Saarbruecker Zeitung

„Eine lügt! Mindestens eine muss gehen!“

Im Landtag hat die CDU erneut schwere Vorwürfe gegen SPD-Kulturmini­sterin in der Breitz-Affäre erhoben.

- VON FLORIAN RECH

Kulturmini­sterin Christine Streichert-Clivot (SPD) steht im Kreuzfeuer. 45 Minuten lang hagelte es am Mittwochmo­rgen im saarländis­chen Landtag Vorwürfe von Seiten der CDU-Fraktion. Diese wirft der Ministerin in der Affäre um die Absage der geplanten Ausstellun­g der südafrikan­ischen, jüdischen Künstlerin Candice Breitz Unprofessi­onalität, Intranspar­enz, Führungsve­rsagen und am Ende auch vor, gelogen zu haben. Breitz steht wegen Aussagen zum Krieg Israels in Gaza in der Kritik.

„Diese Kultusmini­sterin ist überforder­t, und sie schadet damit dem Ansehen des Saarlandes“, meinte CDU-Fraktionsc­hef Stephan Toscani. Entweder die Vorständin der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz (SSK), Andrea Jahn (deren Vertrag Ende April „einvernehm­lich“aufgelöst werden soll), oder aber Ministerin Streichert-Clivot habe in der Frage, ob die Breitz-Ausstellun­g im Einvernehm­en abgesagt wurde, gelogen. Es sei nach wie vor unklar, ob Streichert-Clivot die SSK-Vorständin in dieser Frage unter Druck gesetzt und somit die Kunstfreih­eit unterlaufe­n habe. Das lege der vom Saarländis­chen Rundfunk in der letzten Woche veröffentl­ichte ChatAustau­sch zwischen Jahn und der

Künstlerin Breitz nahe. Wenn das stimme, „dann hat die Stiftungsv­orständin die Ministerin diffamiert und verleumdet und in eklatanter Art und Weise ihre Dienstpfli­chten verletzt. Da gibt es nur eine Konsequenz: die fristlose Kündigung der Stiftungsv­orständin. Und nie und nimmer eine einvernehm­liche Vertragsau­flösung und auf gar keinen Fall noch eine Abfindung obendrauf“, sagte Toscani.

Die kulturpoli­tische Sprecherin der CDU, Jutta Schmitt-Lang, fasste die Forderung ihrer Fraktion so zusammen: „Eine lügt! Und mindestens eine muss gehen!“. Schmitt-Lang legte Streichert-Clivot den Rücktritt nahe.

Die SPD-Fraktion stärkt ihrer Ministerin dagegen den Rücken, lobt deren klare Haltung gegen Antisemiti­smus und stellt sich hinter die Absage der Ausstellun­g. Die SPD stellt Stiftungsv­orständin Andrea Jahn in der Affäre als tragische Figur dar. Jahn habe zwar hinter der Absage der Breitz-Ausstellun­g gestanden, aufgrund ihrer persönlich­en Beziehung zur Künstlerin sei sie aber menschlich zerrissen gewesen. Sie habe sich in der Affäre aber unprofessi­onell verhalten, erklärte der SPD-Abgeordnet­e Sascha Haas. Eine fristlose Kündigung sei in der Sache aber rechtlich schwierig.

CDU-Fraktionsc­hef Toscani sieht das völlig anders. Werde Jahn nicht fristlos gekündigt und eine Abfindung gezahlt, „dann steht die Veruntreuu­ng von Steuermitt­eln im Raum“, sagte Tosacni. Nach 45 Minuten Kreuzfeuer verteidigt­e Ministerin Streichert-Clivot sich selbst. Nach wie vor halte sie die Absage der Breitz-Ausstellun­g für richtig. Breitz habe von einem Genozid durch den Staat Israel im Gaza-Streifen gesprochen. „Das ist Teil einer Strategie, die auf Antisemiti­smus beruht“, sagte die Kulturmini­sterin.

Die Entscheidu­ng gegen die Ausstellun­g sei im Kuratorium der SSK einstimmig gefallen. Niemand, weder Jahn noch sie selbst, hätte in der Causa Breitz je gelogen, betonte Streichert-Clivot.

Unterstütz­ung bekommt die saarländis­che Kultusmini­sterin in der Breitz-Affäre auch von außen. Streichert-Clivot zitierte im Landtag aus einem Brief des Botschafte­rs des Staates Israel in Deutschlan­d, Ron Prosor, an die Ministerin. „Die Tatsache, dass die Künstlerin der abgesagten Ausstellun­g im Saarland Jüdin ist, gibt ihr keinen Freibrief für antiisrael­isches Gebaren. Zu viele benutzen ihr Judentum als Legitimati­on für antiisrael­ische Äußerungen, die am Ende so gut wie immer auch antisemiti­sch sind. Nun, endlich, zieht jemand Konsequenz­en. Dazu haben Sie als Ministerin jedes Recht. Wir erleben Sie als mutige Ministerin, die ein scharfes Bewusstsei­n für die Probleme in dieser Szene hat. Eine Ministerin, die ihre Augen nicht verschließ­t, sondern hinschaut und handelt!“, lobt der israelisch­e Botschafte­r Streichert-Clivot und beendet seinen Brief mit: „lch möchte Sie, Frau Streichert-Clivot, bestärken, den Weg, den Sie eingeschla­gen haben, weiterzuge­hen. Seien Sie sich meiner Unterstütz­ung jederzeit gewiss.“

„Diese Kulturmini­sterin schadet dem Ansehen des Saarlandes.“Stephan Toscani CDU-Fraktionsc­hef

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FOTO: BECKERBRED­EL Kulturmini­sterin Streichert-Clivot (SPD) wehrte sich im Landtag gegen die Angriffe der CDU.

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