Ohne Klimaschutz kein Wohlstand
Ziel und den bisherigen Maßnahmen eine riesige Lücke von 1100 Millionen Tonnen CO2 klaffte. „Jetzt sind wir mit der Projektion bis 2030 unterhalb der Zielvorgabe, die im Klimaschutzgesetz steht“, sagte Habeck.
Dabei fallen die Projektionen für einzelne Sektoren sehr unterschiedlich aus. Während die Energiewirtschaft, Industrie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft ihre Ziele sogar übertreffen könnten, bleiben die Bereiche Verkehr und Gebäude hinter den Zielen zurück. „Im Zentrum des Erfolges 2023 steht der Energiesektor“, so UBA-Präsident Messner. Treiber für die rückläufigen Emissionen sei allen voran der Ausbau der Erneuerbaren Energien. 2023 habe es wegen der Wirtschaftsflaute eine geringere Nachfrage gegeben. Laut Messner zeigte sich im Projektionsbericht aber auch, „dass wir auch bei einer Wachstumsrate von 1,4 Prozent in Bezug auf die Treibhausgaseinsparung im Energiesektor erfolgreich sein können.“Daneben habe die Umstellung von der Kohleauf die Gasenergieproduktion einen Effekt gehabt. *
Die Berechnungen des UBA beruhen auf Annahmen, die zum Teil schon überholt sind. So wurden nur Daten bis Oktober 2023 berücksichtigt. Die Kürzungen im Klima- und Transformationsfonds, die nach dem Haushalts-Urteil des Verfassungsgerichts im November notwendig wurden, sind in der Projektion also noch nicht berücksichtigt. Umgekehrt flossen in die Berechnungen auch aus KlimaschutzSicht ungünstigere Annahmen ein. So kalkulierte das UBA noch mit einem Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent für das laufende Jahr, auch wenn die Prognose inzwischen auf ein Wachstum von nur noch 0,2 Prozent abgesenkt wurde.
Habeck räumte ein, dass es im vergangenen Jahr kein ausreichendes Wachstum gegeben habe – es lag bei minus 0,3 Prozent. Für die kommenden Jahre aber gehe man wieder „von stabilen Wachstumsraten, von einer produzierenden Wirtschaft“aus. Die UBA-Projektion habe sogar höhere
Wachstumsraten einkalkuliert als derzeit angenommen. „Wir zeigen damit, dass Klimaschutz und Wertschöpfung, Wachstum, Produktion und eine klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft zusammengehen und zusammengehören können“, sagte Habeck.
Aus der Opposition waren ganz andere Töne zu hören. So sieht Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) in den sinkenden Treibhausgasemissionen keinen Erfolg der Bundesregierung und von Klimaminister Habeck. „Die Emissionen sinken, weil die Wirtschaft schrumpft und Industrie abwandert. Das als Erfolg zu verkaufen, ist schon eine neue Form der Dreistigkeit“, sagte Spahn unserer Redaktion. Zugleich betonte der Wirtschaftspolitiker, ohne Wachstum werde man keine der großen Herausforderungen finanzieren können. „Diese Bundesregierung verstößt wissentlich und willentlich gegen das geltende Klimaschutzrecht“, sagte Spahn.
Gemeckert ist schneller als gelobt. Positive Nachrichten schlagen meist nicht immer so durch wie negative. Erst recht nicht, wenn sie auf das Konto der Ampel einzahlen, die schwer in Verruf geraten ist. Doch bei der jüngsten Entwicklung der Treibhausgasemissionen muss man festhalten: Der eingeschlagene Kurs ist richtig. Deutschland kann seine Klimaziele bis 2030 einhalten, wenn dieser Pfad weiter eingehalten wird. Das ist ein Signal, das zuversichtlich stimmt. Und es sollte nicht durch haltlose Unkenrufe schlechtgeredet werden, dass die Dekarbonisierung zur vermeintlichen Deindustrialisierung des Landes führe.
Nun ist die Lage komplexer, denn die Klimafortschritte fallen in einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich aus. Im Energiebereich schreitet der Ausbau der Erneuerbaren voran, deren Anteil beim Strom lag 2023 immerhin bei 52 Prozent, die Kohleverstromung geht zurück. Auch für den grünen Umbau der Industrie werden immer mehr Weichen gestellt.
Das vergeigte Heizungsgesetz hat dem Gebäudesektor einen Bärendienst erwiesen. Denn Klimaschutz darf eben nicht dazu führen, dass bei Menschen das Gefühl entsteht, es werde zwangsweise in den Privatbereich eingegriffen und etwa alte Heizungen aus dem Keller gerissen. Andersherum wird ein Schuh daraus: Nur mit mehr Klimaschutz können wir Wohlstand und Freiheit sichern.