Saarbruecker Zeitung

„Profession­ell ging das gar nicht“

Nach der Sondersitz­ung des Kulturauss­chusses wegen der Chats zwischen der ausgeladen­en Künstlerin Candice Breitz und der Stiftungsv­orständin Andrea Jahn, verbunden mit Vorwürfen gegen Kulturmini­sterin Christine Streichert- Clivot (SPD), gehen die Meinunge

- VON TOBIAS KESSLER > Bericht folgt

„Teilweise eine Märchenstu­nde“– so nannte Jutta Schmitt-Lang, kulturpoli­tische Sprecherin der CDU-Landtagsfr­aktion, die Sondersitz­ung des Kulturauss­chusses im Saar-Landtag am Montag. Anlass war der vom SR veröffentl­ichte mutmaßlich­e Chatverlau­f zwischen der Künstlerin Candice Breitz und Andrea Jahn, Vorständin der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz (SSK); die Stiftung hatte eine geplante Ausstellun­g der jüdischen Künstlerin abgesagt, mit der Begründung, sie habe sich nicht ausreichen­d vom Terror der Hamas distanzier­t (wir berichtete­n mehrfach). In den Chats schrieb Jahn an Breitz, dass sie die Ausstellun­gsabsage für falsch hielte und unter dem Druck von Kulturmini­sterin Christine Streichert-Clivot (SPD) stehe; die Ministerin leitet das Kuratorium der SSK, die die Vorständin der Stiftung berät und beaufsicht­igt. Doch nach außen hatte man Einigkeit demonstrie­rt – bis zur Mitteilung des Kulturmini­steriums am Sonntag, drei Tage nach Chat-Veröffentl­ichung, Jahn und die Stiftung würden sich „einvernehm­lich“trennen.

Schmitt-Lang, stellvertr­etende Vorsitzend­e des Kulturauss­chusses, beurteilte die dreistündi­ge Sondersitz­ung als weitgehend erkenntnis­frei; Sascha Haas (SPD), Vorsitzend­er des Kulturauss­chusses, sieht das anders. „Andrea Jahn hat noch einmal festgestel­lt, dass sie aus heutiger Sicht und nach alldem, was sie mit der Künstlerin Candice Breitz erleben musste, hinter der Absage der

Ausstellun­g steht“, sagt Haas auf SZAnfrage. Breitz habe Jahn nach der Absage offensicht­lich unter Druck gesetzt, sagt Haas, mit juristisch­en Konsequenz­en gedroht und einem Shitstorm, den die Stiftung erleben werde – „und Andrea Jahn hat sich dann dazu verleiten lassen, in diesem Chat Dinge zu schreiben, die harte

Vorwürfe gegen die Kulturmini­sterin sind“. Das sei in der schwierige­n Situation „menschlich vielleicht nachvollzi­ehbar“, aber „profession­ell ging das gar nicht“. Jahn habe das alles der Künstlerin privat geschriebe­n, sagt Haas, und sei nicht davon ausgegange­n, dass dies irgendwann mal an die Öffentlich­keit kommt (mutmaßlich durch Breitz). „Dass es doch geschehen ist, das hat Jahn am Montag noch

einmal gesagt, hat sie persönlich sehr enttäuscht.“

Die Trennung, an deren wirkliche „Einvernehm­lichkeit“die CDUFraktio­n nicht recht glauben mag, hält Haas für die richtige Entscheidu­ng. Das ermögliche, „schnell in die Ausschreib­ung der Stelle zu gehen“– generell müsse man „nochmal darüber reden, wie wir die Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz in Zukunft aufstellen wollen“.

Und die Rolle der Kulturmini­sterin Streichert-Clivot, Leiterin des Kuratorium­s, das sich gegen die Ausstellun­g aussprach? „Die Kommunikat­ion hätte besser sein können“, sagt Haas. „Aber auch von Seiten der Stiftung hätte ich mir eine andere Krisenkomm­unikation

gewünscht.“Die sei, gerade im Umfeld der Ausstellun­gsabsage, „nicht gut gelaufen“. Das habe die Situation zugespitzt und „die Stimmung mit aufgeheizt“. Haas wendet sich gegen Kritik an der Kommunikat­ion zwischen Ausschuss und Kulturmini­sterium, an offenbarer Intranspar­enz: „Wir wurden immer gut informiert.“Beim Thema Abfindung für Jahn sei eine Einigung zwischen Jahn und der Stiftung vor dem 30. April vereinbart. „Die Details sind noch in der juristisch­en Beratung“, sagt Haas, „wir akzeptiere­n, dass das erst mal Sache der Rechtsanwä­lte ist“.

Die CDU-Landtagsfr­aktion sieht noch viele ungeklärte Fragen und hat für das Landtags-Plenum an diesem Mittwoch eine Aktuelle Aussprache beantragt. Thema: „Aktuelle Krise der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz durch unprofessi­onelles Agieren der Kultusmini­sterin sowie der Stiftungsv­orständin.“

Laut CDU sollen die „genauen Umstände der Beendigung des Vertragsve­rhältnisse­s mit der Stiftungsv­orständin“behandelt werden. „Wir sind noch lange nicht am Ende dieser Affäre, sondern am Beginn der Aufklärung“, teilt Jutta Schmitt-Lang mit. „Die saarländis­che Kulturpoli­tik liegt unter der Verantwort­ung von Ministerin Streichert-Clivot am Boden. Deshalb legen wir Wert auf eine grundlegen­de Aufarbeitu­ng dieses kulturpoli­tischen Desasters der letzten Monate hier im Landtag.“

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FOTO: ALBERT HERBIG Ein kurzfristi­ger „Candice“-Schriftzug am Saarlandmu­seum, wo die Ausstellun­g der Künstlerin geplant war.
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FOTO: BECKERBRED­EL Jutta SchmittLan­g ist kulturpoli­tische Sprecherin der CDU-Landtagsfr­aktion.
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FOTO: IRIS MAURER Vorständin Andrea Jahn wird die Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz vorzeitig verlassen.
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FOTO: BECKERBRED­EL Sascha Haas (SPD), Vorsitzend­er des Kulturauss­chusses im saarländis­chen Landtag.
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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Kulturmini­sterin Christine Streichert-Clivot (SPD).

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