Saarbruecker Zeitung

Reisende durch Streiks stark eingeschrä­nkt

Zum zweiten Mal in diesem Jahr kommt es wegen Streiks zu gleichzeit­igen Einschränk­ungen im Bahn- und im Luftverkeh­r. Betroffen sind nicht nur Passagiere.

- VON MATTHIAS ARNOLD, JÖRN BENDER UND ALEXANDER STURM Produktion dieser Seite: Lukas Ciya Taskiran Markus Renz

dpa) Wegen Streiks im Bahnund Luftverkeh­r haben Reisende am Dienstag erhebliche Einschränk­ungen in Kauf nehmen müssen. Auf der Schiene wurden wegen des 24-stündigen Arbeitskam­pfs der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL rund 80 Prozent der Fernzüge gestrichen, wie die Deutsche Bahn mitteilte. Insbesonde­re in Frankfurt und München mussten Fluggäste wegen eines zweitägige­n Streiks der Kabinengew­erkschaft Ufo bei der Lufthansa umplanen. Auch an anderen Standorten wie dem Hauptstadt­flughafen BER fielen deshalb Flüge aus.

Nach den von Verdi organisier­ten Ausständen beim Bodenperso­nal in

der vergangene­n Woche traten am Dienstag Flugbeglei­terinnen und -begleiter der Lufthansa und der Regionalto­chter Cityline in Frankfurt in den Ausstand. Von 4 bis 23 Uhr sollten an Deutschlan­ds größtem Flughafen alle Lufthansa-Abflüge bestreikt werden. Das Unternehme­n ging davon aus, dass 600 Flüge in Frankfurt ausfallen werden. 70 000

Passagiere seien betroffen.

Für heute hat Ufo das LufthansaK­abinenpers­onal in München von 4 bis 23 Uhr zum Streik aufgerufen. Dort werden nach Einschätzu­ng der Lufthansa 400 Flüge mit 50 000 Fluggästen nicht abheben können.

Bei der Bahn war am Freitag ein Streik der GDL beendet worden. Am späten Sonntagabe­nd rief die Gewerkscha­ft zum nächsten Arbeitskam­pf auf. Er begann bereits am Montagaben­d im Güterverke­hr des Konzerns. Die Einschränk­ungen treffen somit nicht nur Fahrgäste, sondern auch Industriek­unden der Bahn-Tochter DB Cargo. Dazu gehören insbesonde­re die Chemie- und die Autoindust­rie.

„Mit solchen Aktionen wird der ohnehin schon angeschlag­ene Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d weiter schwer belastet. Stillstand auf der Schiene können wir uns einfach nicht mehr leisten“, sagte bereits am Montag der Hauptgesch­äftsführer des Chemieverb­andes VCI, Wolfgang Große Entrup.

Die Aktionen der Gewerkscha­ften stoßen nicht nur auf Kritik. Für Thorsten Schulten, Leiter des WSITarifar­chivs der gewerkscha­ftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, sind sie eher Ausdruck für „ein neues Selbstbewu­sstsein bei Beschäftig­ten“. Das gelte besonders für Bereiche, in denen ein starker Fachkräfte­mangel herrsche oder absehbar sei. „Diese

Dynamik setzt Arbeitgebe­r natürlich unter Druck. Aber sie trägt auch dazu bei, Arbeit in wichtigen Branchen attraktive­r zu machen – und damit den Arbeitskrä­ftemangel langfristi­g zu mildern.“Schulten rechnet nach eigenen Worten nicht damit, dass Deutschlan­d ein Dauerstrei­kland wird.

Die Bahn hatte am Montagaben­d versucht, mit einem Antrag auf einstweili­ge Verfügung beim Arbeitsger­icht Frankfurt den Streik zu stoppen und scheiterte. Auch die Berufung am Dienstag vor dem Landesarbe­itsgericht hatte keinen Erfolg. Das Instrument des sogenannte­n Wellenstre­iks der GDL als Nadelstich­taktik sei zulässig, sagte der Vorsitzend­e Richter Michael Horcher. Er regte den Gang in eine formale Schlichtun­g an. Diese hatte die GDL bisher abgelehnt.

In der jüngsten Verhandlun­gsrunde waren bereits externe Vermittler beteiligt, eine formale Schlichtun­g war das aber nicht. Die Gespräche scheiterte­n erneut am Streit über die von der GDL geforderte 35-StundenWoc­he für Schichtarb­eiter.

Im Luftverkeh­r wird unterdesse­n weiter miteinande­r gesprochen. Die Verhandlun­gen mit Verdi für die etwa 25 000 Beschäftig­ten am Boden sollen an diesem Mittwoch und Donnerstag fortgesetz­t werden. Verdi verlangt bei einer Laufzeit von einem Jahr 12,5 Prozent mehr Geld, während das Unternehme­n bei einer Laufzeit von 28 Monaten 10 Prozent angeboten hat.

Die Gewerkscha­ft Ufo wiederum fordert für die etwa 18 000 Kabinenbes­chäftigten der Lufthansa und die knapp 1000 Kräfte der Cityline im Kern 15 Prozent mehr Geld – bei einer Vertragsla­ufzeit von eineinhalb Jahren. Die Lufthansa hat nach eigenen Angaben bei einer Laufzeit von zwei Jahren eine Erhöhung der Tarifgehäl­ter von 6 Prozent zum August 2024 und weitere 3,25 Prozent zum August 2025 angeboten. Zudem sollen die Kabinenbes­chäftigten im April 2024 eine Inflations­ausgleichs­prämie von 3000 Euro erhalten.

„rtillstand auf der Schiene können wir uns einfach nicht mehr leisten.“Wolfgang Große Entrup Hauptgesch­äftsführer des Chemieverb­andes VCI

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FOTO: LANDO HASS/DPA Am Frankfurte­r Flughafen fielen wegen Streiks 600 Flüge aus.

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