Wehrbeauftragte Högl sieht massive Defizite in der Bundeswehr
Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, hat trotz gewisser Fortschritte eine kritische Bilanz des Zustandes der Bundeswehr gezogen. „Die Bundeswehr hat immer noch von Allem zu wenig“, sagte Högl am Dienstag in Berlin mit Blick auf fehlendes Material bei der Vorstellung ihres Jahresberichts 2023. Und für das Personal gelte: „Die Bundeswehr altert und schrumpft.“Der
Bericht zeichnet auf rund 170 Seiten ein kritisches Bild von der Truppe. Högl hatte bei der Vorstellung an einigen Stellen jedoch auch Lob für die Ansätze der Bundesregierung übrig – und leistete der Debatte um eine neue Form der Wehrpflicht Vorschub. Hier die wichtigsten Inhalte des Berichts im Überblick.
Personal: Beim Personal habe sich die Lage im vergangenen Jahr sogar noch verschlechtert, sagte Högl. Ende 2023 gab es ihrem Bericht zufolge 181 514 Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr – 1537 weniger als 2022. Es gebe weniger neue Bewerbungen und die Abbrecherquote bei den Rekrutinnen und Rekruten bleibe hoch. Es seien mehr als 20 000 Stellen unbesetzt, mehr als 17 Prozent. Zu gering sei die Frauenquote mit etwa 15 Prozent. Keine Verbesserungen gebe es bei der Zahl von Frauen in Führungspositionen. „Das muss besser werden“, sagte Högl.
Maßnahmen gegen Personalmangel:
Hoffnungen setzt Högl in die Umsetzung der Vorschläge der für den Personalbereich eingesetzten Task Force des Verteidigungsministeriums, um die Attraktivität der Truppe für junge Menschen zu steigern. Die SPDPolitikerin warb aber auch erneut für eine offene Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht – wenn auch mit „modernen Konzepten“.
Ausrüstung: „Es braucht bestens aufgestellte Streitkräfte für glaubhafte Abschreckung und wirksame Verteidigung“, mahnte Högl. Es gebe jedoch weiterhin „einen großen Handlungsbedarf“, um eine vollständige Einsatzbereitschaft zu erreichen. So fehle es „an Munition,
Ersatzteilen, Funkgeräten, Panzern, Schiffen und Flugzeugen.“Zwar kämen die Bestellungen auch mit Hilfe des Bundeswehr-Sondervermögens langsam bei der Truppe an, doch „substanzielle Verbesserungen lassen weiter auf sich warten“. Die Bundeswehr könne nach Einschätzung des Verteidigungsministeriums ihre Bündnisverpflichtungen in der Nato erfüllen, müsse aber „weiterhin schwerwiegende Einschränkungen hinnehmen“.
Bürokratie und Beschaffung:
Högl beklagt überbürokratisierte Prozesse und Strukturen in der Bundeswehr. Sie schreibt, es seien aber im vergangenen Jahr „in vielen Bereichen wichtige Weichen“gestellt worden, ohne dass die Bundeswehr am Ziel sei.
Meldungen aus der Truppe: Besorgt zeigte sich Högl über einen Anstieg von sexuellen Übergriffen. Hier gab es laut Bericht eine Zunahme auf 385 meldepflichtige Ereignisse, von einer hohen Dunkelziffer werde ausgegangen. Von den insgesamt 944 meldepflichtigen Ereignissen betrafen zudem 204 den Bereich Rechtsextremismus.