Hommage auf „die Chefin der Kunst“
Die Gründerin und Präsidentin der Fördergesellschaft für die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Inge Weber, wird zum Abschied von Vertretern aus Kultur und Politik für ihr großes Engagement gewürdigt. Die nunmehr 81-Jährige habe sich in besonderer Weis
Wie wichtig und beliebt eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens ist, kann man in der Regel daran ermessen, wie groß die Zahl der Gäste ist, wenn sie Abschied von ihren Ämtern nimmt. Bei Inge Webers Verabschiedung am gestrigen Sonntag waren 320 Gäste angemeldet und um die 400 waren am Ende in der Modernen Galerie präsent. Je zur Hälfte im zweiten Stock in der Sammlung und im Erdgeschoss, dort mit Live-Übertragung und Sitzplätzen. Alles, was Rang und Namen hat, Vertreter aller großen Parteien waren zugegen. Dabei ist Inge Weber keine Politikerin. Dafür aber die vielleicht einflussreichste Frau in der saarländischen Kulturlandschaft. Für wen sonst würde ein Künstler wie Jonathan Meese samt Mutter eigens aus Berlin anreisen? Für ihn sei sie „Erz-Inge,“wie der immer für ein Bonmot gute und bestens gelaunte Künstler sie in Anlehnung an Erzengel nannte, und „wirklich die
Chefin der Kunst, gleich neben meiner Mama natürlich“.
35 Jahre lang hat Inge Weber die von ihr mitbegründete Gesellschaft zur Förderung des Saarländischen Kulturbesitzes geleitet, hatte jenes Amt der Präsidentin inne, aus dem sie sich mit 81 Jahren jetzt zurückzieht. Was sie alles bewirkt hat, das wurde an diesem Morgen, den ihre Nachfolgerin Marie-Elisabeth Denzer moderierte, ausführlich von Hauptredner Ulrich Commerçon (SPD), als Vertreter der verhinderten Kulturministerin und als SPDLandtagsfraktionschef, in einer Laudatio aufgeführt. Auch die Vorständin der Stiftung, Andrea Jahn, ließ sich übrigens vertreten, durch Philipp Schneider, den kaufmännischen Direktor. Weber, von Hause aus Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, habe sich mit der Fördergesellschaft in besonderer Weise für den Erwerb von Kunstwerken, für die Stärkung der Museumspädagogik und für eine offensive Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt, lobte Commerçon.
Ihr „leidenschaftliches Engagement“habe nicht nur die Mitgliederzahl auf 1500 anwachsen lassen, sie habe sich auch nicht gescheut, ihr Netzwerk zu nutzen und Sponsoren aktiv anzusprechen und anzuwerben, um Projekte der Stiftung voranzubringen. Nur dadurch sei es möglich gewesen, für die Sammlung wichtige Kunstwerke etwa von Emil
Nolde, Albert Weisgerber, Max Ernst, Max Pechstein und Max Slevogt zu erwerben.
Auch auf die „vielleicht größte Krise der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz“ging der SPD-Mann ein, meinte jedoch nicht die aktuelle, die „allenfalls ein ein wenig unschönes Intermezzo“sei, sondern jene von vor einem Jahrzehnt, als er selbst Saar-Kulturminister wurde und der Erweiterungsbau noch eine Bauruine war, die er zu einem Ende bringen sollte. Damals habe Weber mit dem übers Saarland hinaus wirkenden Netzwerk ihrer Fördergesellschaft verlässlich und sehr geholfen, die Neuaufstellung der Stiftung „rechtlich, baulich, institutionell, kommunikativ und personell“voranzubringen. Gemeinsam habe man für die Weiterfinanzierung gekämpft. Inge Weber habe auch frühzeitig, schon in den 90er Jahren erkannt, wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit für ein Museum sei und sich für die erste Personalstelle in dem Bereich eingesetzt.
Aufhorchen durfte man als Zuhörer auch bei der Aufzählung der Ehrenämter, die Weber darüber hinaus noch bekleidet hat. Sie hat unter anderem die Albert-Weisgerber-Stiftung unterstützt und die Freunde der Universität des Saarlandes, sie war auch Mitglied des Programmbeirats des Saarländischen Rundfunks (2000 bis 2007), des Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder, des Stiftungsrats Stadtmuseum Berlin, ist Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung ME Saar und war von Januar 1998 bis Ende 2002 Vorstandsvorsitzende der Stiftung Kulturbesitz.
Auch die begeisterungsfähige Kunstliebhaberin galt es zu wür
„Ich habe so viel gelernt in dieser Zeit.“Inge Weber ehemalige Präsidentin der Fördergesellschaft der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz
digen. Diejenige, die sehr früh die Bedeutung des nicht unumstrittenen Künstlers Jonathan Meese erkannte. Beim Anblick von dessen wandfüllendem Gemälde „Love like blood“„in noch nassem Zustand“in Meeses Atelier, soll sie spontan ausgerufen haben: „Das müssen wir haben!“, kolportierte Commerçon. Gesagt, getan. Just vor diesem 2004 erworbenen Gemälde fand im zweiten Stock die Abschiedsfeier ab, bei der der Künstler im kurzweiligen Gespräch mit dem Luxemburger Kunstexperten Enrico Lunghi einmal mehr seine künstlerischen Positionen kundtat, wie diese: „Die
Kunst muss immer frei bleiben, natürlich, und zwar komplett. Sie darf überhaupt nicht in Zweifel gezogen werden, und sie muss sogar führen.“So sei Richard Wagner, wie Meese sagte und dabei auf eine Darstellung in „Love like blood“zeigte, „ein großer Künstler, dessen Kunst überlebt hat, nicht politische Ansichten oder religiöse Vorstellungen“.
In diesem Sinne möchte auch er selbst in einem Gesamtkunstwerk Deutschland Liebe, Respekt, Freundschaft und großes Denken im Spiel haben. „Ich bin sehr traurig, dass so viele Apokalyptiker gerade am Start sind, so viele Schlechtma
cher und falsche Hellseher.“
Und Inge Weber? Ließ sich feiern, auch musikalisch von Robert Leonardy mit kurzen Stücken am Klavier, ließ die anderen reden und sagte selbst nicht viel, außer „einfach nur danke!“Und: „Ich habe so viel gelernt in dieser Zeit.“Und mit Augenzwinkern: „Ja, doch, wenn's kritisch war, habe ich es bereut und gedacht, eine schöne, kleine Nervenarztpraxis wäre auch was gewesen.“