Saarbruecker Zeitung

Völklinger Wildschwei­ne im Landtag

Als „ letztes Mittel“hatte die CDU im Saarländis­chen Landtag den Einsatz sogenannte­r Saufänge angeregt, um in Völklingen der Schwarzkit­tel habhaft zu werden. Eine im Saarland fast nie genutzte Methode, deren Einsatz zwiespälti­g betrachtet wird.

- VON MARCO REUTHER

Im Februar hatten es die Völklinger Wildschwei­ne bis in den Saarländis­chen Landtag geschafft – genauer gesagt: Die Sorgen wegen Wildschwei­nen, die insbesonde­re in den Stadtteile­n Fenne und Fürstenhau­sen den Menschen manchmal sehr nahe kommen, hatte die CDU-Fraktion veranlasst, schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Wildschwei­ne in Völklingen zu fordern. Wegen des Wildschwei­nProblems, so die CDU-Fraktion, müsse intensiver gejagt werden. Zudem solle als letztes Mittel der Einsatz von sogenannte­n Saufängen geprüft werden.

Saufänge sind Lebendfall­en fürs Borstenvie­h. Es gibt sie zum Beispiel relativ klein und mobil aus Eisendraht, eher geeignet für einzelne Tiere, oder auch groß, etwa aus Holz und dann oft stationär, um damit ganze Gruppen zu fangen: Mit Futter werden die Tiere hineingelo­ckt, hinter ihnen schließt sich – heute meist automatisc­h – die Einlasskla­ppe, dann werden sie aus unmittelba­rer Nähe erschossen.

Der Einsatz von Saufängen muss, so schreibt es das Bundesjagd­gesetz vor, genehmigt werden. Genehmigun­gsbehörde ist im Saarland die beim Umwelt- und Forstminis­terium angesiedel­te „Oberste Jagdbehörd­e“. Der Revierinha­ber müsste einen schriftlic­hen Antrag stellen und darin erklären, dass örtlich der Einsatz des Saufangs für sein „Schwarzwil­dmanagemen­t“erforderli­ch ist, heißt es im Leitfaden „Schwarzwil­dfänge“des ThüneInsti­tuts (Bundesfors­chungsinst­itut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei). Der Einsatz wird nur Jägern mit entspreche­nder Erfah

rung, beziehungs­weise Schulung empfohlen. Im Saarland gibt es bisher nicht gerade viele Erfahrunge­n mit Saufängen: Im Jahr 2018 hatte die Oberste Jagdbehörd­e auf staatliche­n Waldfläche­n zwei „Schwarzwil­dfänge“genehmigt, „um selbst Erfahrunge­n im Bau und Betrieb solcher Fänge im Rahmen von Seuchenbek­ämpfungsma­ßnahmen zu sammeln“, schildert Matthias Weber, Pressespre­cher des Umweltmini­steriums. Man wollte damals auch für den Fall gewappnet sein, falls im Saarland Fälle der Schwarzen Schweinepe­st auftauchen sollten – eine schwere Virusinfek­tion, die von Wildschwei­nen auf Hausschwei­ne übertragen werden kann.

Außer für diese beiden Testanlage­n, die schon seit 2019 nicht mehr in Betrieb sind, wurden noch keine entspreche­nden Anträge für Saufänge gestellt oder genehmigt, so Weber.

Belastbare Statistike­n zum Einsatz von Saufängen für ganz Deutschlan­d gibt es nicht. Vergleichs­weise stark genutzt wird die Methode offenbar in Bayern: Im Bayerische­n Wald waren, laut „Wildportal Bayern“, Ende 2019 etwa 100 Saufänge in Gebrauch. Das bayerische Landwirtsc­hafts- und Forstminis­terium sieht den Einsatz von Saufängen als eine gangbare zusätzlich­e Methode. Der Wildtiersc­hutzverein „Wildes Bayern“sieht dagegen Saufänge als Tierquäler­ei, da die Tiere panisch würden – insbesonde­re in Anlagen für mehrere Tiere, wenn das Erschießen der Wildschwei­ne beginnt. Zudem könnten sie sich bei Ausbruchsv­ersuchen verletzen.

Zu den Vorteilen, die das ThüneInsti­tut für den Einsatz von Saufängen aufzählt, gehört das Jagen in ansonsten unbejagten Bereichen, wie etwa Jagen in befriedete­n Bezirken – also auch in städtische­n Gebieten wie die betroffene­n Völklinger Stadtteile. Zudem führe das Jagen mit Saufängen zu einem „tierschutz­gerechten Erlegen“der Wildschwei­ne. Als Nachteile werden unter anderem

aufgezählt: „eine weitgehend fehlende Anerkennun­g, bzw. Akzeptanz in der Jägerschaf­t“, eine „zusätzlich­e Angriffsfl­äche“für Jagdgegner und nicht zuletzt ein sehr hoher Aufwand bei der notwendige­n Schulung, bei der Anschaffun­g, beim Aufbau und der Logistik.

Das Urteil der Völklinger Försterin Verena Lamy zu den Saufängen ist eindeutig: „In meiner Verwaltung­sjagd wird es keine Saufänge geben. Als Försterin lehne ich aus ethischen Gründen diese Form der Wildreguli­erung ab.“

Der Völklinger Ortsvorste­her Stephan Tautz, auch Fraktionsv­orsitzende­r von „Wir Bürger Völklingen“, erklärte, ihm gegenüber hätten sich drei Jäger gegen diese Methode ausgesproc­hen. „Wir Bürger“sei für das Einfangen, jedoch nicht für diese Art der Tötung, „Wildschwei­ne könnten nach dem Fangen in Wildgehege­n unterkomme­n oder Schlachthö­fe könnten mit ins Boot genommen werden.“Allerdings: In Wildfreige­hegen können Wildschwei­ne zwar nochmals eine gewisse Freiheit kosten, was sie aber nicht davor bewahrt, selbst gekostet zu werden, denn auch in den Gehegen werden Wildschwei­ne bei wachsender Population geschossen und verwertet.

Auch wenn es, abgesehen von den genannten Testanlage­n, im Saarland

noch nicht geschehen ist, so ist eine Genehmigun­g für Saufänge nicht ausgeschlo­ssen. Laut Umweltmini­sterium könnten sie insbesonde­re genehmigt werden im Rahmen von wissenscha­ftlichen Projekten, zur Seuchenprä­vention, zur Abwehr und Minimierun­g von übermäßige­n Wildschäde­n und zur Wahrung der öffentlich­en Sicherheit.

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REPRO: SZ Keine Erfindung unserer Tage, aber bei modernen Jägern in Deutschlan­d nicht unbedingt gerne gesehen ist der „Saufang“, in dem Wildschwei­ne lebendig gefangen und dann erschossen werden. Dieser Druck stammt aus einer Ausgabe der Zeitschrif­t „Die Gartenlaub­e“aus dem Jahr 1861.
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FOTO: FRANK MAY/DPA Mit Saufängen sollen in der Regel ganze Gruppen von Wildschwei­nen eingefange­n und geschossen werden.
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FOTO: TAKAMI TORAO Ein kleinerer, mobiler Saufang, eher geeignet für einzelne Tiere.

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