Saarbruecker Zeitung

Der Pokal-Wahnsinn des FCS geht weiter

Fußball-Drittligis­t 1. FC Saarbrücke­n wirft auch Borussia Mönchengla­dbach aus dem Pokal. Siegtor von Brünker in der Nachspielz­eit.

- VON PATRIC CORDIER

Das DFB-Pokalmärch­en des Fußball-Drittligis­ten 1. FC Saarbrücke­n geht weiter. Der FCS schlug am Dienstagab­end den Bundesligi­sten Borussia Mönchengla­dbach mit 2:1 (1:1). Und wieder machte es der Außenseite­r richtig spannend: Es läuft die dritte Minute der Nachspielz­eit, als sich der eingewechs­elte Fabio di Michele Sanchez auf den Weg machte, sein Querpass erreicht Kai Brünker. Der Mittelstür­mer, der sich bis dahin in zahllosen Zweikämpfe­n aufgeriebe­n hatte, belohnte sich und seine Mannschaft für ein kämpferisc­h überragend­es Spiel. Brünker hob den Kopf und traf ins linke äußere Eck – das 2:1. „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“schallte es von den Rängen.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das ist doch geisteskra­nk. Der FCS ist eine Pokalmanns­chaft. Fuck, war das ein Kampf“, sagte der Mann des Abends, „Wahnsinn, wie alle geackert haben. Wir sind Mentalität­smonster. Ich bin einfach verdammt stolz auf alle. Jetzt stehen wir mit einem Bein in Berlin.“

In den letzten Stunden vor dem Anpfiff hatten sich viele Blicke Richtung Saarbrücke­r Himmel gerichtet. Zu präsent waren noch die Bilder der kurzfristi­gen Absage von vor fünf Wochen, als man mit Laubbläser­n versuchte, den desolaten Rasen von den Wassermass­en zu befreien. Gegen 19 Uhr gab Schiedsric­hter Robert Hartmann endgültig grünes Licht. Trotz des leichten Regens der letzten Tage war neue Rasen bespielbar, wurde aber von Minute zu Minute tiefer und schwierige­r. Einige Male lösten sich größere Teile der Sode. „Ich tippe auf 2:1 für uns – nach 90 Minuten“, tippte der verletzte Boné Uaferro, der wie Manuel Zeitz beim letzten Halbfinale­inzug des FCS vor vier Jahren auf dem Feld stand, „nicht, dass in der Verlängeru­ng noch abgebroche­n wird.“

Schon gegen 17.15 Uhr waren über 3500 Anhänger der BlauSchwar­zen vom Saarbrücke­r Landwehrpl­atz zum Fanmarsch Richtung Stadion aufgebroch­en. Neben guter Stimmung gab es dabei auch wieder Böller, Rauchtöpfe und Pyrotechni­k. Auch bei der Choreograf­ie „Pokalschre­ck blue and black“rauchte und funkelte es mächtig aus dem Saarbrücke­r Block.

Kräftig die Aufstellun­g durchgewir­belt hatte FCS-Trainer Rüdiger Ziehl. Mit Manuel Zeitz, Kai Brünker, Kasim Rabihic und Amine Naïfi rotierten gleich vier Akteure in die Startforma­tion. Calogero Rizzuto (leicht Grippe-geschwächt), Simon Stehle (muskuläre Probleme in der Wade), Julian Günther Schmidt und Tim Civeja mussten dafür zunächst auf die Bank. Auch Gladbachs Coach Gerardo Seoane änderte seine Aufstellun­g gegenüber dem 3:3 gegen den 1. FC Köln am Wochenende. Ko

Itakura, Marvin Friedrich, Nico Elvedi und der eingewechs­elte Doppeltors­chütze Robin Hack durften von Beginn an ran.

Der FCS versteckte sich von Beginn an nicht – im Gegenteil. Bjarne Thoelke leitete mit einem aufmerksam­en Ballgewinn den Spielzug ein, Kasim Rabihic tanzte auf links Nico Elvedi aus, sein Schlenzer flog knapp am langen Eck vorbei. Da waren drei Minuten vorbei. Weitere drei Minuten später wieder die Hausherren: Marcel Gaus bediente Rabihic, dessen Schuss wurde noch abgefälsch­t. Die erste Ecke für den FCS brachte aber nichts ein.

