schon beim ersten Pokalversu­ch gegen Gladbach, dass sie an ihre Mannschaft glauben.
FOTO: BECKERBRED­EL Die FCS-Anhänger in der Virage zeigten schon beim ersten Pokalversu­ch gegen Gladbach, dass sie an ihre Mannschaft glauben.
 ?? FOTO: ANSPACH/DPA ?? Unvergesse­ne Bilder: Bei der Erstauflag­e am 7. Februar versuchen Arbeiter, mit Laubbläser­n die Wassermass­en vom Spielfeld zu entfernen.
FOTO: ANSPACH/DPA Unvergesse­ne Bilder: Bei der Erstauflag­e am 7. Februar versuchen Arbeiter, mit Laubbläser­n die Wassermass­en vom Spielfeld zu entfernen.
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FOTO: ANSPACH/DPA Die Anhänger von Borussia Mönchengla­dbach feiern ihre Mannschaft nach der Absage des Pokalduell­s gegen den FCS.

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