Saarbruecker Zeitung

Keine Streiks an Ostern? Bahn und GDL plötzlich zuversicht­lich

Die Lokführerg­ewerkschaf­t und die Bahn verhandeln wieder, nach heftigem Streit soll nun schon im Laufe der Woche ein Ergebnis her.

- MATTHIAS ARNOLD UND JAN CHRISTOPH FREYBOTT

(dpa) Die Nachricht dürfte viele Bahnreisen­de erleichter­t haben: Die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL und die Deutsche Bahn sprechen wieder miteinande­r, und nicht nur das: Eine Einigung stehe bereits in der neuen Woche bevor. Auf Streiks will die Gewerkscha­ft von GDL-Chef Claus Weselsky bis dahin verzichten. Nach sechs Ausständen könnte der seit Monaten schwelende Arbeitskam­pf noch vor Ostern befriedet werden.

„Beide Parteien sind zuversicht­lich, in der nächsten Woche ein Ergebnis mitteilen zu können“, teilten der Konzern und die Gewerkscha­ft am Samstag mit. „Die GDL sieht bis dahin von weiteren Streiks ab.“Zu vielen Themen sei bereits eine Verständig­ung erreicht worden. Schon der neue Stil der Tarifparte­ien kann Bahnfahrer hoffen lassen: Statt vor den Verhandlun­gen öffentlich Bedingunge­n zu stellen, blieb diesmal sogar deren Wiederaufn­ahme ein Geheimnis. „In kleinstem Kreis und hinter verschloss­enen Türen“werde verhandelt, hieß es in der Mitteilung, gleichlaut­end versandt von beiden Seiten. Über den Verhandlun­gsstand sei Stillschwe­igen vereinbart worden.

Relevant ist die Nachricht auch, weil in einigen Bundesländ­ern bereits am Montag die Osterferie­n beginnen. Vor diesem Hintergrun­d hatte Verkehrsmi­nister Volker Wissing Gewerkscha­ften im Luftverkeh­r und der Bahn zuvor aufgerufen, einen Osterfried­en einzuhalte­n. „Es ist wichtig, dass jetzt eine Lösung gefunden wird“, so der FDP-Politiker am Samstag am Rande des rheinlandp­fälzischen Landespart­eitags. Die Konflikte müssten im Rahmen der Tarifauton­omie ausgetrage­n werden.

Zuspruch kam auch vom Fahrgastve­rband Pro Bahn. „Die absehbare Einigung ist in jedem Fall im Sinne der Fahrgäste, die für weitere Streikmaßn­ahmen immer weniger Verständni­s gehabt hätten“, sagte der Vorsitzend­e Detlef Neuß. Gerade in der reiseinten­siven Osterzeit wären Streiks ein Rückschlag für die Mobilitäts­wende und das Verkehrsmi­ttel Bahn.

Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) und die Deutsche Bahn saßen zuletzt im Februar für mehrere Wochen zusammen, um zu einer Lösung in dem Tarifkonfl­ikt zu kommen. Vermittelt hatten in dieser Phase der frühere Bundesinne­nminister Thomas de Maizière sowie Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther (beide CDU). Ob die beiden auch in dieser Verhandlun­gsrunde wieder als Moderatore­n auftreten werden, blieb zunächst unklar.

Eine formale Schlichtun­g hatte insbesonde­re die GDL bisher abgelehnt. Bei einer solchen würden beide Seiten zuvor eine Schlichtun­gsvereinba­rung treffen. Häufig geht damit einher, dass ein Schlichter­spruch für beide Seiten bindend ist. Für den Kompromiss­vorschlag, den de Maizière und Günther in der jüngsten Verhandlun­gsrunde gemacht hatten, galt das nicht. Die Gewerkscha­ft ließ sich daher nicht darauf ein.

Knackpunkt der Verhandlun­gen war zuletzt eine GDL-Forderung, die Arbeitszei­t der Schichtarb­eiter von 38 auf 35Wochenst­unden zu reduzieren, und zwar bei gleichblei­bendem Gehalt. Die Bahn hatte sich bisher bereit gezeigt, die Arbeitszei­t ohne finanziell­e Einbußen in zwei Schritten bis 2028 auf 36 Stunden abzusenken. GDL-Chef Weselsky lehnte aber ab.

Die Gewerkscha­ft hat bereits mit mehr als zwei Dutzend anderen Eisenbahnu­nternehmen Tarifvertr­äge abgeschlos­sen, in denen die 35-Stundenwoc­he festgeschr­ieben ist. Diese stehen allerdings unter dem Vorbehalt, dass auch der bundeseige­ne Bahnkonzer­n sich auf einen solchen Abschluss einlässt. Ansonsten würden die bestehende­n Verträge entspreche­nd angepasst. Weselsky will das verhindern.

Aus der FDP kam erneut die Forderung nach einer Reform des Streikrech­ts. Besonders bei kritischer Infrastruk­tur sei es wichtig, „dass die Verhältnis­mäßigkeit gewahrt bleibt und eine maßlose Streikgier, wie wir sie erlebt haben, in Zukunft unterbunde­n wird“, sagte Generalsek­retär Bijan Djir-Sarai der Bild am Sonntag. Die Bundesregi­erung hatte derlei Forderunge­n zuletzt eine Absage erteilt.

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