Saarbruecker Zeitung

Polizistin will deutschen Pi-Rekord verteidige­n

Eine Frankfurte­rin kann stundenlan­g Nachkommas­tellen der Kreiszahl Pi auswendig aufsagen. Sie ist deutsche Nummer 1 in der Disziplin. Bei einem Wettbewerb in Emden will sie nun ihren Titel verteidige­n.

- VON ISABELL SCHEUPLEIN UND LENNART STOCK

EMDEN/FRANKFURT (dpa) Tausende Zahlen kann Susanne Hippauf auswendig aufsagen: Sie hält den deutschen Rekord im Pi-Memorieren. Dabei sagt man die Nachkommas­tellen der Kreiszahl Pi auf, deren Anzahl bis ins Unendliche geht. Die 42-Jährige kam im vergangene­n Jahr bei einem Wettbewerb auf 15 637 Stellen, die sie fehlerfrei aneinander reihte – das war der deutsche Titel. Fast drei Stunden brauchte sie dafür. An diesem Wochenende will die Frankfurte­r Polizistin bei einem erneuten Pi-Wettbewerb im ostfriesis­chen Emden ihren Titel verteidige­n.

Mehrere Konkurrent­en wollen antreten und Susanne Hippauf den deutschen Titel streitig machen, wie Organisato­r Jan van Koningsvel­d sagt. Die Veranstalt­ung findet jedes Jahr rund um den weltweiten Pi-Tag statt, den 14. März. Dieser bildet nach der amerikanis­chen Datumsschr­eibweise die Kreiszahl

Pi mit den ersten beiden Nachkommas­tellen: 3-14.

„Der Wettbewerb ist so ziemlich einmalig“, sagt van Koningsvel­d. In Deutschlan­d gebe es nichts Vergleichb­ares, und auch in Europa sei ihm nichts bekannt. Die kleine Szene der Pi-Memorierer kenne er gut – auch weil er nach eigenen Angaben die Pi-Weltrangli­ste im Internet führt. Um in der Liste geführt zu werden, muss das Memorieren unter anderem von mindestens zwei Zeugen bestätigt werden. Bei mehr als 10 000 Stellen muss zusätzlich ein akademisch­er oder wissenscha­ftlicher Zeuge die Leistung bestätigen. Das Ziel sei es, eine möglichst genaue Liste zu erstellen, heißt es auf der Website. In 20 Jahren seien rund 2800 Einträge zusammenge­kommen. „Klar, man kann das als Spaß sehen“, sagt van Koningsvel­d. „Diejenigen, die aber so viele Stellen lernen, die machen das als Sport und für den muss man auch trainieren.“Die Polizei-Hauptkommi­ssarin Hippauf aus Frankfurt am Main ist ausweislic­h dieser Weltrangli­ste auch weltweit die beste

Frau im Pi-Memorieren, den Weltrekord hält demnach ein Mann aus Indien mit mehr als 70 000 Stellen. Es folgen zunächst ausschließ­lich Männer, Hippauf steht auf Platz 18.

Die 42-Jährige trainiert seit Januar intensiv für den Wettbewerb an diesem Freitag und Samstag. Sie hat auf 18 000 Nachkommas­tellen erhöht, berichtet sie. Beim Lernen bedient sich die Polizistin der sogenannte­n Loci-Technik, bei der mit den Zahlen Orte und Personen verknüpft werden – „loci“bedeutet auf Lateinisch „Orte“. In ihrem Fall sind dies wunderschö­ne Plätze auf der ganzen Welt, denn Reisen gehört zu den Hobbys von Hippauf.

In die von ihr erdachte Gedächtnis-Route hat die Polizistin auch viele Prominente eingebaut: etwa Kai Pflaume, den sie bei einem wunderschö­nen Sonnenaufg­ang am Tafelberg in Südafrika trifft, und den Mann von Ex-Kanzlerin Angela Merkel, Joachim Sauer, der auf der Insel Lanzarote auftaucht. Auch Harry Potter spielt in ihrem erdachten Zahlen-Universum eine Rolle. So mache das Pi-Memorieren richtig Spaß, sagt die 42-Jährige.

Wettbewerb­s-Organisato­r van Koningsvel­d sagt, da sich in diesem Jahr so viele Gedächtnis­künstler wie noch nie zu dem kleinen Wettstreit angemeldet hätten, müsse das Orga-Team erweitert werden. Zu der 7. Ausgabe haben demnach mehr als 30 Teilnehmer­innen und Teilnehmer zugesagt. Sie kommen aus Dänemark, Norwegen, Österreich und der ganzen Bundesrepu­blik. Die Zahlenkolo­nnen werden vor Zeugen aufgesagt, die die Leistung bestätigen müssen.

Insgesamt wollten drei Teilnehmer den deutschen Rekord brechen. Möglicherw­eise könne es auch einen Europareko­rd geben. Aber ob es wirklich so komme, müsse abgewartet werden. „Wenn die Hälfte davon zustande kommt, ist das schon eine tolle Sache.“Dass immer neue Rekorde aufgestell­t werden, sei überhaupt nicht selbstvers­tändlich, sagt van Koningsvel­d, der selbst mehrfacher Weltmeiste­r im Kopfrechne­n war. „Weil das eine RiesenKonz­entrations­leistung ist.“Für das Pi-Memorieren gebe es verschiede­ne Möglichkei­ten, berichtet van Koningsvel­d. Manche teilten die Nachkommas­tellen in Fünferblöc­ke auf und dächten sich Bilder hinein – der zweite Fünferbloc­k von Pi lautet etwa 26535. „Das ist eine Postleitza­hl von Norderney, dann habe ich Norderney im Kopf“, sagt van Koningsvel­d. Andere wendeten auditive Techniken an und merkten sich Melodien und die Aussprache. Am Ende sei jede Menge Kreativitä­t gefragt – das sei in jedem Alter möglich. „Das kann jeder“, sagt van Koningsvel­d. „Ich erlebe es immer wieder, dass Leute es ausprobier­en und dachten, sie könnten es nicht. Dann sind sie voller Begeisteru­ng und hören nicht wieder auf.“

So ging es auch der Frankfurte­r Polizistin Hippauf. Ihren ersten deutschen Rekord errang sie 2018. „Ich hatte ein Buch über Gedächtnis­techniken gelesen und konnte mir relativ schnell viel merken, das hat mir total Spaß gemacht“, sagt sie über den Beginn ihres ungewöhnli­chen Hobbys.

„Diejenigen, die aber so viele Stellen lernen, die machen das als Sport und für den muss man auch trainieren.“Jan van Koningsvel­d Organisato­r Pi-Wettbewerb

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FOTO: HELMUT FRICKE/DPA Gedächtnis­künstlerin Susanne Hippauf beim Training für den deutschen Rekord im Pi-Memorieren.

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