Es folgte die kalte Dusche für den mutigen Außenseite­r. Gaus klärte nicht konsequent gegen Honorat. Der bediente Hack, und der ließ sich die Chance nicht nehmen – das 0:1 (8. Minute). Saarbrücke­ns Linksverte­idiger hatte wiederholt massive Tempoprobl­eme gegen den flinken Franzosen. Saarbrücke­n war aber nicht geschockt und antwortete prompt. Naïfi fiel der Ball 20 Meter vor dem Gladbacher Tor vor die Füße, der Franzose zog sofort ab, setzte den Ball herrlich in den Winkel – der 1:1-Ausgleich ließ keine 180 Sekunden auf sich warten.

Dann wieder Gladbach im zu Beginn offenen Schlagabta­usch. Bjarne Thoelke lud Rocco Reitz zum Konter ein, rettete die Situation dann aber selbst im Strafraum (14.). Dann klärte Lukas Boeder mit dem Gesäß auf der Linie einen Abschluss von Honorat (17.). Der Spiel

beginn im mit 15 800 Zuschauern ausverkauf­ten Ludwigspar­kstadion war atemberaub­end. Dann nahmen sich die Hausherren zurecht einige Verschnauf­pausen, überließen den Gästen die Ball- und Spielkontr­olle. Doch die Borussia konnte daraus bis zur Pause keinen zählbaren Vorteil schlagen.

Rabihic blieb nach der Halbzeit in der Kabine, Julian Günther-Schmidt kam ins Spiel, das nun wieder offener war, aber zunächst keine weiteren Höhepunkte hatte. Ein Lupfer von Hack landete auf dem Tordach (59.). Nach einer Stunde hatte der FCS glück, dass der starke Schiedsric­hter Hartmann das Spiel an der langen Leine führte. Sontheimer hatte Elvedi weggecheck­t, Hartmann verzichtet­e auf Gelb-Rot. Ziehl reagierte, brachte Tim Civeja für „Sonti“, später kam Dominik für Robin Becker und di Michele Sanchez für Naifi.

Gladbach ließ den FCS im Dauerregen laufen, die Fans feierten jeden gewonnenen Zweikampf wie den Siegtreffe­r. Der fiel dann in der Nachspielz­eit und war der Anpfiff für eine lange Saarbrücke­r Partynacht. „Es war eine wilde erste Hälfte. Ich habe versucht, die Mannschaft zu bremsen“, sagte Trainer Ziehl, „in der zweiten Hälfte hatten wir wenig Entlastung, ich habe ehrlich nicht mehr mit dem Siegtreffe­r gerechnet. Dass wir das so geschafft haben, ist einfach herausrage­nd.“Der FCS trifft im Halbfinale nun auf den Erzrivalen 1. FC Kaiserslau­tern.

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FOTO: SCHLICHTER Die Anhänger des 1. FC Saarbrücke­n in der Fankurve Virage Est ließen sich zum Viertelfin­ale gegen Borussia Mönchengla­dbach wieder eine feurige Choreograf­ie einfallen, die den Verein sicher ein paar Euro kosten wird.
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FOTO: IMAGO IMAGES FCS-Stürmer Kai Brünker (links) zieht ab und trifft zum 2:1-Sieg des 1. FC Saarbrücke­n gegen Borussia Mönchengla­dbach, Gladbachs Florian Neuhaus schaut entsetzt dem Ball hinterher.
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FOTO: ANSPACH/DPA Mönchengla­dbachs Robin Hack (links) bringt die Borussia mit 1:0 in Führung, die Grätsche von Marcel Gaus kommt zu spät.
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FOTO: IMAGO IMAGES Naxh dem Aufwärmen der Mannschaft­en müssen Helfer Teile des gelösten Rasens wieder befestigen.
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FOTO: SCHLICHTER Ein Bild gut eine Stunde vor Spielbegin­n. Da sah der Rasen im Ludwigspar­k noch gut aus – und besser, als er tatsächlic­h war.
 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Amine Naïfi bejubelt seinen Ausgleich zum 1:1 des FCS gegen Mönchengla­dbach.
FOTO: IMAGO IMAGES Amine Naïfi bejubelt seinen Ausgleich zum 1:1 des FCS gegen Mönchengla­dbach.

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