Wie Schutz des Weidetiers vor Wölfen gelingt
Der Biosphärenführer aus Blieskastel gibt viele Infos zum Wolf. Er hält eine verträgliche Rückkehr des Raubtieres für möglich.
Herr Engel, Sie haben im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit ihren Vorträgen zum Wolf in
St. Ingbert die These aufgestellt, das Raubtier würde mit Sicherheit auch das Saarland für sich entdecken, nachdem es in den Nachbarregionen längst nachgewiesen worden war. Kurz darauf gab es tatsächlich die Bestätigung durch das saarländische Umweltministerium. Hat das die Stimmung in den Vorträgen verändert?
Engel: Nein, die Stimmung während meiner Vorträge hat sich nicht verändert. Ich frage zu Beginn immer die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, ob sie pro oder contra Wolf sind. 90 Prozent der Seminarteilnehmer waren in St. Ingbert pro Wolf. Diejenigen, die gegen den Wolf waren, sind Menschen, die sich sachlich informieren wollten. Bisher ist kein Wolfsgegner verbal auffällig ausfallend geworden. Da Blieskastel deutlich ländlicher ist als St. Ingbert, kann die Stimmung bei meinem Vortrag in der Orangerie am 21. März deutlich gereizter sein. Allerdings mache ich zu Beginn meines Vortrages immer deutlich, dass ich kein Politiker bin, der irgendwo einen Sitz als Entscheider hat. In meinen Vorträgen geht es also weniger um Pro oder Contra, als vielmehr um sachliche Information rund um den Wolf.
Der Wildtier-Kenner Herbert Carius sagt, die Leute, die sich über die Rückkehr des Wolfes freuten, lebten in der Stadt und hätten deshalb keine Probleme damit. Wie erleben Sie die Menschen, die zu Ihren Vorträgen kommen? Sind es die Romantiker, denen das Tier eine Verheißung von ursprünglicher Natur ist?
Engel: Nein, es sind keine Romantiker. Manche begrüßen den Wolf als natürlichen Bestandteil unserer Wildtiergesellschaft, andere sind schon tiefer in die Materie ,Wolf' eingestiegen und belesen. Sie zählen dann gleich die Vorteile für die Biodiversität der Fauna, aber auch Flora auf. Aber auch diese Menschen sind nicht ohne Furcht und Bedenken, handelt es sich doch bei dem Wolf um ein großes Raubtier, das im Zweifelsfall auch nicht alleine auftaucht. Die meisten Kursteilnehmer haben zwar eine Meinung zum Wolf, die mehr aus dem Bauch kommt, als sachlich untermauert ist. Wenn ich rede, ist es meist sehr leise im Publikum, es hört mir aufmerksam zu.
Der Bauernverband hat nach der ersten Sichtung gesagt, man solle es dem Wolf im Saarland so „ungemütlich wie möglich“machen. Tierzüchter haben ihre Probleme mit einer Wiederbesiedlung. Nachvollziehbar für Sie?
Engel: Es ist für mich nicht nachvollziehbar. Es gibt Landwirte, die
so karges Grünland besitzen, dass die Herde eine gewaltige Fläche benötigt, um sich zu ernähren. Denken Sie dabei bitte an Almgebiete im Gebirge. Hier bei uns steht das Weidetier auf fettem Grünland. Von seinen Ausmaßen her kann man es im Gegensatz zur Almwirtschaft einzäunen.
Sie selbst haben auf ihren Reisen in Rumänien gesehen, wie der Mensch mit Wolf und Bär umgehen kann. Lassen sich die Verhältnisse mit unseren vergleichen? Gibt es Dinge, von denen man hier lernen könnte, damit auch die Wolf-Feinde womöglich halbwegs Frieden schließen könnten?
Engel: Nein, die Verhältnisse lassen sich nicht vergleichen. In Rumänien werden die Herden 24 Stunden am Tag von einem Hirten bewacht. 400 und mehr Schafe haben wenigstens zwei Hirten und mehr als ein Duzend Herdenschutzhunde sowie drei oder vier kleine, wendige Hütehunde. Abends wird die Herde eingepfercht. Der Hirte überlässt den Hunden die Nachtwache und schläft selbst nahebei. Die Schafe dieser Herden haben aktuell eine Großzahl an Besitzern, meist aus den Städten. Schafe gelten in Rumänien als lukrativere Wertanlage, als Eigenkapital, bei einer Bank zu verzinsen. Dies nur wegen der EUFörderung. Trotz der 4000 Wölfe und 2500 Bären explodieren die Schafszahlen in Rumänien, und die Natur leidet. Die Hirten sind Auftragnehmer, nicht Eigentümer.
Das ist bei uns anders?
Engel: Unsere Landwirte sind größ
tenteils Einzelkämpfer und müssen jeden Euro zweimal umdrehen, um noch Rendite mit ihrem Gewerbe zu machen. Die Landwirte reklamieren die Kosten für den großen Zeitaufwand, täglich Elektrozäune und Herde kontrollieren zu müssen. Nach dem Bundestierschutzgesetz sind sie allerdings ohnehin verpflichtet, täglich nach den Tieren und Zäunen zu schauen. Hirten und eine größere Anzahl an Hütehunde kosten Geld, das die Landwirte nicht verdienen können. Insofern habe ich Verständnis für ihren Unmut. Und doch zeigt Rumänien die Lösung. Statt Nebenerwerbslandwirtschaft mit wenigen Tieren wäre der Zusammenschluss von Grünfläche, beweidet von einer großen Herde mit Tieren vieler Besitzer, und auch bewacht von einem Hirten und etlichen Hunden, sicherlich rentabler als das jetzige KleinKlein.