Wenndas eigene Land imKrieg ist
Die junge RussinMilena engagiert sich aus demExil für krebskranke Ukrainer.
(ry) Mit dem Krieg gegen dieUkraine fühlt sich die erfolgreicheCasting-DirektorinMilena plötzlich wie im falschen Film. Sie flieht ausMoskau und versucht, zu helfen. Von Georgien aus gründet die jungeRussin eineHilfsorganisation, die ukrainische Krebspatienten ins europäische Ausland vermittelt. In nur einem Jahr beschleunigt sich unversehens ihr Leben – für eine digitaleNomadin fast eine Selbstverständlichkeit.Die eigene Großmutter lebt noch in der Ukraine, die Mutter als Putin-Getreue inMoskau. WährendMilena Hilfe für krankeMenschen organisiert, hört sie die Bombeneinschläge nebendemHaus der Großeltern beiKiew– ihnen kann sie nicht helfen.
Schon mit nur 21 Jahren fühlt sie sich zunehmend erschöpft und unerwünscht, zumal Russen in Tiflis keine Sympathie entgegengebracht wird. Woher aber sollen die Menschen auf der Straße auch wissen, dass Milena zwar Russin ist, aber mit Putins Angriffskrieg überhaupt nichts zu tun haben möchte? Doch lang wird sich die junge Frau hier sowieso nicht mehr aufhalten. Sie hat bereits ein neues Ziel vor Augen: Milenas nächste Station wird Bangkok sein, um eine weitere Stufe auf der Karriereleiter zu erklimmen. Wie so viele jungeMenschen wird sieamComputer arbeiten. Ob sie noch in ei
nem Jahr dort sein wird, stellt sie sich selbst als Frage.
Milenas Schicksal steht exemplarisch für das vieler junger Russinnen und Russen, die sich in ihrer Identität zerrissen und in ihren Entfaltungsmöglichkeiten eingeschränkt fühlen, selbst wenn sie das Glück haben, nicht in den Krieg ziehen zu müssen. Während einige im Ausland nachWegen der Selbstverwirklichung suchen, bleiben viele im Land und bestreiten dort die manchmal beschwerliche
Aufgabe des Erwachsenwerdens, in einer Nation, die mitten im Krieg steckt.
Die Regisseurin Anna Sarukhanova erzählt von dieser Rastlosigkeit, Heimatlosigkeit und Ungeduldmit beiläufiger Empathie und starkenBildern. Sie beschreibt mit ungewöhnlicher Leichtigkeit das Lebensgefühl einer ganzen Generation in einerWelt im Umbruch. Als Regisseurin hatte die Georgierin, die zurzeit in London lebt, bereits 2016 auf den Filmfestspielen
in Locarno mit ihremKinofilm„Till the End of the Day“debütiert und 2018 am Talent-Campus der Berlinale teilgenommen. 2021 veröffentlichte sie ihren Spielfilm „Inconceivable Light“. 3sat zeigt „In einem Jahr“von Anna Sarukhanova im Rahmen der Reihe „Ab 18!“, in der Regisseurinnen und Regisseure mit filmischen Handschriften Geschichten vom Erwachsenwerden erzählen.
Ab 18! – In einem Jahr,