Was erwartet die Welt nach Putins Bestätigung im Amt?
(ap) Klar ist, dass Präsident Wladimir Putin auf eine weitere sechsjährige Amtszeit zusteuert. Was er nach dem Wahlsieg tut, ist die spannende Frage. Beobachter blicken mit Sorge auf die kommende Zeit. Politikexperte Bryn Rosenfeld von der Cornell University in Ithaca im US-Staat New York erklärt in einem Kommentar: „Putin hat unpopuläre Maßnahmen oft bis nach den Wahlen aufgeschoben.“
Der wohl unpopulärste Schritt wäre die Anordnung einer zweiten
Mobilmachung für den Kampf gegen die Ukraine. Die erste Mobilisierung im September 2022 hatte Proteste ausgelöst und viele Russen in die Flucht getrieben, um einer Einberufung zu entgehen. „Die russische Führung spricht jetzt von einer ,Konsolidierung der gesamten russischen Gesellschaft um ihre Verteidigungsbedürfnisse herum`“, sagt Brian Michael Jenkins von der Denkfabrik Rand Corporation. „Was genau mit dieser Formulierung gemeint ist, ist nicht ganz klar, aber sie deutet darauf hin, dass die russische Führung verstanden hat, dass der von Putin beschriebene Krieg noch lange andauern wird und deshalb Ressourcen mobilisiert werden müssen“, erklärt er. Und weiter: „Mit anderen Worten: Die russische Gesellschaft muss für einen fortwährenden Krieg organisiert werden.“Tatiana Stanovaya vom Carnegie Russia Eurasia Center geht davon aus, dass Putin keine weitere Mobilisierung braucht. Das liege einerseits daran, dass sich viele aus ärmeren Regionen zum Kampf meldeten, um einen Sold zu erhalten, der deutlich über ihren jetzigen Einkünften liege. Andererseits könne Putins gezeigte Zuversicht, dass sich der Krieg zu Russlands Gunsten wende, ihn veranlassen, auf eine Beilegung am Verhandlungstisch zu bestehen – was für die Ukraine in Wirklichkeit Kapitulation bedeuten solle.
Mit Blick auf die Nato könnte Putin darauf zielen, die Entschlossenheit des westlichen Verteidigungsbündnisses auf die Probe zu stellen, lautet eine weitere Einschätzung. Alexandra Vacroux vom Davis-Zentrum für Russlandstudien an der Universität Harvard geht davon aus, dass Putin innerhalb der kommenden Jahre einen Versuch startet, den Bündnisfall nach Artikel 5 zu provozieren. Dieser besagt, dass ein bewaffneter Angriff auf ein Mitglied als Angriff gegen alle angesehen wird. Wenn dann die Reaktion schwach oder unsicher sei, „hat man gezeigt, dass die Nato nur ein Papiertiger ist“, sagt Vacroux. Das könnte auch ohne militärische Konfrontation geschehen: Eine Frage sei etwa, welche Art von Cyberangriff eine Angriffsdrohung darstelle.
Zuhause in Russland werden weitere Repressionen für Opposition und Kritiker befürchtet.