Wilders gibt Hoffnung auf Amt des Ministerpräsidenten auf
Der Rechtspopulist gewann die niederländischen Wahlen. Doch Koalitionsgespräche scheiterten. Nun gibt es Kompromisse – ohne Wilders als Regierungschef.
Tagelang versuchten sie, auf einem Landgut in der niederländischen Provinz eine Last-MinuteEinigung zu finden. Doch auch die Umgebung von Heide, Wald und Wiesen brachte keinen Durchbruch bei den Verhandlungen zwischen den konservativen Parteichefs. Und so musste der Rechtspopulist Geert Wilders seine Hoffnung auf das Spitzenamt in den Niederlanden aufgeben.
Er könne nur Premierminister werden, „wenn ALLE Parteien in der Koalition dies unterstützen. Das war nicht der Fall“, schrieb der 60-Jährige am Mittwochabend auf X. Noch vor wenigen Monaten galt der Radikale als der strahlende Triumphator. Ausgerechnet der „niederländische Donald Trump“, der die Unterstützung für die Ukraine stoppen, Moscheen schließen und den Koran verbieten will, den Austritt der Niederlande aus der EU fordert, wegen Beleidigung von Marokkanern verurteilt wurde und Klimaschutzpolitik als unnötige Hysterie abkanzelt, wurde mit Abstand stärkste Kraft bei der niederländischen Parlamentswahl am 22. November. Die neue Ära aber begann rumplig und die Sondierungsgespräche gestalteten sich schwierig. Vielleicht wird das Ganze auch im Nirgendwo enden, ergo: in Neuwahlen. Genau kann das derzeit keiner vorhersagen, zu kompliziert gestaltet sich die politische Situation. Drei Monate lang rangen Wilders' Ein-Mann-Partei PVV, die konservativ-liberale VVD, die Bauernpartei BBB und der NSC, der Neue Sozialvertrag des früheren Christdemokraten Pieter Omtzigt, um einen Kompromiss, bis der NSCChef die Gespräche platzen ließ. Die Verhandlungen, so kommentierte eine holländische Zeitung, seien von „Gift, Verbalattacken und Klatsch“geprägt gewesen.
Trotz der Differenzen entschieden die potenziellen Partner vor wenigen Tagen, sie würden es noch einmal miteinander versuchen, falls Wilders auf das Amt des Ministerpräsidenten verzichtet. Der Rechtsextreme war gezwungen, nachzugeben, auch wenn er den Schritt in Altruismus verpackte: „Die Liebe zu meinem Land und meinen Wählern ist größer und wichtiger als meine eigene Position“, schrieb er auf X.
Zurück also auf Null. Als wahrscheinliches Szenario gilt nun ein außerparlamentarisches oder technokratisches Kabinett ohne gemeinsames Regierungsprogramm, an das die Partner gehalten wären. Dabei würden die anderen drei Parteivorsitzenden ebenfalls nur im Parlament sitzen, also weder das Amt des Ministerpräsidenten bekleiden noch einen Ministerposten innehaben. Stattdessen könnte das Kabinett mit Experten von außerhalb des Abgeordnetenhauses bestückt werden. Dementsprechend wäre es möglich, dass das Land am Ende einen Regierungschef hat, der weder Mitglied einer Partei noch vom Volk gewählt ist. Wer kommt dafür in Frage? Offenbar wird der Name Kim Putters heiß gehandelt. Der Ex-Politiker ist der Koalitionssondierer, so etwas wie ein neutraler Schlichter, und genießt, obwohl selbst Sozialdemokrat, das Vertrauen aller vier Parteichefs.
Omtzigt sagte, seine Partei sei offen für ein Minderheitskabinett aus PVV, VVD und BBB mit einer Toleranzrolle für den NSC. Tatsächlich käme ihm diese Formation gelegen. Zum einen hätte er die Freiheit, Vorschläge, die zu radikal rechts sind und nicht seinem Programm der Mitte entsprechen, abzulehnen. Zum anderen würde die Kompromissfindung im Parlament transparenter für die Niederländer ausfallen. Omtzigt warb mit seiner für einen neuen Stil in der Politik und präsentierte sich als integrer Politiker, der fleißig für die Interessen der Wähler kämpft. Doch sein Ruf als Hoffnungsträger ist angekratzt. Zwar drang inhaltlich nur wenig von den Koalitionsgesprächen an die Öffentlichkeit, aber wenn, dann stand Omtzigt im Fokus.