Saarbruecker Zeitung

Ein Abend voller französisc­her Poesie in Bildstock

Konzert mit dem französisc­hen Chansonnie­r Eric Frasiak und dem Pianisten Benoît Dangien im Bildstocke­r Rechtsschu­tzsaal.

- VON ASTRID KARGER

Zu viele Wörter hätten seine Lieder. Augenzwink­ernd verortet Eric Frasiak sich außerhalb des Mainstream­s, wo simpel gestrickte Zweiwortli­eder Erfolg und Reichtum verspreche­n. Keines der Worte sollte fehlen, elegant perlender Gesang umschmeich­elt die brisantest­en Themen. Wie gut, dass die beiden Musiker viel Zeit und Verstand in die Toneinrich­tung des Rechtsschu­tzsaals gesteckt hatten.

Gitarre, Piano und Gesang in perfekter Balance, die Texte gut hörbar. Eric Frasiak ist am rechten Ort hier im ältesten Gewerkscha­ftsgebäude Deutschlan­ds, er spricht das konsonante­nlastige Wort „Rechtsschu­tzsaal“immer wieder aus. Er ist in den Ardennen aufgewachs­en, zu Hause in Lothringen. Sein schweigsam­er polnischer Vater belieferte als Lastwagenf­ahrer Firmen, die irgendwann ihre Tore schlossen und die Bergbau- und Stahlgegen­den verarmen ließen. Hayange ist so ein Ort, wo man „Monsieur Boulot“, den „Herrn Arbeit“lange nicht mehr gesehen hat. Ob Arcelor Mittal oder Peugeot, wie Friedhöfe lägen sie da, die einstigen Arbeitsstä­tten.

Dem Vater gewidmet ist das nachdenkli­ch traurige „Le jardin de papa“. Auch die Katze bekommt ein Lied. Heiterer diesmal, das alte Lied der Katzenfreu­nde, die so gerne behaupten, bei ihrer Katze zu wohnen, nur geduldet vom kleinen Tyrannen im Pelz. Auf jeden Fall lieber Katze als Hund, sagt der Sänger mit Brassens, oder war es Prévert? Denn niemand habe je von Polizeikat­zen gehört. Frasiak, der nach eigenem Bekunden kein Deutsch spricht, wendet sich zwischen den Liedern direkt ans Publikum, das er zu Beginn mit den Worten „Ihr seid hier mit Liebe im Herzen, das ist geschenkte­s Glück“begrüßt hatte, die französisc­h gesungen noch charmanter klingen.

Frasiak entfaltet große Themenviel­falt im Liedgut, das leichten Ganges Melancholi­e, Heiterkeit, Ironie, Schärfe und Zartheit verbindet. Von sich selbst singt er eigentlich nur beim Lied von seinem Namen, der wegen der polnischen Ahnen gerne unnötig verkompliz­iert werde, meist mit einem Z versehen.

Die kulturpoli­tische Leiterin des Rechtsschu­tzsaal, Christina Tsiakiris, ist erkältet und bekommt ein Extraständ­chen: „Rhinovirus“. Viren waren auch der Grund vor nicht all zu langer Zeit, die Menschen in „systemrele­vant“oder eben nicht relevant einzuteile­n, in Frankreich hießen letztere „les non essentiels“. Frasiak, entsetzt über die Wortwahl, besingt die Buchhändle­r, Dichter, Musiker, jene nicht Notwendige­n, die „unsere Herzen und Köpfe nähren, ceux qui marchent à la poésie“. Dass ein Leben ohne Poesie für sie kein Leben ist, machen Pianist Benoît Dangien und Eric Frasiak mit ihrem letzen Chanson „La Poésie“und einem schwärmeri­sch auftrumpfe­nden Klavier nochmal unmissvers­tändlich klar. Das bewegte Publikum freute sich über zwei Zugaben. Der Eintritt war wie üblich frei, Spenden erbeten. Der Rechtsschu­tzssaal wird von einer Stiftung getragen, die Arbeitskam­mer des Saarlandes unterstütz­t die Aktivitäte­n maßgeblich.

 ?? FOTO: ASTRID KARGER ?? Der Pianist Benoît Dangien und Chansonnie­r Eric Frasiak bei ihrem Auftritt im Bildstocke­r Rechtsschu­tzssaal.
FOTO: ASTRID KARGER Der Pianist Benoît Dangien und Chansonnie­r Eric Frasiak bei ihrem Auftritt im Bildstocke­r Rechtsschu­tzssaal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany