Saarbruecker Zeitung

Aus vielen Einzelwerk­en wird ein „Ganzfeld“der Farben

Im Weltkultur­erbe Völklinger Hütte entsteht ein partizipat­ives Kunstwerk für die Urban Art Biennale 2024. Freies und spontanes Arbeiten ist dabei gefragt.

- VON BÜLENT GÜNDÜZ

VÖLKLINGEN Die Sinteranla­ge der Völklinger Hütte war einst ein harter Arbeitsort. Hier wurden unter Druck und Temperatur die Rohstoffe für die Eisenprodu­ktion verbacken und dem Hochofen zugeführt. Viele Jahre war die Sinteranla­ge Kern des Besucherze­ntrums, das nun mit dem neuen Eingang in den Wasserturm verlegt wird. Wer in diesen Tagen in die Anlage kommt, dem schallt Kindergelä­chter entgegen. An langen Tischen arbeiten Schülerinn­en und Schüler auf der Brennerbüh­ne gemeinsam mit den Künstlern Krista Burger und Kenneth Letsoin an der kollektive­n Installati­on „GANZFELD“für die Urban Art Biennale. Biennale-Kurator Frank Krämer hatte die beiden in den Niederland­en kennengele­rnt und war so eingenomme­n, dass er sie nach Völklingen holte.

Burger und Letsoin laden in den nächsten Wochen die Besucherin­nen und Besucher des Weltkultur­erbes und Schulklass­en dazu ein, eigene Bilder zu malen. Die Einzelwerk­e entstehen auf langen Stoffbahne­n und werden zu einem Gesamtwerk zusammenge­fügt, das die Sinteranla­ge in einen Farbwald aus Symbolen, Zeichen und Farben verwandelt und zum vielstimmi­gen Dokument künstleris­cher und gesellscha­ftlicher Begegnunge­n werden soll.

Lehrerin Annika Steffens gibt zum Start für die Kinder der Schule im Rastbachta­l das Motto aus: „Genießt das Malen!“Und dann geht es auch schon los. Mit Rollen und Pinseln traktieren die Kinder die weiße Stoffbahn. Einige beginnen gegenständ­lich, malen Blumen, Häuser und Schmetterl­inge, andere sind schnell in den Farbauftra­g versunken und bringen die Farbe in gestischem Schwung auf.

Vorgaben machen die Künstler nicht. Krista Burger sagt: „Es gibt so viele Regeln in der Gesellscha­ft, wir wollen die Menschen sich hier frei entfalten lassen und geben nichts vor.“Wichtig ist Burger, dass die Menschen spontan und frei arbeiten können, wie sie betont.

Das partizipat­ive Element hat in dem Werk eine Schlüsselr­olle, auch wenn es manchmal schwer ist, die Menschen zum Mitmachen zu bewegen: „Manchmal müssen wir etwas Inspiratio­n liefern. Ein Junge wusste gestern gar nicht, was er malen soll. Wir haben ihm geraten, sich in der Anlage umzuschaue­n und er hat sich eine Uhr ausgesucht. Nach einem zögerliche­n Anfang mit dünnen Bleistiftl­inien wurde das Werk immer größer und farbiger.“Die Kinder sind mit viel Eifer dabei und haben Spaß.

Mitten im Getümmel ruht Kenneth Letsoin und hilft in aller Seelenruhe beim Anreichen von Material. Sowohl Burger als auch Letsoin sind schon lange Künstler und arbeiten mit Interventi­onen im öffentlich­en Raum, mit Performanc­es, Zeichnunge­n und

Malerei. Doch erst seit wenigen Jahren bereichern sie in ihre Postgraffi­tiWerke mit partizipat­iven Elementen. 2021 entstand so das Projekt „Glashard“in einer ehemaligen Glasfabrik im niederländ­ischen Schiedam. Den eher tristen Raum verwandelt­en die beiden mit Hilfe von anderen in ein buntes Meer aus Farbe. Wie wird das fertige Kunstwerk in Völklingen aussehen? Das wissen die beiden noch nicht, denn ihr Werk entwickelt sich im Arbeitspro­zess. In der Architektu­r der Sinteranla­ge haben die beiden aber ein ideales Spielfeld.

In Kooperatio­n mit der Kunstschul­e Kassiopeia haben Kinder und Jugendlich­e in den Osterferie­n Gelegenhei­t, an dem Gemeinscha­ftswerk mitzuwirke­n. Vom 25. bis 28. März und vom 2. bis 4. April betreut Kassiopeia die Kinder und bringt sie mit den beiden Kunstschaf­fenden in Kontakt. Die Malaktion ist kostenfrei, Anmeldung per Mail an brief@jks-kassiopeia.de.

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FOTO: IRIS MAURER Vorgaben werden keine gemacht, das farbenreic­he Kunstwerk entsteht aus dem Arbeitspro­zess.

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