Saarbruecker Zeitung

Seit einem halben Jahr ist die Leitung tot

Schon ein halbes Jahr lang ist Umberto Ianni aus Sulzbach ohne Telefon. Dabei würde der 83-Jährige gerne mit Familie und Freunden in Italien sprechen. Doch die Telekom reagierte lange nicht auf das Problem.

- VON JOCHEN RATHMANN

Technische Störungen oder Ausfälle im Alltag sind ärgerlich, kommen meist zu einem unpassende­n Zeitpunkt – und es dauert oft lange, bis sie behoben sind. Wer dieser Tage Umberto Ianni telefonisc­h erreichen will, bekommt nur zu hören: „Der gewünschte Gesprächsp­artner ist zurzeit nicht erreichbar, bitte versuchen Sie es später noch mal.“Grund für diese Ansage ist ein solcher Störfall. Doch statt weniger Tage dauert dieser nun schon seit sechs Monaten an.

Als der langjährig­e Telekom-Kunde Ianni am Morgen des 10. September 2023 in seinem Haus in der Glaserstra­ße in Sulzbach das Telefon in die Hand nimmt, ist die Leitung tot. Da der 83-jährige Rentner kein Handy, keinen Computer und keinen Internetan­schluss hat, ist er auf das Festnetzte­lefon angewiesen. Seine Tochter Rita Maria Ianni meldet den Fall bei der Telekom. Eine automatisi­erte Antwort per EMail verspricht: „Wir kümmern uns schnellstm­öglich um eine Lösung.“Im Störungsst­atus heißt es: „Die Behebung Ihrer Störung verzögert sich. Haben Sie bitte noch ein wenig Geduld!“

Geduld und guten Willen haben Ianni und seine Tochter anfänglich gezeigt. „Wir haben ihnen zwei Monate Zeit gegeben, bevor wir einen Rechtsanwa­lt eingeschal­tet haben.“Während dieser zwei Monate wurden angekündig­te Termine zur Störungsbe­hebung regelmäßig verschoben, neu angesetzt und erneut kurzfristi­g verschoben.

Genauere Angaben oder Kooperatio­nsbereitsc­haft habe es nicht gegeben, sagt Rita Maria Ianna, die sich von dem Unternehme­n im

Stich gelassen fühlt. „Der persönlich­e Kontakt ging immer pro-aktiv von mir aus.“

Auch ein Alternativ­angebot der Telekom, ein Notfallhan­dy, hätte in diesem Fall nichts gebracht. Zum einen hat Umberto Ianni keine Erfahrung im Umgang mit neuerer Technik, zum anderen wären für eine Rufumleitu­ng 19 Cent pro Anruf fällig geworden. Besonders teuer wäre es für Auslandste­lefonate geworden.

Umberto Ianni telefonier­t oft mit Familie und Freunden in Italien. Deswegen hat er in seinem Vertrag neben der Grundgebüh­r zusätzlich die „CountryFla­t“gebucht. Jene Gebühren, die trotz nicht erbrachter Leistung in den letzten Monaten regelmäßig eingezogen werden.

Als die Telekom dann auch nicht auf die Anfrage der Anwälte reagiert, schaltet Familie Ianni die Bundesnetz­agentur ein und stellt einen Antrag für ein Schlichtun­gsverfah

ren. Hier fungiert die Agentur als unabhängig­e Partei und versucht, die Streitigke­iten zwischen Kunde und Anbieter schnell, möglichst unkomplizi­ert und außergeric­htlich zu lösen. Die Antwort aus Bonn fällt erneut recht ernüchtern­d aus: Man werde an dem Schlichtun­gsverfahre­n nicht teilnehmen.

„Sie machen einen richtig wütend“, so Rita Maria Ianni, deren Vater seit 1979 einen Vertrag mit der Telekom hat. „Vielleicht hat er den Anschluss zu lange. Vielleicht will man sich so von Altverträg­en trennen. Da er kein Internet hat, verdienen sie ja nur noch an der

Grundgebüh­r. Sie würden lieber teurere Verträge mit Internet verkaufen, ob der Kunde das braucht oder nicht. Aus meiner Sicht ist das Altersdisk­riminierun­g.“

Doch wie lässt sich der technische Defekt erklären? Am 8. September 2023, zwei Tage vor Auftreten der Störung, war die angrenzend­e Hauptstraß­e Fischbache­r Weg wegen einer eintägigen Baustelle nur einspurig befahrbar. Ein Unternehme­n aus Luxemburg habe Glasfaserk­abel verlegt, erinnert sich Rita Maria Ianni „Wir haben die Vermutung, dass an diesem Tag etwas mit dem Kabel passiert ist.“Eine Ecke weiter, an der Zufahrt zur benachbart­en Jakobstraß­e, steht ein Verteilerk­asten.

Ungefähr drei Wochen nach der Störungsme­ldung gab es dort für einige Tage eine Baustelle der Telekom. Als sich Umberto Ianni persönlich bei einem Arbeiter vor Ort erkundigt, gibt der ihm zur Antwort: „In der Glaserstra­ße müssten die

Telefone alle funktionie­ren.“

Eine Anfrage der Saarbrücke­r Zeitung an die Telekom bestätigt jetzt die Vermutung eines Kabelschad­ens. In der Antwort heißt es: „Das Kabel, über das der Anschluss von Herrn Ianni versorgt wird, wurde durch eindringen­des Wasser beschädigt. Das Kabel muss komplett ersetzt werden.“Auch ein Zeitpunkt für die Behebung des Problems wird in dieser Mitteilung vom Unternehme­n erstmals konkret terminiert: Nach Angaben der Telekom sind die Tiefbauarb­eiten für diese Woche geplant, „sofern uns das Wetter keinen Strich durch die Rechnung macht. Die Montage der Leitung findet in den darauffolg­enden Tagen statt“.

Bleibt abzuwarten, ob die Telekom ihren Worten Taten folgen lässt und Umberto Ianni nach über einem halben Jahr wieder die Leistungen in Anspruch nehmen kann, für die er auch jetzt noch monatlich zahlt.

„Wir haben ihnen zwei Monate Zeit gegeben, bevor wir einen Rechtsanwa­lt eingeschal­tet haben.“Umberto und Rita Maria Ianni

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FOTO: JOCHEN RATHMANN Seit einem halben Jahr lässt die Telekom Umberto Ianni hängen: DerTelefon­anschluss des 83-jährigen Sulzbacher­s ist gestört.

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