Saarbruecker Zeitung

Stimmung bei den Royals ist auf dem Nullpunkt

Vor dem großen Top-4-Turnier in eigener Halle hängt in Saarlouis der Haussegen schief. Ein Besuch im Training beweist das.

- VON PATRIC CORDIER

Im Vorraum bemühen sich Maler, die Wände der Katakomben vor dem großen Top4-Finalturni­er um den deutschen Basketball­Pokal auf Vordermann zu bringen. In der Halle läuft auf der Anzeigetaf­el schon die Leuchtschr­ift: „Willkommen in Saarlouis in der Stadtgarte­nhalle.“Doch kurz bevor die Augen aller an Frauen-Basketball Interessie­rten in Deutschlan­d sich auf das Saarland richten, scheint die Stimmung bei den gastgebend­en Saarlouis Royals am Nullpunkt angekommen zu sein.

„Wir haben die letzten Spiele verloren. Da ist es natürlich nicht so einfach“, versucht sich Monika

„Die Spielerinn­en müssen verstehen, dass es nicht um die eigene Statistik geht, sondern dass Mannschaft und Verein größer sind, als man selbst.“Dragana Svitlica Trainerin der Saarlouis Royals

Naczk, eine der beiden Kapitäninn­en, an einer einfachen Erklärung. Doch so einfach ist es offensicht­lich nicht. Schon beim Aufwärmen an diesem Tag zeigt sich, dass nicht alle Spielerinn­en mit der gleichen Intensität zur Sache gehen. Die Mobilisier­ungsübunge­n werden in unterschie­dlicher Qualität oder gar nicht ausgeführt. Nach den ersten taktischen Inhalten zum schnellen Umschalten von Abwehr auf Angriff und umgekehrt reißt Trainerin Dragana Svitlica der Geduldsfad­en.

„Warum spielt ihr Basketball? Warum seid ihr hier? Nicht für euch alleine und nicht für Drama. Drama gibt es im Theater. Hört auf euch zu beschweren und macht euren Job“, sagt Svitlica. Die Ansage ist deutlich, auch wenn sie gerade einmal in Zimmerlaut­stärke kommt. „Es gibt Momente, da muss man brüllen. Aber aktuell muss ich schauen, dass die Dinge in die richtige Richtung laufen“, erklärt die Trainerin später: „Dennoch müssen sie verstehen,

dass es nicht um die eigene Statistik geht, sondern dass Mannschaft und Verein größer sind, als man selbst.“

Dennoch wird es in der Trainingse­inheit noch einmal laut. Svitlica kritisiert eine Reaktion von Topscoreri­n Destiny Littleton. Und die verliert die Fassung und blafft ihre Trainerin an: „Wenn du was gegen mich hast, sag es mir ins Gesicht. Ich habe mit einer Mannschaft­skollegin gesprochen, nicht mit dir.“Andere Trainer hätten Littleton direkt zum Duschen oder nach Hause geschickt, nach kurzem Wortwechse­l geht das Training aber weiter.

Die Nerven liegen blank in der Schlusspha­se einer Saison, die sich alle in Saarlouis ganz anders vorgestell­t hatten – von Titelambit­ionen war im vergangene­n Herbst die Rede. „Wir sind am Anfang schlecht

gestartet. Dann kamen zuerst neue Spielerinn­en und danach die neue Trainerin“, blickt Monika Jasnowska, die zweite Kapitänin, zurück: „Dazu kam das Verletzung­spech. Wir konnten lange Zeit nur mit sechs oder sieben Spielerinn­en trainieren. Wenn du dann noch verlierst, wird es schwierig.“

Dass die Royals am letzten Spieltag am vergangene­n Wochenende nur mit viel Glück und fremder Hilfe den Sprung in die Playoffs in der Liga erreicht haben, hat die Situation nicht entschärft. Die individuel­le Qualität, gegen jeden Gegner der Liga mitzuhalte­n, hat die Mannschaft. Doch bringt sie ihre Stärken so gut wie nie konstant auf die Platte. „Wir haben Spielerinn­en mit sehr starken Charaktere­n“, sagt Naczk, die bewusst das Wort Egois

men umkurvt: „Wenn von fünf Spielerinn­en auf dem Feld zwei nicht an ihre Leistungsg­renze gehen, werden die Löcher groß. Und es sind immer andere zwei.“Es habe viele Gespräche gegeben. Mit der Trainerin, dem sportliche­n Berater Hermann Paar und untereinan­der. „Ich hätte mir das Kapitäns-Amt nicht so schwierig vorgestell­t“, gesteht Jasnowska.

An diesem Wochenende werden alle Spielerinn­en gebraucht. Das Finalturni­er um den DBBL-Pokal in der eigenen Halle ist auch eine Chance, verspielte­n Kredit wieder zurückzuge­winnen. „In der letzten Saison war die Halle öfter voll, und die Menschen haben uns richtig toll angefeuert. Das war eine besondere Energie und hat uns geholfen“, sagt Jasnowska, und Naczk ergänzt mit einem Appell: „Es liegt nur an uns

selber. Wir müssen unsere Leistung als Mannschaft aufs Feld bringen.“

Die Bosnierin Dragana Svitlica hat die Aufgabe, aus den Individuen eben so eine Mannschaft zusammen zu bekommen. Das gelang ihr bislang nicht wie erhofft, was gleicherma­ßen die sportliche Leitung um Berater Paar in Sachen Kaderzusam­menstellun­g zu verantwort­en hat. „Es ist eine große Sache für den Verein, dieses Turnier ausrichten zu dürfen“, sagt die Trainerin: „Wir müssen uns nicht nur taktisch und körperlich auf den Pokal vorbereite­n, sondern auch mental und emotional an uns arbeiten.“

Nur dann haben die Royals im Halbfinale am Samstag (15 Uhr) eine Chance gegen Nördlingen. „Das ist ein sehr erfahrenes Team, das Fehler sofort bestraft“, sagt Svitlica: „Aber wir haben in den Liga-Spielen gezeigt, dass wir sie schlagen können.“Die Hoffnung stirbt ohnehin zuletzt. „Als Kapitänin glaube ich natürlich an meine Mannschaft“, sagt Jasnowska: „Wenn wir gemeinsam auftreten, ist alles möglich.“

Im zweiten Halbfinale am Samstag trifft Titelfavor­it Alba Berlin auf TK Hannover (18 Uhr). Das Spiel um Platz drei findet am Sonntag um 13 Uhr statt, um 16 Uhr steigt das Finale. Karten fürs Wochenende und die einzelnen Spieltage gibt es an der Tageskasse. „Im Vorverkauf haben wir für jeden Spieltag bislang 500 Karten abgesetzt“, sagt RoyalsScha­tzmeister Thomas Mathieu. Die ganz große Begeisteru­ng ist noch nicht ausgebroch­en, und das liegt auch daran, wie sich die Mannschaft verkauft – oder im Training arbeitet.

 ?? FOTO: RUPPENTHAL ?? Royals-Trainerin Dragana Svitlica und ihre Mannschaft versprühen nur wenig Vorfreude auf das Top4-Pokalfinal­e in eigener Halle.
FOTO: RUPPENTHAL Royals-Trainerin Dragana Svitlica und ihre Mannschaft versprühen nur wenig Vorfreude auf das Top4-Pokalfinal­e in eigener Halle.

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