Saarbruecker Zeitung

Frauen dringen in die Männerdomä­ne Bergbau vor

In der Hoffnung auf einen spektakulä­ren Fund nehmen sie den Knochenjob auf sich, um der Armut in ihrer Heimat zu entkommen.

- VON ASTRID SUÁREZ

(ap) Tief in den Minen herrschen Dunkelheit und brütende Hitze. Auf der Suche nach Edelsteine­n arbeiten sich hier Frauen mit Elektrower­kzeugen durch das Gestein. Sie haben sich einen Weg in die kolumbiani­sche Smaragdind­ustrie gebahnt, die lange von Männern dominiert wurde. Ein Mangel an Jobmöglich­keiten und die Hoffnung auf einen wertvollen Fund zogen sie in den Bergbau. Smaragde aus Kolumbien sind weltweit bekannt für ihre hohe Qualität, die besten werden für Tausende Dollar verkauft. Reich sind die meisten Menschen in der Branche trotzdem nicht. In manchen Monaten oder Jahren verdiene sie nicht einmal 250 Dollar (knapp 230 Euro) im Bergbau, sagt Yaneth Forero, eine der Frauen in der kleinen, inoffiziel­len Mine nahe der Stadt Coscuez, die seit langem ein Zentrum der Produktion ist. Einige der größten Smaragde der Welt wurden in Kolumbien abgebaut, darunter der Weltrekord­halter aus dem Jahr 1995: ein 1,36 Kilogramm schweres Exemplar. Im Jahr 2022 beliefen sich die Smaragdexp­orte des südamerika­nischen Landes laut Branchenan­gaben auf einen Wert von 122 Millionen Dollar.

Für Frauen ist die Arbeit in den Minen härter als für Männer. Nach ihren Schichten dort haben sie noch Kinder zu versorgen und Hausarbeit zu erledigen, an der sich Männer oft nicht beteiligen. Auch Flor Marina

Morales hatte in der Zeche angefangen, um ihre Familie ernähren zu können. Sie sei um 3 Uhr nachts von der Arbeit dort nach Hause gekommen und wach geblieben, um ihren Kindern Frühstück zu machen und sie zur Schule zu schicken. Heute studieren ihre Kinder Psychologi­e und Jura. „Ich bin froh, dass sie andere Perspektiv­en haben“, sagt Morales. „Der Bergbau ist anstrengen­d, und man muss in diesem Job viel Hunger, Kälte und Schlafmang­el ertragen.“

Noch vor wenigen Jahrzehnte­n wäre diese Art von Arbeit für Frauen in Kolumbien undenkbar gewesen. Ältere Dorfbewohn­er erzählen, dass Männer früher Frauen von den Minen ferngehalt­en hätten in dem Glauben, sonst würden sich die

Smaragde verstecken. „Das war purer Machismo, sie wollten einfach nicht, dass wir arbeiten“, sagt die 57-jährige Carmen Alicia Ávila, die seit fast 40 Jahren in der Industrie arbeitet. Zwischen den 1960er und den 1990er Jahren seien Frauen, die in den Minen arbeiten wollten, bedroht und zum Teil vergewalti­gt worden.

Nach Angaben eines örtlichen Verbands von Minenarbei­terinnen sind aktuell etwa 200 Frauen in den Bergwerken um Coscuez beschäftig­t. Manche arbeiten mit Männern zusammen, andere in fünf kleinen Zechen, die Frauen gehören und in denen nur Frauen erlaubt sind. Weil die Tunnel so klein sind, wechseln sich die Frauen bei der Arbeit darin ab. Wie viele andere Beschäftig­te in kleinen Minen kämpfen sie darum, von der Regierung offiziell als Handwerker­innen anerkannt zu werden. Das würde ihre Arbeit auf eine legale Grundlage stellen und ihnen mehr Stabilität sichern.

Forero will trotz der Bemühungen um bessere Konditione­n nicht mehr lange in der Branche arbeiten. Wenn sie das Glück habe, einen wertvollen Edelstein zu finden, wolle sie sich ein Haus kaufen und ein kleines Geschäft aufbauen, sagt sie. „Das Leben ist hart in diesen Minen, selbst wenn ein paar Leute Smaragde gefunden haben, die in Dubai verkauft wurden“, fährt Forero fort. „Manchmal sitze ich in diesen Tunneln und spreche zu Gott. Aber leider haben wir offenbar keine gute Verbindung.“

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany