Ist Fenne ein abgehängter Völklinger Stadtteil?
Ein fehlender Bürgersteig, trotz Verbot durchbrausende Brummis und eine Schutt-Deponie strapazieren die Nerven im oberen Ortsteil.
Ein „abgehängter“Stadtteil? Oder doch nicht? Oder irgendetwas dazwischen? Die Bürgerinitiative (BI) Fenne hatte zu einem Rundgang durch das obere Fenne eingeladen, um auf Probleme aufmerksam zu machen, die den Ort schon eine ganze Weile bewegen: der Schwerlastverkehr, fehlende Bürgersteige und eine Bauschuttdeponie. Der Rundgang verdeutlicht auch, dass „oberes“und „unteres“Fenne – eigentlich „die Fenne“, wie man hier sagt – genau genommen zwei Orte sind, denn Fenne als Ganzes ist durch Schienen und ein Gewerbegebiet mit besagter Deponie zerschnitten. Der Fußweg, der einst beide Teile verbunden hatte, ist schon lange Geschichte.
Ebenfalls Geschichte sind der Boule-Club – nur noch das verwaiste Gelände gibt es – oder die Karnevalsgesellschaft „Fenner Glasspatzen“, deren einstiges Vereinsheim schon unrettbar verfallen ist. Nicht viel besser geht es der früheren Sozialstation und ein paar Baracken der ersten Generation von Gastarbeitern, die mit ihrer Arbeitskraft den Bergbau am Laufen hielten. Und in einer kleinen Gruppe einst schöner alter Wohnhäuser herrscht nun gähnende Leere. Auch die letzte von einst drei Gastwirtschaften musste inzwischen dichtmachen. Der wohl größte Leerstand – und das schon seit gut zehn Jahren – ist die einstige Kirche St. Antonius von Padua. Und ob das nahe der nicht mehr sanierbaren Kirche liegende „Casino“mit seinen benachbarten „Mieträumen“in der ehemaligen Glashütte, 2018
eröffnet, wirklich ein Gewinn für das lokale Geschäftsleben ist, mag jeder für sich entscheiden.
Doch ausschließlich die oben geschilderten Umstände zu sehen, das wäre nur die halbe Wahrheit. Denn es gibt hier auch die schön sanierten, denkmalgeschützten „Glasmacher-Häuser“und etliche weitere gepflegte Wohnhäuser. Vor etwa sechs Jahren hatte sich zudem ein türkischstämmiger Unternehmer ein Herz gefasst, die beiden siebenstöckigen Wohnblöcke am Ortsrand gekauft und gründlich saniert. Auch gibt es einen schönen Spielplatz sowie eine neuere Sozialstation, und ein Unternehmer baut gerade eine kleine Zahl neuer Doppel-Häuser,
eines ist fertig. Zudem lässt es sich hier ruhig wohnen, bei guter Verkehrsanbindung für Autofahrer und immerhin einer Bushaltestelle.
Was jedoch das Zu-Fuß-Gehen betrifft: „Es fehlen etwa 250 Meter Bürgersteig“, schildert BI-Sprecher Uwe Müller. Und wer zu Fuß ins untere Fenne, nach Fürstenhausen oder weiter Richtung Wehrden möchte, dem bleibt faktisch nur dieser Weg durch die untere Hausenstraße und die Straße Am Holzplatz, ergänzt sein BI-Kollege Gerald Fries. Statt eines Bürgersteigs ist hier nur ein Stück der Fahrbahn durch eine weiße Linie für Fußgänger abgetrennt. Und der einstige Sichtschutz am Maschendrahtzaun zur direkt neben der Straße liegenden SchuttDeponie erfüllt seinen Zweck inzwischen kaum noch.
Das Problem mit den dicken Brummis, die trotz Durchfahrverbot für Lkw in die Straße Zum Holzplatz einbiegen und dann unweigerlich durch die schmale Ortsdurchfahrt donnern, wird beim Rundgang ebenfalls deutlich: Der Fahrer eines großen Vierachsers biegt wohl nur deshalb nicht ein, weil gerade die Männer von der BI und die Presse am Fotografieren sind. Mit sächsischem Akzent klagt der junge Fahrer sein Leid: Verfahren, nachdem er vom Navi an einer ungünstigen
Stelle von der Autobahn abgeleitet wurde, und nun keine Ahnung hat, wie er ans nahe Ziel kommen soll. Schließlich kommt ein per Handy herbeigerufener Mitarbeiter des Unternehmens, um ihn durch die erlaubte Straßenführung zu lotsen.
Der Mitarbeiter wird später mit großem Bedauern bestätigen: Es komme immer wieder vor, dass welche von den mindestens 20 Lkw täglich, die das Unternehmen ansteuern, verbotswidrig die Ortsdurchfahrt nehmen – weil sich die sehr oft wechselnden Fahrer verschiedener Speditionen nicht auskennen, oft kaum Deutsch sprechen, und wenn sie nicht mehr weiter wissen, doch mit ihren 20- bis 40-Tonnern die verbotene Strecke nehmen. Der Fenner Paul Breuer, der gerade mit seinem Hund vorbeikommt, schildert, dass er von Lkw-Fahrern, die er auf ihre Fehler aufmerksam machte, auch schon den „Stinkefinger“gezeigt bekommen habe.
Im Gespräch mit Bürgermeister Christoph Sellen sei mal angeregt worden, an der Straßeneinfahrt, ähnlich wie vor manchen Parkhäusern, eine Höhenbegrenzung zu errichten, so dass die dicken Brummis nicht mehr durchkommen – Realisierungsstand? Offen.
In Sachen Bürgersteig gibt es aber eine gute Nachricht, ergab
eine Nachfrage bei der Völklinger Stadtpressestelle: Nachdem die BI zuletzt 2022 eine Eingabe bezüglich des Bürgersteigs gemacht hatte, wurden die Kosten ermittelt und die benötigten Gelder in den Haushalten 2024 und 2025 angemeldet. „Der Haushalt 2024 ist noch nicht genehmigt. Sobald der Haushalt genehmigt ist, wird der Fachdienst Straßen-, Brücken- und Kanalbau einen Planungsauftrag für die gesamte Hausenstraße bis zum Spielplatz in die Wege leiten“, sagt Pressesprecher Sebastian Feß.
Die angesprochene Höhenbegrenzung werde derzeit, nachdem es einen Vor-Ort-Termin gegeben hatte, von der Straßenverkehrsbehörde geprüft. Entscheidend kann dabei die Frage werden, ob eine solche Begrenzung auch ein Hindernis für Feuerwehr-Fahrzeuge sein würde, die ja im Falle eines Falles den Ort schnellstmöglich erreichen müssen.
Zur Schuttdeponie hieß es von der Stadt, dass der Containerdienst Lehnhoff eine entsprechende Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz habe; die Genehmigung sei, obwohl damals von der Stadt abgelehnt, 2010 erteilt worden. Zuständig sei damit das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz (LUA). „Es gab bereits in der Vergangenheit ähnliche Beschwerden, weshalb die Untere Bauaufsichtsbehörde die Situation im März 2022 aufgegriffen hat. Die Firma Lehnhoff teilte der Stadtverwaltung damals mit, dass der Betrieb regelmäßig vom LUA überprüft wird. Die Stadtverwaltung kann das LUA über die neuerlichen Eingaben informieren, sodass dieses tätig wird.“
Unterm Strich: Im Oberen Fenne gibt es ernstzunehmende Baustellen, die der Lösung harren. Endgültig abgehängt? Wohl nicht, aber gerade in einer Zeit steckend, in der sich entscheidet, in welche Richtung die Weichen gestellt werden.