Schützenverband gegen schärferes Gesetz
Die Bundesinnenministerin will im Kampf gegen den Rechtsextremismus das Waffenrecht verschärfen – betroffen davon wären auch AfD-Mitglieder. Warum der Schützenverband Saar eine Verschärfung strikt ablehnt.
Wer die Bundesrepublik als GmbH auf dem Gebiet des Deutschen Reichs sieht und das Rechtssystem ablehnt, soll keine Waffen besitzen dürfen. Der Verfassungsschutz informiert die saarländischen Waffenbehörden daher, wenn er Erkenntnisse über „Reichsbürger“hat. Vier saarländische Reichsbürger, denen daraufhin die Waffenbesitzkarte entzogen wurde, klagten in den vergangenen Jahren vor dem Verwaltungsgericht in Saarlouis – alle erfolglos.
Denn nach entsprechenden Urteilen dürfen Behörden davon ausgehen, dass Reichsbürger waffenrechtlich unzuverlässig sind – und wer unzuverlässig ist, etwa weil er Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung unterstützt oder solchen Vereinigungen angehört, darf nach dem Waffengesetz keine Waffen besitzen.
Im Kampf gegen den Rechtsextremismus und die AfD sieht die Politik hier nun einen neuen Hebel. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will das Waffengesetz dahingehend ändern, dass die Mitgliedschaft in einer Organisation, die vom Verfassungsschutz als bloßer Verdachtsfall geführt wird, wie es bei der AfD der Fall ist, bereits „zuverlässigkeitsschädlich“sein und zum Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis führen kann (nicht muss) – im Rahmen einer Einzelfallprüfung. „Bei Rechtsextremisten jeden Stein umzudrehen – das muss der Ansatz sein“, sagte Faeser unlängst.
Bisher ist die Rechtsprechung zu der Frage, ob eine AfD-Mitgliedschaft schon für den Entzug der Waffenerlaubnis ausreicht, bundesweit uneinheitlich. Die Partei wurde vom Bundesamt für Verfassungsschutz 2021 als „Verdachtsfall“eingestuft und darf daher mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Dagegen klagte die AfD, das
NRW-Oberlandesgericht in Münster will dazu bald ein Urteil sprechen.
Das Waffen-Thema ist in der AfD bekannt. Schon 2022 sagte der damalige Landeschef Christian Wirth der SZ: „Ein paar Jäger sind ausgetreten, weil sie Angst haben, dass sie ihren Jagdschein verlieren.“Auch ein ehemaliger Landesvorsitzender der Jungen Alternative soll deshalb die Partei verlassen haben.
Der Landesvorsitzende Carsten Becker, der eine Anfrage der SZ zu Faesers Plänen nicht beantwortete, ist laut Vereinsregister Vorstand des Schützenvereins 1906 Dillingen. Sein Landtags-Fraktionskollege Christoph Schaufert ist Jäger, der AfD-Fraktionsvorsitzende im Dillinger Stadtrat, Andreas Bausch, Vorsitzender des Vereins Grosskaliberfreunde 2002 Dillingen, außerdem vermittelt er als Ausbilder die laut
Gesetz notwendige Waffensachkunde. Schon in der Vergangenheit war es möglich, Mitgliedern des offiziell aufgelösten „Flügels“innerhalb der AfD die Waffenerlaubnis zu entziehen, da dieser 2020 als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden war. Ob es auch im Saarland Fälle gegeben hat, in denen die Waffenbehörden nach einem Tipp des Verfassungsschutzes „Flügel“-Leute entwaffnet haben? „Nach Mitteilung der Abteilung V (Landesamt für Verfassungsschutz) kann hierzu keine Auskunft gegeben werden“, teilt das Innenministerium
auf SZ-Anfrage mit.
Klar gegen Faesers Pläne ist der Schützenverband Saar. „Ein Automatismus zwischen Parteizugehörigkeit und waffenrechtlicher Zuverlässigkeit wird vom Schützenverband Saar ausdrücklich abgelehnt“, sagte Präsident Walter Wolpert.
„Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten“, betonte er. Eine Verschärfung des Waffengesetzes lehnt der Verband aber ab. „Wir haben eines der schärfsten Waffengesetze der Welt. Dieses bietet bei konsequenter Anwendung
alle erforderlichen Instrumente, um Rechtsextremismus wirksam zu bekämpfen“, sagte Wolpert. Wie die Vergangenheit gezeigt habe, gebe es kein Gesetzes-, sondern ein Vollzugsdefizit. „Hierauf sollte die Ministerin ihr Augenmerk richten und die Vollzugsbehörden personell und strukturell entsprechend ausstatten“, sagte Wolpert. Nicht einmal eine statistische Erfassung zwischen Straftaten mit legalen Waffen und illegalen Waffen gebe es bisher. Dies müsse zügig erfolgen, um überhaupt beurteilen zu können, welche Maßnahmen tatsächlich erforderlich seien. Zu Faesers Plänen sagte der Schützen-Präsident: „Die aufgeführten Maßnahmen richten sich alleine gegen den legalen Waffenbesitz. Zur Frage, wie illegaler Waffenbesitz bekämpft werden soll, fehlen jedwede Angaben.“
„Wir haben eines der schärfsten Waffengesetze der Welt. Dieses bietet bei konsequenter Anwendung alle erforderlichen Instrumente, um Rechtsextremismus wirksam zu bekämpfen.“Walter Wolpert Präsident Schützenverband Saar