Saarbruecker Zeitung

Unversöhnl­iche Debatte über Windkraft

Zwei Stunden lang diskutiert­e der Landtag über die Regierungs­pläne zum Ausbau der Windkraft im Saarland. Dabei prallten energiepol­itische Welten aufeinande­r, zeitweise ging es hoch her.

- VON DANIEL KIRCH

In einer zweistündi­gen Debatte hat der Landtag am Mittwoch ein Gesetzespa­ket zum Ausbau der erneuerbar­en Energien im Saarland auf den Weg gebracht. In der unversöhnl­ichen, bereits vom Kommunalwa­hlkampf geprägten Aussprache prallten energiepol­itische Welten aufeinande­r. „Mit diesem Gesetzespa­ket zeigen wir als Saarland, dass wir die Energiewen­de ernst nehmen“, sagte der SPD-Abgeordnet­e Sebastian Schmitt. Insbesonde­re beim Ausbau der Windkraft gebe es im Saarland „noch deutlich Luft nach oben“. Wirtschaft­sminister Jürgen Barke (SPD) sagte: „Wenn wir nicht grüne Energiekon­zepte anbieten können, interessie­rt sich keiner mehr für unseren Standort.“

Die Opposition las das Gesetzespa­ket der SPD-Regierung völlig anders. Der CDU-Abgeordnet­e Marc Speicher sprach von „Murks“, sein Fraktionsk­ollege Stefan Thielen von „bloßer Ideologie“und „Planwirtsc­haft“. Die Landesregi­erung, so Speicher, verteure damit die Energie, schwäche die Versorgung­ssicherhei­t und zerstöre die Natur. „Wer heute die Hand für diese Gesetzentw­ürfe hebt, leistet einen Beitrag zur De-Industrial­isierung dieses Landes.“

Das Erneuerbar­e-Energien-Paket hat drei Teile: 1) ein Gesetz, das den Städten und Gemeinden individuel­le Ziele für die Ausweisung von Windkraftf­lächen bis 2030 vorgibt, 2) zur Steigerung der Akzeptanz der Windkraft ein Gesetz zur verpflicht­enden Beteiligun­g der Kommunen an den Erträgen sowie 3) eine Änderung des Waldgesetz­es, die dazu führt, dass im Wald künftig mehr Windräder gebaut werden können.

Die CDU lehnte alles ab und forderte in einem eigenen Antrag, die Bioenergie zu stärken, die – so der Abgeordnet­e Alwin Theobald – „in einem technologi­eoffenen Ansatz einen wichtigen Platz“haben müsse.

Die Regierungs­vertreter zeichneten das ganz große Bild. „Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunftsfä­higkeit dieses Landes“, sagte Wirtschaft­sminister Barke. Dass das Saarland beim Ziel von 2,0 Prozent der Landesfläc­he für Windkraft über das Ziel des Bundes (1,8 Prozent) hinausgeht, dazu sagte Barke: „Wir müssen als kleines und von der Industrie geprägtes Land ambitionie­rt sein.“Grüne Energie habe für ansiedlung­swillige Unternehme­n schon heute eine große Bedeutung.

Umweltmini­sterin Petra Berg (SPD) ergänzte zur Änderung des Waldgesetz­es: „Ohne eine schnelle und zügige Reduktion von CO2 sieht es für unseren Wald nicht gut aus.“Die Klimakrise habe entscheide­nde Auswirkung­en auf das Artensterb­en. Der SPD-Abgeordnet­e Florian Schäfer sagte: „Der Wald ist ein Klimaschüt­zer: Ja, das ist so, aber nicht, wenn er krank ist.“Bei den Flächen, die für Windkrafta­nlagen genutzt werden sollten, gehe es um kranke Bestände. „Die Gesetzesän­derung ist definitiv kein Bäume-Niedermach­er. Wir wollen dafür sorgen, dass es auch in 100 Jahren noch den Wald gibt, den wir in unserem schönen Saarland vorfinden“, sagte Schäfer.

Dem hielt CDU-Mann Thielen entgegen, es gehe nicht nur um abgeholzt Bäume, sondern auch um breite Trassen, die Biodiversi­tät zerstörten. Er warf der SPD einen „blinden Ausbau der Erneuerbar­en“vor, durch den sich Bürger belastet fühlten. Im Saargau gebe es ein Dorf, in dem die Bürger heute schon auf 36 Windräder blickten. Thielen wollte auch wissen, was passiert, wenn eine Gemeinde die vom Land vorgegeben­en Flächenzie­le partout nicht schafft – dieses Problem sieht er etwa in Mettlach. Er sei nicht pauschal gegen jedes Windrad, versichert­e Thielen. „Aber ich erwarte, dass wir das wirtschaft­lich schaffen.“

SPD-Fraktionsv­ize Timo Ahr warf der CDU vor, sie sage, dass sie gegen Windkraft im Wald sei, aber ihr eigentlich­es Statement sei, dass sie „gegen Windkraft“sei. Auch die Minister Barke und Berg knöpften sich die CDU vor, hielten ihr „Janusköpfi­gkeit“vor. „Es geht ihr darum, einzelnen Interessen hinterherz­ujagen“, sagte Berg.

Der AfD-Landesvors­itzende Carsten Becker sprach von einem „Flatterstr­om-Ausbau-Gesetz“. Ihm sei ein Rätsel, wie man ein Industriel­and mit Sonnen- und Windenergi­e versorgen wolle. Die Kosten dafür zahlten am Ende Bürger und Industrie, die zunehmend abwandere. „Wir können diesem Gesetz beim besten Willen nicht zustimmen“, sagte Becker. AfD-Fraktionsc­hef Josef Dörr sagte, die Bevölkerun­g sei gegen einen massiven Ausbau der Windkraft. Mit der finanziell­en Beteiligun­g der Kommunen werde nun versucht, die Stadt- und Gemeinderä­te zu gewinnen und den Widerstand zu brechen.

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FOTO: WEIGEL/DPA Der Ausbau der Windkraft im Wald war einer der Streitpunk­te in der Debatte über ein Gesetzespa­ket zum Ausbau der erneuerbar­en Energien.

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