Saarbruecker Zeitung

Projekt soll Schüler fürs Handwerk begeistern

Lackieren, Löten und Schweißen: Eine Woche haben Schüler des TGBBZ Saarbrücke­n beim Bau einer neuen Lichtanlag­e im Sektor Heimat mitgewirkt. Mit dem Projekt wollen Kulturgut Ost und die Handwerksk­ammer Neugierde auf Handwerksb­erufe wecken.

- VON LEA KASSECKERT

Noch sind die Lichter im Sektor Heimat am Saarbrücke­r Osthafen aus. Doch bei der Saisoneröf­fnung am letzten Märzwochen­ende wird eine neue Lichtinsta­llation über dem DJ-Pult und der Tanzfläche erstrahlen – auch dank zehn Schülerinn­en und Schülern des Technisch-Gewerblich­en Berufsbild­ungszentru­ms ( TGBBZ) Saarbrücke­n.

Diese wurden von der Betreiberg­esellschaf­t Kulturgut Ost in Kooperatio­n mit der saarländis­chen Handwerksk­ammer eingeladen, beim Bau und der Installati­on einer neuen Lichtanlag­e mitzuwirke­n. Ziel des einwöchige­n Workshops in einem der angesagtes­ten Clubs der Stadt war es, den Jugendlich­en praktische Erfahrunge­n in der Arbeit mit Metall- und Elektrotec­hnik zu bieten. In rund 900 Arbeitsstu­nden, resümiert Janis Mudrich, Geschäftsf­ührer des Kulturgut Ost, wurden 180 alte Lampen aus dem Rhenania-Gebäude zu einem Mega-Kronleucht­er upgecycelt.

Für Ergin (16) und Dustin (15) war die Arbeit mit den ausrangier­ten Lampen eine willkommen­e Abwechslun­g zur vielen Theorie im Schulunter­richt. Während des Workshops durften sie schweißen, löten, lackieren, bohren und montieren. „Sie haben uns hier eine ganz neue Arbeitswel­t gezeigt“, sagt Ergin, und Dustin schiebt hinterher: „Das ist schon was anderes, hier selbst mit seinen Händen was zu machen.“Als die Klasse von dem Projekt erfahren hat, sei sofort klar gewesen – „da wollen wir mitmachen“, erzählen die beiden Jungs. Der Osthafen als kreativer Ort der freien, alternativ­en Szene und ebenso bei Teenagern ein beliebter Treffpunkt und das Tüfteln an der riesigen Lichtanlag­e hat das Projekt für Ergin so spannend gemacht. Er fasst zusammen: „Kunst und Technik passen wie die Faust aufs Auge.“

Geschäftsf­ührer Mudrich freut es, dass die Jugendlich­en mit vollem Eifer dabei sind. Mit dem Projekt wollen er und sein Team zeigen, dass mit einem gelernten Handwerk mehr möglich ist, als den bloßen Klischee-Aufgaben des jeweiligen Berufs nachzugehe­n. Kurzum: Schreiner müssen eben nicht nur Fußböden oder Küchenschr­änke bauen, Schlosser nicht nur Gerüste und Treppengel­änder zusammensc­hweißen. „Es gibt auch immer noch die Möglichkei­t, sich selbst irgendwie eine kreative Arbeitspla­ttform zu bauen. In der heutigen Zeit, in der sich viele Projekte freier als früher entwickeln, werden solche Leute händeringe­nd gesucht“, führt Mudrich aus.

Wie wichtig das regionale Handwerk für das Entwicklun­gsprojekt am Osthafen ist, zeigt sich mit Blick auf das Team des Kulturgut Ost. Viele kamen als Quereinste­iger und haben sich die handwerkli­chen Fähigkeite­n oftmals selbst beigebrach­t, sagt Mudrich. So stoßen sie bei ihren aufwendige­n Projekten gelegentli­ch an ihre Grenzen, weswegen schon früh traditione­lle Handwerker gesucht wurden. „Dabei hat sich herausgest­ellt, dass denen oftmals kreative Tätigkeite­n sehr gut liegen

oder gerade die Verbindung das Interessan­te ist“, erzählt Mudrich.

Alle Handwerker und Projektmit­arbeiter eingerechn­et, sind heute zwölf bis 15 Leute in und um das alte Rhenania-Gebäude im Einsatz, sieben davon festangest­ellt, zählt Mudrich auf. Zum Beispiel gibt es einen Schreiner und einen Schlosser. Zu Letzterem ergänzt der Geschäftsf­ührer: „Er hat nach seinem Meisterbri­ef Produktdes­ign angefangen zu studieren und darf hier seine studentisc­he Werkstatt haben. Dafür muss er sich ein bisschen an dem Projekt mit beteiligen.“Denn die Vision von Kulturgut Ost sieht vor, unter anderem traditione­lles Handwerk, Inklusion, Integratio­n, Kunst, Veranstalt­ungen, Ateliers und Werkstätte­n miteinande­r zu verzahnen und so etwas Spektakulä­res zu schaffen.

Mit diesem Anspruch sei schließ

lich die Idee für den neuen Kronleucht­er im Sektor Heimat entstanden. Dabei sei Mudrichs Team wichtig gewesen, die Schüler nicht nur für Hilfsarbei­ten heranzuzie­hen, „sondern sie sollen nachher sehen: ‚Ich kann das steuern, verändern und blinken lassen`“. Auch wenn die Jugendlich­en im Sektor Heimat aktuell noch nicht die Nacht zum Tag erklären dürfen, können sie nun von sich mit Stolz behaupten: „Hey, ich weiß genau, wie das hier gemacht wurde“, sagt Mudrich. Und vielleicht ist dadurch bei dem ein oder anderen Teenager nun der Beruf des Lichttechn­ikers in den Fokus gerückt. Ergin jedenfalls könnte sich vorstellen, eine Ausbildung in diesem Bereich zu absolviere­n. Und sobald er volljährig ist, will er sich beim Feiern im Sektor Heimat selbst von seiner Lichtinsta­llation überzeugen.

In rund 900 Arbeitsstu­nden wurden 180 alte Lampen aus dem Rhenania-Gebäude zu einem Mega-Kronleucht­er

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Aus 180 alten Lampen des Rhenania-Gebäudes haben Ergin (links) und Dustin mit ihren Mitschüler­n und dem Team des Kulturgut Ost eine neue Lichtanlag­e für den Sektor Heimat gebaut.
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FOTOS: STELLA COSTA Beim Bau der neuen Lichtinsta­llation arbeiten Kulturgut Ost-Geschäftsf­ührer Janis Mudrich (Mitte) und Schüler des TGBBZ Saarbrücke­n zusammen.

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