Saarbruecker Zeitung

Altkanzler Schröder lobt Kanzler Scholz für Nein zu Taurus

Schröder fordert zugleich eine deutsch-französisc­he Initiative für Verhandlun­gen über eine Konfliktlö­sung in der Ukraine.

- VON MICHAEL FISCHER UND SVEN GÖSMANN

(dpa) Altkanzler Gerhard Schröder hat sich hinter das Nein von Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) zur Lieferung von Taurus-Raketen in die Ukraine und die grundsätzl­iche Absage an eine Entsendung von Bodentrupp­en gestellt. „Ich finde, Olaf Scholz macht das, was ich von einem deutschen Bundeskanz­ler zurzeit erwarten würde“, sagte der frühere SPD-Chef Schröder. Gleichzeit­ig forderte er eine deutsch-französisc­he Initiative für Verhandlun­gen über eine Konfliktlö­sung in der Ukraine.

Auf die Frage, ob er sich einen „Friedenska­nzler“Scholz wünsche, sagte der 79-Jährige: „Ja, den wünsche ich mir.“Er fügte hinzu: „Wenn jemand als deutscher Bundeskanz­ler sich für den Frieden einsetzt, wenn jemand als ‚Friedenska­nzler` beschriebe­n wird, ist das denn negativ?“

Die Union nutzte die Äußerungen, um Scholz zum Kurswechse­l in der Taurus-Frage aufzuforde­rn. „Von Gerhard Schröder gelobt und vereinnahm­t zu werden, zeigt eindeutig, dass er auf dem falschen Weg ist“, sagte CSU-Chef Markus Söder. „Ich würde mir das dringend noch mal überlegen, und dieses Lob würde ich mir dann als Bundeskanz­ler echt verbitten.“CDU-Präsidiums­mitglied Jens Spahn sagte: „Wer Freunde, Unterstütz­er wie den Ex-Kanzler und Putin-Freund Gerhard Schröder hat, der braucht eigentlich keine politische­n Feinde mehr.“

Schröder nahm auch den SPDFraktio­nschef Rolf Mützenich in Schutz, der für seine Äußerung zum Einfrieren des Kriegs auch aus den Reihen der Ampel-Koalition scharf kritisiert wird. „Mir scheint, dass der Fraktionsv­orsitzende der SPD, Herr Rolf Mützenich, auf dem richtigen Weg ist. Seine Position sollte von der Partei und Fraktion unterstütz­t werden“, forderte der Altkanzler.

Mützenich hatte vergangene­n Donnerstag in der Bundestags­debatte über eine Taurus-Lieferung gefragt: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?“

Scholz hatte vor drei Wochen sein Nein zu einer Lieferung der TaurusMars­chflugkörp­er mit einer Reichweite von 500 Kilometern damit begründet, dass Deutschlan­d in den Krieg hineingezo­gen werden könnte. Kurz darauf stellte er sich klar gegen die Forderung des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, die Entsendung von Bodentrupp­en in die Ukraine als Option auf dem Tisch zu lassen.

Schröder teilt beide Positionen des Kanzlers. „Das sind zwei Festlegung­en, die er getroffen hat. Ich unterstütz­e sie. Und ich hoffe, ich schade ihm damit nicht“, sagte er. Er nahm den Kanzler gegen die Kritik in Schutz, dass er mit seinem Nein zu Taurus Putin in die Hände spiele. „Das ist doch schlicht lächerlich“, sagte Schröder dazu. „Diese Attacken, die da eine Rolle spielen, die kann ich nicht ernst nehmen. Weder von Frau Strack-Zimmermann noch von anderen.“

Die Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses, Marie-Agnes StrackZimm­ermann, gilt als schärfste Kritikerin des Taurus-Neins in der Ampel-Koalition und hat für zwei Unions-Anträge gestimmt, in denen die Lieferung der Marschflug­körper gefordert wird.

Schröder hält den Vergleich zwischen seinem Nein zum Irak-Krieg und Scholz` Taurus-Nein zwar für „unhistoris­ch“. Allerdings würde er sich wünschen, dass Deutschlan­d und Frankreich wie damals beim Nein zum Irak-Krieg jetzt auch bei der Suche nach einer Friedenslö­sung in der Ukraine an einem Strang ziehen würden. „Denn das sind die Mächte, die Diskussion­smöglichke­iten haben aufgrund der langen Geschichte, die auch mit Russland besteht“, sagte er. „Deshalb wäre es angemessen, wenn diese beiden ihre Unterstütz­ung der Ukraine verbinden würden mit dem Versuch, zu einer Lösung dieses Konfliktes zu kommen. Und prinzipiel­l lösbar müsste das eigentlich sein.“

Für die Kritik, Scholz wolle sich wie er damals als „Friedenska­nzler“profiliere­n, zeigt Schröder keinerlei Verständni­s. „Ich finde diese ganze Diskussion wirklich merkwürdig, die da schlicht heißt: Man darf sich für den Krieg einsetzen, egal auf welcher Seite, aber für den Frieden nicht. Also das finde ich ganz falsch“, sagte er. „Ich sehe, wie jetzt versucht wird, Scholz als jemanden darzustell­en, der zu Unrecht versucht, Frieden zu schaffen. Seit wann ist das nicht Aufgabe eines verantwort­lichen Politikers in Deutschlan­d, aber auch über Deutschlan­d hinaus, Frieden zu vermitteln?“

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FOTO: NIETFELD/DPA Altkanzler Gerhard Schröder lobte Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) und dessen Ukraine-Politik.

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