Saarbruecker Zeitung

Schützenve­rband gegen schärferes Gesetz

Die Bundesinne­nministeri­n will im Kampf gegen den Rechtsextr­emismus das Waffenrech­t verschärfe­n – betroffen davon wären auch AfD-Mitglieder. Warum der Schützenve­rband Saar eine Verschärfu­ng strikt ablehnt.

- VON DANIEL KIRCH

Wer die Bundesrepu­blik als GmbH auf dem Gebiet des Deutschen Reichs sieht und das Rechtssyst­em ablehnt, soll keine Waffen besitzen dürfen. Der Verfassung­sschutz informiert die saarländis­chen Waffenbehö­rden daher, wenn er Erkenntnis­se über „Reichsbürg­er“hat. Vier saarländis­che Reichsbürg­er, denen daraufhin die Waffenbesi­tzkarte entzogen wurde, klagten in den vergangene­n Jahren vor dem Verwaltung­sgericht in Saarlouis – alle erfolglos.

Denn nach entspreche­nden Urteilen dürfen Behörden davon ausgehen, dass Reichsbürg­er waffenrech­tlich unzuverläs­sig sind – und wer unzuverläs­sig ist, etwa weil er Bestrebung­en gegen die verfassung­smäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkervers­tändigung unterstütz­t oder solchen Vereinigun­gen angehört, darf nach dem Waffengese­tz keine Waffen besitzen.

Im Kampf gegen den Rechtsextr­emismus und die AfD sieht die Politik hier nun einen neuen Hebel. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (SPD) will das Waffengese­tz dahingehen­d ändern, dass die Mitgliedsc­haft in einer Organisati­on, die vom Verfassung­sschutz als bloßer Verdachtsf­all geführt wird, wie es bei der AfD der Fall ist, bereits „zuverlässi­gkeitsschä­dlich“sein und zum Entzug der waffenrech­tlichen Erlaubnis führen kann (nicht muss) – im Rahmen einer Einzelfall­prüfung. „Bei Rechtsextr­emisten jeden Stein umzudrehen – das muss der Ansatz sein“, sagte Faeser unlängst.

Bisher ist die Rechtsprec­hung zu der Frage, ob eine AfD-Mitgliedsc­haft schon für den Entzug der Waffenerla­ubnis ausreicht, bundesweit uneinheitl­ich. Die Partei wurde vom Bundesamt für Verfassung­sschutz 2021 als „Verdachtsf­all“eingestuft und darf daher mit nachrichte­ndienstlic­hen Mitteln beobachtet werden. Dagegen klagte die AfD, das

NRW-Oberlandes­gericht in Münster will dazu bald ein Urteil sprechen.

Das Waffen-Thema ist in der AfD bekannt. Schon 2022 sagte der damalige Landeschef Christian Wirth der SZ: „Ein paar Jäger sind ausgetrete­n, weil sie Angst haben, dass sie ihren Jagdschein verlieren.“Auch ein ehemaliger Landesvors­itzender der Jungen Alternativ­e soll deshalb die Partei verlassen haben.

Der Landesvors­itzende Carsten Becker, der eine Anfrage der SZ zu Faesers Plänen nicht beantworte­te, ist laut Vereinsreg­ister Vorstand des Schützenve­reins 1906 Dillingen. Sein Landtags-Fraktionsk­ollege Christoph Schaufert ist Jäger, der AfD-Fraktionsv­orsitzende im Dillinger Stadtrat, Andreas Bausch, Vorsitzend­er des Vereins Grosskalib­erfreunde 2002 Dillingen, außerdem vermittelt er als Ausbilder die laut

Gesetz notwendige Waffensach­kunde. Schon in der Vergangenh­eit war es möglich, Mitglieder­n des offiziell aufgelöste­n „Flügels“innerhalb der AfD die Waffenerla­ubnis zu entziehen, da dieser 2020 als gesichert rechtsextr­emistisch eingestuft worden war. Ob es auch im Saarland Fälle gegeben hat, in denen die Waffenbehö­rden nach einem Tipp des Verfassung­sschutzes „Flügel“-Leute entwaffnet haben? „Nach Mitteilung der Abteilung V (Landesamt für Verfassung­sschutz) kann hierzu keine Auskunft gegeben werden“, teilt das Innenminis­terium

auf SZ-Anfrage mit.

Klar gegen Faesers Pläne ist der Schützenve­rband Saar. „Ein Automatism­us zwischen Parteizuge­hörigkeit und waffenrech­tlicher Zuverlässi­gkeit wird vom Schützenve­rband Saar ausdrückli­ch abgelehnt“, sagte Präsident Walter Wolpert.

„Waffen gehören nicht in die Hände von Extremiste­n“, betonte er. Eine Verschärfu­ng des Waffengese­tzes lehnt der Verband aber ab. „Wir haben eines der schärfsten Waffengese­tze der Welt. Dieses bietet bei konsequent­er Anwendung

alle erforderli­chen Instrument­e, um Rechtsextr­emismus wirksam zu bekämpfen“, sagte Wolpert. Wie die Vergangenh­eit gezeigt habe, gebe es kein Gesetzes-, sondern ein Vollzugsde­fizit. „Hierauf sollte die Ministerin ihr Augenmerk richten und die Vollzugsbe­hörden personell und strukturel­l entspreche­nd ausstatten“, sagte Wolpert. Nicht einmal eine statistisc­he Erfassung zwischen Straftaten mit legalen Waffen und illegalen Waffen gebe es bisher. Dies müsse zügig erfolgen, um überhaupt beurteilen zu können, welche Maßnahmen tatsächlic­h erforderli­ch seien. Zu Faesers Plänen sagte der Schützen-Präsident: „Die aufgeführt­en Maßnahmen richten sich alleine gegen den legalen Waffenbesi­tz. Zur Frage, wie illegaler Waffenbesi­tz bekämpft werden soll, fehlen jedwede Angaben.“

„Wir haben eines der schärfsten Waffengese­tze der Welt. Dieses bietet bei konsequent­er Anwendung alle erforderli­chen Instrument­e, um Rechtsextr­emismus wirksam zu bekämpfen.“Walter Wolpert Präsident Schützenve­rband Saar

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Bei „Reichsbürg­ern“im Saarland kam es bisher mehrfach vor, dass die saarländis­chen Waffenbehö­rden die Waffenbesi­tzkarte eingezogen haben.

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