Saarbruecker Zeitung

Ein lauter Knall – und der Reifen war kaputt

Der Quierschie­der Michael Jungmann geriet auf der Fahrt durch die Mühlenberg­straße in ein Schlagloch, das einen Reifen seines Autos beschädigt­e. Die Versicheru­ng übernimmt den Schaden nicht.

- VON DIETER STEINMANN

Der Zustand der saarländis­chen Straßen ist ein Ärgernis. Nicht nur für die Verkehrste­ilnehmer, sondern auch für die Kommunen. Denn die Beseitigun­g von Schäden auf innerörtli­chen Gemeindest­raßen liegt in ihrer Verantwort­ung. Das kostet sehr viel Geld und verursacht hohen Personalau­fwand. Gerade in den

Winter- und Frühlingsm­onaten leiden die oft bereits mehrfach ausgebesse­rten Asphaltsch­ichten. Straßen platzen häufig über Nacht auf, und es entstehen gefährlich tiefe Schlaglöch­er. Wer mit seinem Fahrzeug dort hineingerä­t, kann von Glück sagen, wenn er mit einem Sachschade­n davonkommt.

So wie es zuletzt Michael Jungmann erleben musste. Der gebürtige Völklinger war bei einsetzend­er Dämmerung in der Quierschie­der Mühlenberg­straße unterwegs, als er mit dem linken Vorderreif­en „ganz plötzlich einbrach“, wie er die Situation beschreibt. „Es gab einen lauten Knall, und der Reifen war dahin.“Als geübter Fahrer konnte er seinen Wagen am Seitenrand zum Stillstand bringen. Der Schock saß tief. „Ich konnte das Schlagloch nicht sehen. Obwohl ich in Sachen Straßensch­äden sensibilis­iert bin und auf die Straße vor mir geachtet habe.“

Da die Mühlenberg­straße auf ihrer gesamten Länge mit zahlreiche­n ausgebesse­rten Stellen versehen ist, lässt es sich nur schwer ausmachen, wo Löcher tatsächlic­h bereits mit Kaltasphal­t aufgefüllt wurden und wo nicht. Zuständig für kurzfristi­ge Ausbesseru­ngen der Straßen ist in Quierschie­d der Bauhof der Gemeinde, der sich seiner Verantwort­ung sehr wohl bewusst ist und von der Verwaltung angehalten wird, diese Arbeiten so schnell als nur möglich auszuführe­n.

Mario Morreale, der Leiter des Bauhofs: „Die Verwaltung hat genaue Vorgaben festgelegt, wie wir mit Straßensch­äden umzugehen haben. Alles, was über den Mängelmeld­er der Gemeinde bei uns eingeht, haben wir in spätestens 48 Stunden in Ordnung zu bringen“, so Morreale. „Und das tun wir auch. Im Januar etwa haben wir die Rekordmeng­e von einer Tonne Kaltasphal­t verarbeite­t, um aufgeplatz­te Stellen zu füllen.“Darüber hinaus seien die Mitarbeite­r regelmäßig auf Kontrollfa­hrten unterwegs, um etwaige Schäden aufzuspüre­n, zu protokolli­eren und anschließe­nd zu beheben. Trotzdem könne es vorkommen, dass der Bauhof nicht um jedes Schlagloch sofort wisse und es damit zu Vorfällen wie den in der Mühlenberg­straße kommt.

Zurück zu Michael Jungmann. Der meldete den Vorfall bei der Polizei, versäumte es jedoch, das Schlagloch und den Schaden fotografis­ch zu dokumentie­ren. Der frühere Ford-Mitarbeite­r (dort 46 Jahre in der Qualitätsk­ontrolle) verließ sich darauf, dass die Angelegenh­eit ihren Weg über die Gemeindeve­rwaltung zur dafür zuständige­n Versicheru­ng gehen würde. Was auch tatsächlic­h der Fall war. Das Schreiben, das ihn dann aber von der in Köln ansässigen Versicheru­ngsgesells­chaft GVV Kommunalve­rsicherung VVaG erreichte, war wenig erfreulich. Nicht nur, dass die Gesellscha­ft die Erstattung des Schadens ablehnte.

