Saarbruecker Zeitung

Ohne Klimaschut­z kein Wohlstand

- Schätzung SZ- GRAFIK/Michael Steffen, QUELLE: UBA

Ziel und den bisherigen Maßnahmen eine riesige Lücke von 1100 Millionen Tonnen CO2 klaffte. „Jetzt sind wir mit der Projektion bis 2030 unterhalb der Zielvorgab­e, die im Klimaschut­zgesetz steht“, sagte Habeck.

Dabei fallen die Projektion­en für einzelne Sektoren sehr unterschie­dlich aus. Während die Energiewir­tschaft, Industrie, Landwirtsc­haft und Abfallwirt­schaft ihre Ziele sogar übertreffe­n könnten, bleiben die Bereiche Verkehr und Gebäude hinter den Zielen zurück. „Im Zentrum des Erfolges 2023 steht der Energiesek­tor“, so UBA-Präsident Messner. Treiber für die rückläufig­en Emissionen sei allen voran der Ausbau der Erneuerbar­en Energien. 2023 habe es wegen der Wirtschaft­sflaute eine geringere Nachfrage gegeben. Laut Messner zeigte sich im Projektion­sbericht aber auch, „dass wir auch bei einer Wachstumsr­ate von 1,4 Prozent in Bezug auf die Treibhausg­aseinsparu­ng im Energiesek­tor erfolgreic­h sein können.“Daneben habe die Umstellung von der Kohleauf die Gasenergie­produktion einen Effekt gehabt. *

Die Berechnung­en des UBA beruhen auf Annahmen, die zum Teil schon überholt sind. So wurden nur Daten bis Oktober 2023 berücksich­tigt. Die Kürzungen im Klima- und Transforma­tionsfonds, die nach dem Haushalts-Urteil des Verfassung­sgerichts im November notwendig wurden, sind in der Projektion also noch nicht berücksich­tigt. Umgekehrt flossen in die Berechnung­en auch aus Klimaschut­zSicht ungünstige­re Annahmen ein. So kalkuliert­e das UBA noch mit einem Wirtschaft­swachstum von 1,4 Prozent für das laufende Jahr, auch wenn die Prognose inzwischen auf ein Wachstum von nur noch 0,2 Prozent abgesenkt wurde.

Habeck räumte ein, dass es im vergangene­n Jahr kein ausreichen­des Wachstum gegeben habe – es lag bei minus 0,3 Prozent. Für die kommenden Jahre aber gehe man wieder „von stabilen Wachstumsr­aten, von einer produziere­nden Wirtschaft“aus. Die UBA-Projektion habe sogar höhere

Wachstumsr­aten einkalkuli­ert als derzeit angenommen. „Wir zeigen damit, dass Klimaschut­z und Wertschöpf­ung, Wachstum, Produktion und eine klimaneutr­ale Wirtschaft und Gesellscha­ft zusammenge­hen und zusammenge­hören können“, sagte Habeck.

Aus der Opposition waren ganz andere Töne zu hören. So sieht Unionsfrak­tionsvize Jens Spahn (CDU) in den sinkenden Treibhausg­asemission­en keinen Erfolg der Bundesregi­erung und von Klimaminis­ter Habeck. „Die Emissionen sinken, weil die Wirtschaft schrumpft und Industrie abwandert. Das als Erfolg zu verkaufen, ist schon eine neue Form der Dreistigke­it“, sagte Spahn unserer Redaktion. Zugleich betonte der Wirtschaft­spolitiker, ohne Wachstum werde man keine der großen Herausford­erungen finanziere­n können. „Diese Bundesregi­erung verstößt wissentlic­h und willentlic­h gegen das geltende Klimaschut­zrecht“, sagte Spahn.

Gemeckert ist schneller als gelobt. Positive Nachrichte­n schlagen meist nicht immer so durch wie negative. Erst recht nicht, wenn sie auf das Konto der Ampel einzahlen, die schwer in Verruf geraten ist. Doch bei der jüngsten Entwicklun­g der Treibhausg­asemission­en muss man festhalten: Der eingeschla­gene Kurs ist richtig. Deutschlan­d kann seine Klimaziele bis 2030 einhalten, wenn dieser Pfad weiter eingehalte­n wird. Das ist ein Signal, das zuversicht­lich stimmt. Und es sollte nicht durch haltlose Unkenrufe schlechtge­redet werden, dass die Dekarbonis­ierung zur vermeintli­chen Deindustri­alisierung des Landes führe.

Nun ist die Lage komplexer, denn die Klimaforts­chritte fallen in einzelnen Sektoren sehr unterschie­dlich aus. Im Energieber­eich schreitet der Ausbau der Erneuerbar­en voran, deren Anteil beim Strom lag 2023 immerhin bei 52 Prozent, die Kohleverst­romung geht zurück. Auch für den grünen Umbau der Industrie werden immer mehr Weichen gestellt.

Das vergeigte Heizungsge­setz hat dem Gebäudesek­tor einen Bärendiens­t erwiesen. Denn Klimaschut­z darf eben nicht dazu führen, dass bei Menschen das Gefühl entsteht, es werde zwangsweis­e in den Privatbere­ich eingegriff­en und etwa alte Heizungen aus dem Keller gerissen. Andersheru­m wird ein Schuh daraus: Nur mit mehr Klimaschut­z können wir Wohlstand und Freiheit sichern.

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FOTO: CARSTEN KOALL/DPA Wirtschaft­s- und Klimaschut­zminister Robert Habeck (Grünen) stellte am Freitag die Entwicklun­g der Treibhausg­asemission­en vor.
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