Saarbruecker Zeitung

Sind Überstunde­n aus Luxemburg in Deutschlan­d zu versteuern?

- VON SABINE SCHWADORF

einigen Tagen herrscht in den sozialen Medien eine Diskussion und gleichzeit­ig Verwirrung bei Grenzgänge­rinnen und Grenzgänge­rn darüber, ob in Luxemburg ausbezahlt­e Überstunde­n in Deutschlan­d zu versteuern sind.

Tatsächlic­h besagt die neue Verständig­ungsverein­barung zwischen Deutschlan­d und Luxemburg, dass

Überstunde­n und Überstunde­nzuschläge besteuert werden dürfen. Diese basiert auf dem neuen Doppelbest­euerungsab­kommen (DBA) der beiden Staaten, das im vergangene­n Sommer abgeschlos­sen wurde. Beides, DBA und Verständig­ungsverein­barung, gilt seit diesem Jahr.

Die vor allem Beschäftig­te der Finanzbran­che vertretend­e Gewerkscha­ft Aleba formuliert das so: „Sofern Luxemburg Einkünfte besteuern darf, aber tatsächlic­h nicht besteuert, darf Deutschlan­d diese Einkünfte besteuern. Dieses Konzept nennt sich steuerrech­tlich ,weiße Einkünfte`.“Dazu gehören laut der Gewerkscha­ft entspreche­nd Überstunde­n, die nach derzeitige­r Rechtslage gar nicht besteuert würden. Nicht betroffen sind davon von Luxemburg gewährte Freibeträg­e, Werbungsko­sten oder Verlustvor­träge.

Und so beinhaltet die neue Verständig­ungsverein­barung tatsächlic­h – unten auf Seite 13 stehend – den lapidaren Satz: „Als tatsächlic­h nicht besteuert gelten die Löhne, die für Überstunde­n gezahlt werden, die in Luxemburg vollständi­g einkommens­teuerfrei sind.“Weiter unten: Gleiches gelte für ebenfalls nicht einkommens­teuerrecht­liche Einkünfte wie etwa ein Lotteriege­winn.

Ein „Schildbürg­erstreich“, wie der deutsch-luxemburgi­sche Steuerrech­tsexperte Stephan Wonnebauer meint? „Das kann die Luxemburge­r Regierung nicht wirklich gewollt haben, dass die durch Überstunde­n gesteigert­e Luxemburge­r Wirtschaft­skraft in Deutschlan­d besteuert werden soll“, gibt er in seinem jüngsten Newsletter zu bedenken.

Abzuwarten bleibt damit, wie die deutschen Finanzämte­r diesen Passus der Verständig­ungsverein­barung lesen und bewerten werden. Laut Wonnebauer wäre es „nicht die erste, unsinnige Vereinbaru­ng zwischen den beiden Staaten, die eventuell später vom Bundesfina­nzhof wieder kassiert wird“.

Denn eine Verständig­ungsverein­barung ist im Gegensatz zum DBA zwischen Deutschlan­d und Luxemburg kein Gesetz, sondern ein Verwaltung­svertrag, der anfechtbar ist. Bereits bei der letzten Verständig­ungsverein­barung hatte der Bundesfina­nzhof Teile als unwirksam angesehen.

Wonnebauer ist folglich amüsiert: „Wir freuen uns schon auf den ersten Musterproz­ess.“

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