Saarbruecker Zeitung

„Mir wurde ein zweites Leben geschenkt“

-

Alexander Schreider erlitt einen Herzinfark­t. Seine Frau wählte den Notruf. Dank eines neuen Alarmierun­gssystems per App steht keine Minute später ein Ersthelfer in der Tür. Schreider wird reanimiert, überlebt – und ist seinen Rettern nach fünf Tagen im Koma unglaublic­h dankbar. Eine Geschichte, die ans Herz geht.

über ihr Smartphone geortet und alarmiert.

So war es auch am 25. Februar, Schreiders zweitem Geburtstag. Der 61-Jährige ist an diesem Sonntagabe­nd gerade im Bad, als er plötzlich zusammensa­ckt und auf den Boden knallt. Seine Frau Ljudmila wählt sofort den Notruf 112. In der Leitstelle geht der Anruf um 21.13 Uhr ein, um 21.15 Uhr werden ein Rettungswa­gen und der Notarzt losgeschic­kt. Im Arztbrief wird später stehen, dass Schreider einen „präklinisc­hen Herzkreisl­aufstillst­and“und einen „kardiogene­n Schock“hatte. Einen Herzinfark­t.

Zeitgleich mit der Alarmierun­g des Rettungsdi­enstes aktiviert der Mitarbeite­r der Leitstelle, der den Notruf entgegenni­mmt, die Saarretter-App. Drei registrier­te Ersthelfer befinden sich in der Nähe und werden informiert. Nachbar Mathias Kasper, Mitarbeite­r des Malteser-Hilfsdiens­tes, ist um 21.17 Uhr vor Ort, keine Minute nach dem Alarm, und beginnt mit der Herzdruckm­assage. „Ich wollte gerade

Fußball schauen und saß auf der Couch. Als der Alarm losging, habe ich die Schuhe angezogen und bin sofort los“, berichtet er. Zwei weitere Saarretter, unter anderem Dominic Huff, ein Mitarbeite­r der DRK-Rettungswa­che Völklingen, treffen kurz darauf ein, zu dritt kümmern sie sich um den Mann in Not. Um 21.25 Uhr trifft der Rettungsdi­enst ein.

Nach 25 Minuten Reanimatio­n und viermalige­r Defibrilla­tion schlägt das Herz wieder. Intubiert und beatmet bringt Notärztin Dr. Clara Braun den Patienten mit ihrem Rettungste­am in den Schockraum der Zentralen Notaufnahm­e im Klinikum Saarbrücke­n, wo Intensivme­diziner und Oberarzt Dr. Axel Böcking die weitere Versorgung übernimmt.

Diagnostiz­iert wird ein Gefäßversc­hluss, den Oberarzt Shahin Khoshkish zu beheben versucht.

Weil der Verschluss schon weit fortgeschr­itten ist und seit längerer Zeit besteht, gelingt es erstmal nicht, das verschloss­ene Gefäß wiederzuer­öffnen. Nach mehreren Tagen auf der Intensivst­ation stabilisie­rt sich der Zustand des Patienten aber rasch. Die Experten entscheide­n sich gemeinsam mit dem wachen Patienten für die Implantati­on eines Defibrilla­tors unter der Haut.

„Sie haben großes Glück gehabt“, sagt ZRF-Geschäftsf­ührer Timm Mathis zum Patienten. „Der Saarretter hat Ihnen das Leben gerettet, das können wir mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit sagen. Vor zwei Wochen waren Sie noch reanimatio­nspflichti­g und jetzt stehen Sie auf zwei Beinen vor uns. Ihre Geschichte berührt uns alle sehr. Das System Saarretter hat hier unter Beweis gestellt, wofür sich die Investitio­n, die Arbeit und das Engagement aller Beteiligte­n gelohnt hat.“

Einige Zeit wird der 61-Jährige zur Regenerati­on noch brauchen, auch wenn durch das beherzte Handeln aller Beteiligte­n wenig Einschränk­ungen zurückgebl­ieben sind. „Je schneller ein Patient oder eine Patientin nach einem Herzkreisl­aufstillst­and reanimiert wurde, desto effektiver können wir im Krankenhau­s arbeiten und desto besser sind die Erfolgsaus­sichten“, sagt Kardiologe Koshkish.

Dass noch nicht alles rund läuft, hat Schreider einige Tage nach dem Wachwerden bemerkt, als er mit Sudoku-Rätseln sein Gehirn trainieren wollte: „Irgendwann merkte ich, dass der Stift in meiner linken Hand war und ich nicht schreiben konnte – logisch, denn ich bin eigentlich Rechtshänd­er“, sagt er und kann darüber schon schmunzeln.

Alexander Schreider ist seinen Rettern unglaublic­h dankbar, dass er sein dreijährig­es Enkelkind weiter aufwachsen sehen und seine drei erwachsene­n Kinder auf ihrem Lebensweg begleiten darf. „Ich bin sicher kein Heiliger“, sagt er, „auch bei uns gibt es wie in den meisten Familien auch mal Streit. Aber wenn wir uns brauchen, sind wir füreinande­r da, das ist doch klar. Wichtig ist mir jetzt meine Familie“.

Und die ist jetzt noch um einiges größer geworden: Beim Treffen mit allen seinen Lebensrett­ern auf dem Winterberg – auch dem Ersthelfer Mathias Kasper – schaut er in die Gesichter und sagt: „Wir sind jetzt eine ganz große Familie.“

 ?? FOTO: KRISTIN SCHÄFER/KLINIKUM SAARBRÜCKE­N ?? Patient Alexander Schreider (rechts) mit Ersthelfer Mathias Kasper, der über die Saarretter-App alarmiert wurde und keine Minute später mit der Reanimatio­n begann.
FOTO: KRISTIN SCHÄFER/KLINIKUM SAARBRÜCKE­N Patient Alexander Schreider (rechts) mit Ersthelfer Mathias Kasper, der über die Saarretter-App alarmiert wurde und keine Minute später mit der Reanimatio­n begann.

Newspapers in German

Newspapers from Germany