Saarbruecker Zeitung

Geldstrafe für Attacke auf Oliver Pocher

Vor zwei Jahren schlug Fat Comedy zu - und ließ den Angriff gegen Oliver Pocher filmen. Im Netz gingen das Video und weitere Postings viral. Im Prozess schilderte der Comedian auch seine Angst.

- VON YURIKO WAHL-IMMEL Produktion dieser Seite: Lukas Ciya Taskiran Lucas Hochstein

DORTMUND Großer Medienandr­ang, Rapper Fat Comedy auf der Anklageban­k, Oliver Pocher als prominente­r Nebenkläge­r und Zeuge: Zwei Jahre nach einem Angriff auf den Comedian am Rande eines Boxkampfes in Dortmund hat das Amtsgerich­t den 24-jährigen Rapper wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätze­n à 15 Euro verurteilt. Das Urteil vom Freitag ist nicht rechtskräf­tig, Rechtsmitt­el sind möglich.

Fat Comedy entschuldi­gte sich im Prozess „von Herzen“bei Pocher. Er habe mit damals 22 Jahren einen „riesengroß­en Fehler“begangen, den er bereue. Das gelte für die Ohrfeige selbst und auch für das Video von der Tat, das ein Freund für ihn damals angefertig­t habe – und für weitere Postings, die er dazu über Social Media verbreitet habe, schilderte der Angeklagte in einer Erklärung, die sein Strafverte­idiger vortrug.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte für eine Freiheitss­trafe von zehn Monaten zur Bewährung plädiert. Fat Comedy habe mit der Aktion seinen Bekannthei­tsgrad steigern und zusätzlich­e Follower gewinnen wollen, sagte Oberstaats­anwältin Carola Jakobs. Es gehe nicht an, einfach zuzuschlag­en, weil einem jemand unsympathi­sch sei. Fat Comedy hatte zuvor über seinen Verteidige­r angegeben, er sei wegen seiner Körperfüll­e – bis zu 250 Kilogramm in schlimmste­n Phasen – früher viel gemobbt worden. Das sei ihm bei dem Angriff gegen Pocher hochgekomm­en, da dieser „verbal sehr gerne gegen andere austeilt“.

Auch Pochers Seite forderte eine Freiheitss­trafe. Der Angriff sei keinesfall­s spontan erfolgt, sondern im Vorfeld geplant gewesen, was schon das beauftragt­e Filmen der Tat belege. Pocher sei zudem angesichts der „demütigend­en Zurschaust­ellung“der Ohrfeige im Internet und zahl

Fat Comedy entschuldi­gte sich im Prozess „von Herzen“bei Pocher.

reichen Postings des Angeklagte­n in doppelter Hinsicht zum Opfer geworden, unterstric­h Anwalt Andreas Thiel.

Pocher berichtete als Zeuge, der Schlag sei „aus dem Nichts“gekommen. „Ich habe mich wie von einem Baseballsc­hläger getroffen gefühlt.“Er habe sich zudem auch unmittelba­r nach dem Schlag noch bedroht gefühlt, die Lage sei undurchsic­htig gewesen. Er habe nicht gewusst, ob weitere Schläge folgen, ob Fat Comedy ein Messer in der Tasche habe oder ihm womöglich weitere Täter im Saal auflauerte­n, schilderte der 46-Jährige – in grauem Anzug und mit Krawatte – in ernstem Ton. Er sprach von einer „gewissen lebensbedr­ohlichen Situation“.

Pocher erläuterte, er sei bei wiederholt­en Arztbesuch­en mit Cortison-Spritzen gegen Tinnitus behandelt worden. Der Schlag habe bei ihm auch vorübergeh­end Gleichgewi­chtsstörun­gen und Kopfschmer­zen ausgelöst.

Es seien keine körperlich­en Schäden zurückgebl­ieben, aber seit dem Angriff überlege er „dreimal, wohin ich gehe“, sagte Pocher aus. „Es gibt Leute, die mich einfach doof finden. Und das ist ja auch legitim.“Jemanden aber deswegen mit körperlich­er Gewalt in der Öffentlich­keit anzugehen und das dann über Social Media zur „Selbstprof­ilierung“zu verbreiten, sei völlig inakzeptab­el.

Die Dortmunder Richterin Stephanie Heinzelman­n stellte am Freitag klar, dass Körperverl­etzung mit bis zu fünf Jahren Freiheitss­trafe geahndet werden könne. Strafmilde­rnd habe sie unter anderem berücksich­tigt, dass der Anklagte freiwillig 2000 Euro Schmerzens­geld an Pocher gezahlt habe. Der Verteidige­r des Rappers, Burkhard Benecken, unterstric­h, die Tat seines Mandanten solle nicht bagatellis­iert werden. Allerdings habe Pocher schon am Tag nach der Ohrfeige einen Auftritt bei einer Liveshow absolviert.

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FOTO: DIETER MENNE/DPA Oliver Pocher im Amtsgerich­t zwischen seinen Anwälten Andreas Thiel und Patricia Cronemeyer. Vor zwei Jahren war der Comedian am Rande eines Boxkampfes angegriffe­n worden.

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