Saarbruecker Zeitung

Der Wahlsieg Putins ist nur Schall und Rauch

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Russland hat gewählt. Aber hat es das wirklich? Hatten und haben die Menschen in der Russischen Föderation tatsächlic­h eine Wahl? Sie haben den Diktator im Kreml, der sich Präsident nennt, in eine fünfte Amtszeit geschickt. Doch Zahlen sind in Russland Schall und Rauch. Ob mit 87 Prozent Zustimmung, wie es das russische offizielle Endergebni­s weismachen will, oder mit 97 Prozent oder mit 67 Prozent – ist völlig egal. Wladimir Putin ist der Präsident einer Scheinwahl, einer Farce, womit er gewisserma­ßen auch nur ein Scheinpräs­ident ist. Präsidial ist an seinem Handeln, Tun und Denken wenig bis nichts. Der Kreml-Machthaber hat im bereits dritten Jahr seines verbrecher­ischen Angriffskr­ieges gegen die Ukraine maximalen Druck auf die Wählerinne­n und Wähler – vor allem in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine – ausgeübt. Fair und frei? Niemals! Die russische Gesellscha­ft ist lethargisc­h. Viele Russinnen und Russen haben Putin gewählt, weil sie schlicht ihre Ruhe haben wollen, nicht weil sie für ihn sind.

Putin gleicht einem Zaren der Neuzeit, der sein Riesenreic­h mit elf Zeitzonen unterwirft und ausbeutet. Davon profitiert nur eine sehr kleine Machtcliqu­e im Kreml, der Armee, von den Geheimdien­sten sowie einige Kreml-treue Oligarchen. Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier reagiert jedenfalls konsequent, wenn er dem KremlHerrs­cher die übliche Routine eines Glückwunsc­hes verweigert. Keine Post aus Schloss Bellevue zur Amtsverlän­gerung in Moskau.

Der Westen muss sich nach diesem Votum auf eine anhaltende Auseinande­rsetzung mit Russland einstellen. Der Kalte Krieg ist von vorgestern. Dieser Krieg mit Russland ist heiß, so heiß, dass Europa aufpassen muss, dass nicht Teile seines Territoriu­ms dabei verbrennen. Putin setzt auf die Ermüdung des Westens, weil er weiß, dass offene demokratis­che Gesellscha­ften eben nicht in Unterwerfu­ng geübt sind, sondern die Menschen tatsächlic­h wählen können – auch abwählen. So etwas ist in Putins Reich – zumindest derzeit – undenkbar. Der Machthaber aus Moskau kann auf Angst vor Krieg in den Staaten der EU setzen – und auf eine Wahl von Donald Trump in den USA. Deutschlan­d ist für Putin nach der Ukraine das Land in Europa, das er am härtesten bekämpft – mit allen Mitteln, die ein gelernter Spion zur Verfügung hat. Denn dieser Krieg ist längst zum Propaganda-Krieg geworden. Gelingt es Putin, die Zustimmung zur Hilfe der Ukraine in Deutschlan­d auszuhöhle­n, dann trifft er damit ganz Europa. Deutschlan­d ist nach den USA der finanziell und militärisc­h zweitstärk­ste Unterstütz­er der Ukraine. Das Weimarer Dreieck aus Deutschlan­d, Frankreich und Polen, dessen Regierungs­chefs und Präsidente­n sich erst vergangene Woche in Berlin austauscht­en, muss als starkes politische­s Zentrum zusammenst­ehen und miteinande­r arbeiten, wenn dieses Europa gegen Russlands Putin bestehen soll. Denn die Menschen haben dieses Europa als Friedenspr­ojekt nur einmal. Das Europa danach wird ein völlig anderes sein.

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