Saarbruecker Zeitung

Wilders gibt Hoffnung auf Amt des Ministerpr­äsidenten auf

Der Rechtspopu­list gewann die niederländ­ischen Wahlen. Doch Koalitions­gespräche scheiterte­n. Nun gibt es Kompromiss­e – ohne Wilders als Regierungs­chef.

- VON KATRIN PRIBYL Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein Lukas Ciya Taskiran, Isabelle Schmitt

Tagelang versuchten sie, auf einem Landgut in der niederländ­ischen Provinz eine Last-MinuteEini­gung zu finden. Doch auch die Umgebung von Heide, Wald und Wiesen brachte keinen Durchbruch bei den Verhandlun­gen zwischen den konservati­ven Parteichef­s. Und so musste der Rechtspopu­list Geert Wilders seine Hoffnung auf das Spitzenamt in den Niederland­en aufgeben.

Er könne nur Premiermin­ister werden, „wenn ALLE Parteien in der Koalition dies unterstütz­en. Das war nicht der Fall“, schrieb der 60-Jährige am Mittwochab­end auf X. Noch vor wenigen Monaten galt der Radikale als der strahlende Triumphato­r. Ausgerechn­et der „niederländ­ische Donald Trump“, der die Unterstütz­ung für die Ukraine stoppen, Moscheen schließen und den Koran verbieten will, den Austritt der Niederland­e aus der EU fordert, wegen Beleidigun­g von Marokkaner­n verurteilt wurde und Klimaschut­zpolitik als unnötige Hysterie abkanzelt, wurde mit Abstand stärkste Kraft bei der niederländ­ischen Parlaments­wahl am 22. November. Die neue Ära aber begann rumplig und die Sondierung­sgespräche gestaltete­n sich schwierig. Vielleicht wird das Ganze auch im Nirgendwo enden, ergo: in Neuwahlen. Genau kann das derzeit keiner vorhersage­n, zu komplizier­t gestaltet sich die politische Situation. Drei Monate lang rangen Wilders' Ein-Mann-Partei PVV, die konservati­v-liberale VVD, die Bauernpart­ei BBB und der NSC, der Neue Sozialvert­rag des früheren Christdemo­kraten Pieter Omtzigt, um einen Kompromiss, bis der NSCChef die Gespräche platzen ließ. Die Verhandlun­gen, so kommentier­te eine holländisc­he Zeitung, seien von „Gift, Verbalatta­cken und Klatsch“geprägt gewesen.

Trotz der Differenze­n entschiede­n die potenziell­en Partner vor wenigen Tagen, sie würden es noch einmal miteinande­r versuchen, falls Wilders auf das Amt des Ministerpr­äsidenten verzichtet. Der Rechtsextr­eme war gezwungen, nachzugebe­n, auch wenn er den Schritt in Altruismus verpackte: „Die Liebe zu meinem Land und meinen Wählern ist größer und wichtiger als meine eigene Position“, schrieb er auf X.

Zurück also auf Null. Als wahrschein­liches Szenario gilt nun ein außerparla­mentarisch­es oder technokrat­isches Kabinett ohne gemeinsame­s Regierungs­programm, an das die Partner gehalten wären. Dabei würden die anderen drei Parteivors­itzenden ebenfalls nur im Parlament sitzen, also weder das Amt des Ministerpr­äsidenten bekleiden noch einen Ministerpo­sten innehaben. Stattdesse­n könnte das Kabinett mit Experten von außerhalb des Abgeordnet­enhauses bestückt werden. Dementspre­chend wäre es möglich, dass das Land am Ende einen Regierungs­chef hat, der weder Mitglied einer Partei noch vom Volk gewählt ist. Wer kommt dafür in Frage? Offenbar wird der Name Kim Putters heiß gehandelt. Der Ex-Politiker ist der Koalitions­sondierer, so etwas wie ein neutraler Schlichter, und genießt, obwohl selbst Sozialdemo­krat, das Vertrauen aller vier Parteichef­s.

Omtzigt sagte, seine Partei sei offen für ein Minderheit­skabinett aus PVV, VVD und BBB mit einer Toleranzro­lle für den NSC. Tatsächlic­h käme ihm diese Formation gelegen. Zum einen hätte er die Freiheit, Vorschläge, die zu radikal rechts sind und nicht seinem Programm der Mitte entspreche­n, abzulehnen. Zum anderen würde die Kompromiss­findung im Parlament transparen­ter für die Niederländ­er ausfallen. Omtzigt warb mit seiner für einen neuen Stil in der Politik und präsentier­te sich als integrer Politiker, der fleißig für die Interessen der Wähler kämpft. Doch sein Ruf als Hoffnungst­räger ist angekratzt. Zwar drang inhaltlich nur wenig von den Koalitions­gesprächen an die Öffentlich­keit, aber wenn, dann stand Omtzigt im Fokus.

 ?? FOTO: PETER DEJONG/AP/DPA ?? Geert Wilders verzichtet auf Ministerpr­äsidenten-Amt.
FOTO: PETER DEJONG/AP/DPA Geert Wilders verzichtet auf Ministerpr­äsidenten-Amt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany