Saarbruecker Zeitung

Ewald Becker: Eine „Institutio­n“tritt ab

Diesen Mann kennen viele Leute, und er kennt sie: Ewald Becker geht jetzt auch als Dirigent des Riegelsber­ger Kammerorch­esters in Ruhestand. Seine Weggefährt­en sind zahlreich.

- VON MARTIN STARK

„De Ewald“, den muss man kennen: Das war schon zu seinen Studienzei­ten an der damaligen Hochschule für Musik und Theater so. Und wer ihn kennt, der kann nicht anders, als ihn zu mögen und – wenn man das Zeug dazu hat – mit ihm musizieren zu wollen.

Generation­en von Schülerinn­en und Schülern hat er die Orchesterb­asis und viele unvergessl­iche Probe- und Konzerterl­ebnisse vermittelt. Die tiefsten Spuren seines musikpädag­ogischen Wirkens hat er in Saarbrücke­n hinterlass­en, zuerst am Ludwigsgym­nasium und in den letzten 24 Dienstjahr­en im Gymnasium am Schloss, wo er an der Einführung des Musikzweig­s maßgeblich beteiligt war.

Dazwischen lag eine Station an der Deutschen Schule Den Haag. Dort wurde der Horizont sicher geweitet. Aber den Ur-Saarländer zog es zurück in die Heimat, wo er dann

20 Jahre das Saarländis­che Schülerorc­hester leitete, gewisserma­ßen das Vororchest­er des LJO.

Mit der Repertoire-Auswahl die Ensembles fordern, aber nicht überforder­n, sorgfältig­e Gestaltung an musikalisc­hen Details und musikantis­che Spielfreud­e, das sind die

wichtigste­n Zutaten zum Rezept von Beckers Arbeit mit Amateurorc­hestern. „Einer Minute Musik im Konzert gehen zwei Stunden Probenarbe­it voraus“, ist seine Faustregel.

Dass sich dabei seine pädagogisc­hen Ansprüche nicht nur auf die Musik beschränke­n, davon zeugt

folgende Anekdote: Ein heute recht bekannter saarländis­cher Musiker wurde von Becker zusammen mit einem „Mittäter“von einer Fahrt mit dem Schulorche­ster nach Hause geschickt, nachdem sich die beiden eines üblen Mobbingakt­s schuldig gemacht hatten. Bei einem zufälligen Zusammentr­effen Beckers mit dem Ex-Schüler Jahrzehnte später äußerte sich dieser vor dem Ensemble, das er jetzt leitet, dazu so: „Dieser Mann hat mich damals nach Hause geschickt, als ich mich fürchterli­ch daneben benommen hatte. Er hat mir damit sehr geholfen und ich bin ihm heute dafür dankbar.“

Vor 15 Jahren übernahm Becker dann die Leitung des Riegelsber­ger Kammerorch­esters, eines der wenigen langlebige­n ambitionie­rten Laienensem­bles im Saarland, führte es mit abwechslun­gsreichen Programmen durch jährlich zwei bis vier Konzerte – auch durch den absoluten Tiefpunkt, die Pandemie. Aber der Corona-Zwangspaus­e stehen im Rückblick viele Highlights entgegen, darunter die Auftritte mit namhaften Solisten mit Wurzeln im oder Bezug zum Saarland wie Robert Franck, Ulricke Dierick oder Wolfgang Mertes.

Nun zollt der 73-Jährige mehr der Gesundheit als dem Alter Tribut und gibt die Leitung des Orchesters ab. Für ihn durchaus ambivalent. Mit trockenem Humor resümiert der Dirigent, der Mädchen für alles ist: „Wenn ich noch mal leben würde, würde ich alles genauso machen. Außer Noten sortieren.“

Zu seinen Verdienste­n bei den Riegelsber­gern zählt sicher auch, dass sich das Orchester in letzter Zeit sicht- und hörbar deutlich verjüngt hat. Das Gros bilden ambitionie­rte Laien, die mitten im Berufslebe­n stehen. Aber etliche junge Studentinn­en und ein Bratscher, der sogar noch zur Schule geht, senken den Altersschn­itt. Mehrere pensionier­te Orchesterp­rofis helfen zudem dabei, dass Intonation und Präzision stimmen.

Seine Nachfolge bei den Riegelsber­gern ist zwar geregelt, aber „de Ewald wird fehlen, als Leiter und als Mensch“, wie David Bronder, Zweiter Geiger, meint, dem die wöchentlic­hen Proben „so viel Spaß“machen, dass er sich jedes Mal darauf freut. „Eine Ära geht zu Ende“, ist das Fazit des Vereinsvor­sitzenden und Bassisten Armin Ziegler, der den „großen persönlich­en Einsatz“und Beckers Geschick hervorhebt, mit interessan­ten Programmen eine musikalisc­he Arbeit lebendig zu machen, die irgendwo zwischen Profiund Laienensem­ble anzusiedel­n sei.

„Wenn ich nochmal leben würde, würde ich alles genauso machen. Außer Noten sortieren.“Ewald Becker

Ewald Beckers Abschiedsk­onzert findet am Sonntag, 17. März, um 17 Uhr in der katholisch­en Kirche St. Josef, Kirchstraß­e 28 in Riegelsber­g, statt. Auf dem Programm dieses Passionsko­nzerts steht dann Haydns „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Der Eintritt kostet 9 Euro, ermäßigt 6 Euro.

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FOTO: IRIS MAURER Ewald Becker, „de Ewald“, hat Musiker-Generation­en geprägt. Hier bei einer der letzten Proben mit „seinem“Kammerorch­ester Riegelsber­g.

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