Unversöhnliche Debatte über Windkraft
Zwei Stunden lang diskutierte der Landtag über die Regierungspläne zum Ausbau der Windkraft im Saarland. Dabei prallten energiepolitische Welten aufeinander, zeitweise ging es hoch her.
In einer zweistündigen Debatte hat der Landtag am Mittwoch ein Gesetzespaket zum Ausbau der erneuerbaren Energien im Saarland auf den Weg gebracht. In der unversöhnlichen, bereits vom Kommunalwahlkampf geprägten Aussprache prallten energiepolitische Welten aufeinander. „Mit diesem Gesetzespaket zeigen wir als Saarland, dass wir die Energiewende ernst nehmen“, sagte der SPD-Abgeordnete Sebastian Schmitt. Insbesondere beim Ausbau der Windkraft gebe es im Saarland „noch deutlich Luft nach oben“. Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) sagte: „Wenn wir nicht grüne Energiekonzepte anbieten können, interessiert sich keiner mehr für unseren Standort.“
Die Opposition las das Gesetzespaket der SPD-Regierung völlig anders. Der CDU-Abgeordnete Marc Speicher sprach von „Murks“, sein Fraktionskollege Stefan Thielen von „bloßer Ideologie“und „Planwirtschaft“. Die Landesregierung, so Speicher, verteure damit die Energie, schwäche die Versorgungssicherheit und zerstöre die Natur. „Wer heute die Hand für diese Gesetzentwürfe hebt, leistet einen Beitrag zur De-Industrialisierung dieses Landes.“
Das Erneuerbare-Energien-Paket hat drei Teile: 1) ein Gesetz, das den Städten und Gemeinden individuelle Ziele für die Ausweisung von Windkraftflächen bis 2030 vorgibt, 2) zur Steigerung der Akzeptanz der Windkraft ein Gesetz zur verpflichtenden Beteiligung der Kommunen an den Erträgen sowie 3) eine Änderung des Waldgesetzes, die dazu führt, dass im Wald künftig mehr Windräder gebaut werden können.
Die CDU lehnte alles ab und forderte in einem eigenen Antrag, die Bioenergie zu stärken, die – so der Abgeordnete Alwin Theobald – „in einem technologieoffenen Ansatz einen wichtigen Platz“haben müsse.
Die Regierungsvertreter zeichneten das ganz große Bild. „Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunftsfähigkeit dieses Landes“, sagte Wirtschaftsminister Barke. Dass das Saarland beim Ziel von 2,0 Prozent der Landesfläche für Windkraft über das Ziel des Bundes (1,8 Prozent) hinausgeht, dazu sagte Barke: „Wir müssen als kleines und von der Industrie geprägtes Land ambitioniert sein.“Grüne Energie habe für ansiedlungswillige Unternehmen schon heute eine große Bedeutung.
Umweltministerin Petra Berg (SPD) ergänzte zur Änderung des Waldgesetzes: „Ohne eine schnelle und zügige Reduktion von CO2 sieht es für unseren Wald nicht gut aus.“Die Klimakrise habe entscheidende Auswirkungen auf das Artensterben. Der SPD-Abgeordnete Florian Schäfer sagte: „Der Wald ist ein Klimaschützer: Ja, das ist so, aber nicht, wenn er krank ist.“Bei den Flächen, die für Windkraftanlagen genutzt werden sollten, gehe es um kranke Bestände. „Die Gesetzesänderung ist definitiv kein Bäume-Niedermacher. Wir wollen dafür sorgen, dass es auch in 100 Jahren noch den Wald gibt, den wir in unserem schönen Saarland vorfinden“, sagte Schäfer.
Dem hielt CDU-Mann Thielen entgegen, es gehe nicht nur um abgeholzt Bäume, sondern auch um breite Trassen, die Biodiversität zerstörten. Er warf der SPD einen „blinden Ausbau der Erneuerbaren“vor, durch den sich Bürger belastet fühlten. Im Saargau gebe es ein Dorf, in dem die Bürger heute schon auf 36 Windräder blickten. Thielen wollte auch wissen, was passiert, wenn eine Gemeinde die vom Land vorgegebenen Flächenziele partout nicht schafft – dieses Problem sieht er etwa in Mettlach. Er sei nicht pauschal gegen jedes Windrad, versicherte Thielen. „Aber ich erwarte, dass wir das wirtschaftlich schaffen.“
SPD-Fraktionsvize Timo Ahr warf der CDU vor, sie sage, dass sie gegen Windkraft im Wald sei, aber ihr eigentliches Statement sei, dass sie „gegen Windkraft“sei. Auch die Minister Barke und Berg knöpften sich die CDU vor, hielten ihr „Janusköpfigkeit“vor. „Es geht ihr darum, einzelnen Interessen hinterherzujagen“, sagte Berg.
Der AfD-Landesvorsitzende Carsten Becker sprach von einem „Flatterstrom-Ausbau-Gesetz“. Ihm sei ein Rätsel, wie man ein Industrieland mit Sonnen- und Windenergie versorgen wolle. Die Kosten dafür zahlten am Ende Bürger und Industrie, die zunehmend abwandere. „Wir können diesem Gesetz beim besten Willen nicht zustimmen“, sagte Becker. AfD-Fraktionschef Josef Dörr sagte, die Bevölkerung sei gegen einen massiven Ausbau der Windkraft. Mit der finanziellen Beteiligung der Kommunen werde nun versucht, die Stadt- und Gemeinderäte zu gewinnen und den Widerstand zu brechen.