Der Pokal-Wahnsinn des FCS geht weiter
Fußball-Drittligist 1. FC Saarbrücken wirft auch Borussia Mönchengladbach aus dem Pokal. Siegtor von Brünker in der Nachspielzeit.
Das DFB-Pokalmärchen des Fußball-Drittligisten 1. FC Saarbrücken geht weiter. Der FCS schlug am Dienstagabend den Bundesligisten Borussia Mönchengladbach mit 2:1 (1:1). Und wieder machte es der Außenseiter richtig spannend: Es läuft die dritte Minute der Nachspielzeit, als sich der eingewechselte Fabio di Michele Sanchez auf den Weg machte, sein Querpass erreicht Kai Brünker. Der Mittelstürmer, der sich bis dahin in zahllosen Zweikämpfen aufgerieben hatte, belohnte sich und seine Mannschaft für ein kämpferisch überragendes Spiel. Brünker hob den Kopf und traf ins linke äußere Eck – das 2:1. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“schallte es von den Rängen.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist doch geisteskrank. Der FCS ist eine Pokalmannschaft. Fuck, war das ein Kampf“, sagte der Mann des Abends, „Wahnsinn, wie alle geackert haben. Wir sind Mentalitätsmonster. Ich bin einfach verdammt stolz auf alle. Jetzt stehen wir mit einem Bein in Berlin.“
In den letzten Stunden vor dem Anpfiff hatten sich viele Blicke Richtung Saarbrücker Himmel gerichtet. Zu präsent waren noch die Bilder der kurzfristigen Absage von vor fünf Wochen, als man mit Laubbläsern versuchte, den desolaten Rasen von den Wassermassen zu befreien. Gegen 19 Uhr gab Schiedsrichter Robert Hartmann endgültig grünes Licht. Trotz des leichten Regens der letzten Tage war neue Rasen bespielbar, wurde aber von Minute zu Minute tiefer und schwieriger. Einige Male lösten sich größere Teile der Sode. „Ich tippe auf 2:1 für uns – nach 90 Minuten“, tippte der verletzte Boné Uaferro, der wie Manuel Zeitz beim letzten Halbfinaleinzug des FCS vor vier Jahren auf dem Feld stand, „nicht, dass in der Verlängerung noch abgebrochen wird.“
Schon gegen 17.15 Uhr waren über 3500 Anhänger der BlauSchwarzen vom Saarbrücker Landwehrplatz zum Fanmarsch Richtung Stadion aufgebrochen. Neben guter Stimmung gab es dabei auch wieder Böller, Rauchtöpfe und Pyrotechnik. Auch bei der Choreografie „Pokalschreck blue and black“rauchte und funkelte es mächtig aus dem Saarbrücker Block.
Kräftig die Aufstellung durchgewirbelt hatte FCS-Trainer Rüdiger Ziehl. Mit Manuel Zeitz, Kai Brünker, Kasim Rabihic und Amine Naïfi rotierten gleich vier Akteure in die Startformation. Calogero Rizzuto (leicht Grippe-geschwächt), Simon Stehle (muskuläre Probleme in der Wade), Julian Günther Schmidt und Tim Civeja mussten dafür zunächst auf die Bank. Auch Gladbachs Coach Gerardo Seoane änderte seine Aufstellung gegenüber dem 3:3 gegen den 1. FC Köln am Wochenende. Ko
Itakura, Marvin Friedrich, Nico Elvedi und der eingewechselte Doppeltorschütze Robin Hack durften von Beginn an ran.
Der FCS versteckte sich von Beginn an nicht – im Gegenteil. Bjarne Thoelke leitete mit einem aufmerksamen Ballgewinn den Spielzug ein, Kasim Rabihic tanzte auf links Nico Elvedi aus, sein Schlenzer flog knapp am langen Eck vorbei. Da waren drei Minuten vorbei. Weitere drei Minuten später wieder die Hausherren: Marcel Gaus bediente Rabihic, dessen Schuss wurde noch abgefälscht. Die erste Ecke für den FCS brachte aber nichts ein.
Es folgte die kalte Dusche für den mutigen Außenseiter. Gaus klärte nicht konsequent gegen Honorat. Der bediente Hack, und der ließ sich die Chance nicht nehmen – das 0:1 (8. Minute). Saarbrückens Linksverteidiger hatte wiederholt massive Tempoprobleme gegen den flinken Franzosen. Saarbrücken war aber nicht geschockt und antwortete prompt. Naïfi fiel der Ball 20 Meter vor dem Gladbacher Tor vor die Füße, der Franzose zog sofort ab, setzte den Ball herrlich in den Winkel – der 1:1-Ausgleich ließ keine 180 Sekunden auf sich warten.
Dann wieder Gladbach im zu Beginn offenen Schlagabtausch. Bjarne Thoelke lud Rocco Reitz zum Konter ein, rettete die Situation dann aber selbst im Strafraum (14.). Dann klärte Lukas Boeder mit dem Gesäß auf der Linie einen Abschluss von Honorat (17.). Der Spiel
beginn im mit 15 800 Zuschauern ausverkauften Ludwigsparkstadion war atemberaubend. Dann nahmen sich die Hausherren zurecht einige Verschnaufpausen, überließen den Gästen die Ball- und Spielkontrolle. Doch die Borussia konnte daraus bis zur Pause keinen zählbaren Vorteil schlagen.
Rabihic blieb nach der Halbzeit in der Kabine, Julian Günther-Schmidt kam ins Spiel, das nun wieder offener war, aber zunächst keine weiteren Höhepunkte hatte. Ein Lupfer von Hack landete auf dem Tordach (59.). Nach einer Stunde hatte der FCS glück, dass der starke Schiedsrichter Hartmann das Spiel an der langen Leine führte. Sontheimer hatte Elvedi weggecheckt, Hartmann verzichtete auf Gelb-Rot. Ziehl reagierte, brachte Tim Civeja für „Sonti“, später kam Dominik für Robin Becker und di Michele Sanchez für Naifi.
Gladbach ließ den FCS im Dauerregen laufen, die Fans feierten jeden gewonnenen Zweikampf wie den Siegtreffer. Der fiel dann in der Nachspielzeit und war der Anpfiff für eine lange Saarbrücker Partynacht. „Es war eine wilde erste Hälfte. Ich habe versucht, die Mannschaft zu bremsen“, sagte Trainer Ziehl, „in der zweiten Hälfte hatten wir wenig Entlastung, ich habe ehrlich nicht mehr mit dem Siegtreffer gerechnet. Dass wir das so geschafft haben, ist einfach herausragend.“Der FCS trifft im Halbfinale nun auf den Erzrivalen 1. FC Kaiserslautern.