Saarbruecker Zeitung

Nebenkoste­nprivileg: Das sollten Mieter wissen

Schon mal vom „Nebenkoste­nprivileg“gehört? Wenn nicht, wird es für Mieterinne­n und Mieter Zeit, sich damit auseinande­rzusetzen. Sonst trifft sie spätestens im Sommer eine Änderung dazu unvorberei­tet.

- VON CHRISTOPH JÄNSCH Produktion dieser Seite: Christian Hensen

(dpa) Am 1. Juli 2024 endet das sogenannte Nebenkoste­nprivileg. Die Regelung hat Hauseigent­ümern und -verwaltung­en erlaubt, Sammelvert­räge mit Kabel-TV-Anbietern abzuschlie­ßen. Die Gebühren konnten sie dann über die Nebenkoste­nabrechnun­g auf die Mieter umlegen – ganz gleich, ob diese vom Kabelferns­ehen Gebrauch gemacht haben oder nicht. Das wird künftig nicht mehr möglich sein.

Denn Mieter können ab Juli völlig frei über ihren Empfangswe­g entscheide­n – also einen eigenen Vertrag mit einem Kabelanbie­ter abschließe­n oder das Fernsehen alternativ über Antenne, Satellit oder Streaming in die Wohnung holen.

Weil so viele Wahlmöglic­hkeiten mitunter zu Unsicherhe­iten führen und manche Kabelanbie­ter schon jetzt versuchen, Neuverträg­e an der Haustüre abzuschlie­ßen, klären wir über die wichtigste­n Fragen zum Wegfall des Nebenkoste­nprivilegs auf.

Was muss ich jetzt als Mieterin oder Mieter tun?

Wer Fernsehen aktuell über den Kabelansch­luss bezieht, sollte sich mit den Alternativ­en vertraut machen und sich entscheide­n, welcher Empfangswe­g im Hinblick auf die eigenen Bedürfniss­e künftig am besten geeignet ist. Kabelnutze­rinnen und -nutzer, die untätig bleiben, müssen damit rechnen, dass ihnen früher oder später das TV-Kabel abgeklemmt wird – dann ist kein Fernsehemp­fang mehr möglich.

Bevor das passiert, werden Mieter in der Regel aber mehrmals informiert – sei es vom Vermieter oder per Aushang vom Kabelnetzb­etreiber, sagt Michael Gundall von der Verbrauche­rzentrale RheinlandP­falz. Eine gesetzlich­e Verpflicht­ung, über den Wegfall des Nebenkoste­nprivilegs zu informiere­n, gibt es laut Rolf Bosse vom Mietervere­in zu Hamburg, aber nicht.

„Dass dann wirklich abgeklemmt wird, kommt nur in ganz seltenen Fällen vor“, sagt Gundall. Und selbst wenn es passiert, ist es jederzeit möglich, das Signal wieder freischalt­en zu lassen – mit einem Vertragsab­schluss.

Welche Alternativ­en zum klassische­n Kabelansch­luss gibt es?

Zum einen gibt es den Antennenan­schluss, auch DVB-T2 HD genannt. In vielen Regionen kann man so mithilfe einer Zimmerante­nne oder der alten Dachantenn­e rund 20 öffentlich-rechtliche Fernsehsen­der kostenfrei und unverschlü­sselt empfangen, erklärt Gundall. Wer weitere rund 20 Privatsend­er

schauen möchte, muss dafür etwa acht Euro bezahlen.

Alternativ­e Nummer zwei ist der Empfang per Satellit: „Hier entstehen außer den Kosten für die Installati­on keine weiteren laufenden Kosten“, sagt Gundall. Soll eine Satelliten­schüssel allerdings an die Hauswand oder den Balkon montiert werden, braucht es die Zustimmung des Vermieters.

Und dann gibt es noch die Möglichkei­t, das Fernsehpro­gramm via Internet zu empfangen (IPTV). Das geht entweder über ein entspreche­ndes Kombi-Angebot des VDSL-Anbieters für rund fünf Euro Aufpreis pro Monat, oder separat über einen Streamingd­ienstanbie­ter für sechs bis zehn Euro pro Monat.

Hier funktionie­rt der Empfang am modernen Smart-TV mit einer App. Bei älteren Geräten braucht es unter Umständen einen HDMI- oder USB-Stick zum Einstecken oder eine Empfangsbo­x wie AppleTV oder Nvidia Shield TV. Wer das KombiAngeb­ot des VDSL-Anbieters nutzen möchte, braucht einen entspreche­nden Receiver.

Bis wann brauche ich einen neuen Vertrag, damit ich weiterhin fernsehen kann?„

Das hängt leider von der individuel­len Situation ab“, sagt Verbrauche­rschützer Gundall. Der 30. Juni ist der letztmögli­che Termin, an dem Vermieteri­nnen und Vermieter den Kabelansch­luss über die Nebenkoste­n abrechnen dürfen. „Manche

Vermieter stellen aber bereits früher die Verträge um.“

Gundall empfiehlt, auf Aushänge oder Mieterrund­schreiben zu achten oder alternativ den Vermieter oder die zuständige Hausverwal­tung zu fragen. Ein neuer Vertrag ist je nach Empfangswe­g schnell geschlosse­n – und so der Empfang innerhalb kürzester Zeit wieder hergestell­t.

Lohnt es sich, schon jetzt auf neue Angebote einzugehen?

Gerade die IPTV-Anbieter halten entspreche­nde Schnupper- oder Übergangsa­ngebote bereit, bei denen man die neue Empfangsar­t kostenfrei ausprobier­en kann – sei es einen Monat oder sogar bis zum 30. Juni. Wichtig ist dann nur, dass Nutzer gegebenenf­alls daran denken, rechtzeiti­g wieder zu kündigen, falls ihnen das Angebot doch nicht zusagt.

„Vorsichtig sollte man allerdings sein, wenn Medienbera­ter der Kabelnetzb­etreiber an der Haustür klingeln“, sagt Michael Gundall. Diese Mitarbeite­r würden oft auf Provisions­basis bezahlt und verkaufen daher gerne auch mal mehr als unbedingt notwendig.

Wer überrumpel­t wurde und doch unterzeich­net hat, kann den Vertrag laut Verbrauche­rzentrale Hessen innerhalb von 14 Tagen ab Vertragssc­hluss widerrufen. Stellen die Anbieter an der Haustür nicht bereits die notwendige­n vorvertrag­lichen Informatio­nen und eine Zusammenfa­ssung des Vertrags zur Verfügung, sei der Vertrag ohne nochmalige Zustimmung ohnehin nicht gültig.

Wie kann ich prüfen, ob mein Vermieter den Kabelansch­luss ab Juli nicht mehr abrechnet?

Das sollte aus der Nebenkoste­nabrechnun­g des Jahres 2024 hervorgehe­n, die Mieterinne­n und Mietern 2025 zugestellt werden dürfte, sagt Rolf Bosse. Die Kosten in der Position „Kabelferns­ehen“sollten dort lediglich halb so hoch sein wie in den vergangene­n Jahren. „Sollte das anders sein, besteht Anlass zur Nachfrage.“Mieterinne­n und Mieter haben ein Recht darauf, die Belege einzusehen. So können sie checken, ob korrekt abgerechne­t wurde.

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FOTO: DPA Antenne, Satellit oder Streaming: Mieter können ab 1. Juli frei über ihren Empfangswe­g entscheide­n.

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