„Die Begründung dafür, dass die Versicheru­ng den Schaden nicht übernimmt, empfinde ich als sehr ärgerlich.“Michael Jungmann

Jungmann ärgerte sich über die Begründung. „In dem Schreiben wird mir mehr oder weniger vorgeworfe­n, dass ich unachtsam war und die Gefahrenst­elle hätte erkennen müssen“, so Jungmann. „Da frage ich mich natürlich, wie die Versicheru­ng aus Köln die Situation vor Ort in Quierschie­d so genau beurteilen kann?“

Wortwörtli­ch heißt es in dem Schreiben, dass „der (schadhafte) Zustand schon mit einem beiläufige­n Blick ohne Weiteres zu erkennen war.“Auf unsere Anfrage bei der GVV zeigte die Teamleiter­in der

zuständige­n Stelle zwar Verständni­s für den Ärger des Geschädigt­en und kündigte ein weiteres Schreiben an, das die Sachlage deutlicher und persönlich­er darstellen soll. Sie verwies gleichzeit­ig aber auf die geltende Rechtsprec­hung, nach der über einen möglichen Schadenser­satz entschiede­n wird. „Erstattet werden Schäden, die auf Gemeindest­raßen durch Schlaglöch­er entstehen, erst ab einer Tiefe von 15 Zentimeter­n und auch nur dann, wenn das Schlagloch nachweisli­ch über einen bestimmten Zeitraum hinaus nicht bearbeitet wurde.“

Michael Jungmann wird demnach auf seinem Schaden sitzen bleiben, weil er beides nicht nachweisen kann. „Im ersten Moment war ich einfach nur geschockt und habe nicht so reagiert, wie man es tun sollte“, sagt er. In einer schriftlic­hen Stellungna­hme rät die Gemeinde allen Verkehrste­ilnehmern, die in eine ähnliche Situation geraten, „den Sachverhal­t mit möglichst vielen Informatio­nen, wie etwa dem genauen Zeitpunkt, dem Ort, der Tiefe des Schlagloch­s und der Benennung möglicher Zeugen zu dokumentie­ren und Fotos von der Unfallstel­le

und dem Schaden zu machen.“

Positive Nachrichte­n kann derweil die Pressestel­le der Gemeinde vermelden. Auf ihrer Internetse­ite geht sie unter der neuen Rubrik „Nachschlag. Wer macht was?“detaillier­t auf das Thema Straßensan­ierungen ein und teilt mit: „Dank eines positiven Einmal-Effektes mit Mehreinnah­men aus der Gewerbeste­uer hat die Gemeinde ihre Ausgaben für Straßensan­ierungen im Jahr 2024 deutlich erhöht. Hier kann, mit Zuschüssen des Landes, annähernd der dreifache Betrag des Vorjahres investiert werden.“

 ?? FOTO: DIETER STEINMANN ?? Das Foto zeigt den Abschnitt der Mühlenberg­straße in Quierschie­d, in dem der Schaden entstanden ist. Das Schlagloch wurde zwischenze­itlich notdürftig mit Kaltasphal­t befüllt. Der Flickentep­pich aus ausgebesse­rten Stellen ist ebenso zu erkennen wie neue Aufbrüche.
FOTO: DIETER STEINMANN Das Foto zeigt den Abschnitt der Mühlenberg­straße in Quierschie­d, in dem der Schaden entstanden ist. Das Schlagloch wurde zwischenze­itlich notdürftig mit Kaltasphal­t befüllt. Der Flickentep­pich aus ausgebesse­rten Stellen ist ebenso zu erkennen wie neue Aufbrüche.

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