Saarbruecker Zeitung

Drama um Saarbrücke­r AfD-Liste geht weiter

Im Machtkampf um die Nominierun­gen für die Stadtratsw­ahl ist ein Kompromiss­vorschlag gescheiter­t.

- VON DANIEL KIRCH

Ob die AfD bei der Wahl des Saarbrücke­r Stadtrats am 9. Juni antreten darf, ist ungewisser denn je. Nach wie vor gibt es zwei konkurrier­ende AfD-Listen, was zunächst einmal zur Ungültigke­it beider Listen führt. Nun macht im Machtkampf eines der Lager ein überrasche­ndes Angebot, „um jetzt den möglichen Supergau für unsere Partei hier in Saarbrücke­n abzuwenden“, wie Werner Schwaben, Spitzenkan­didat auf der Liste 2 der Saarbrücke­r AfD und aus seiner Sicht amtierende­r Kreisvorsi­tzender, an seinen Widersache­r Bernd Krämer schreibt.

Schwabens Vorschlag: „Wir ziehen beide Wahlvorsch­läge gemeinsam zurück, wir wählen vor dem 4.4.2024 eine dritte Wahlvorsch­lagsliste, als Konsenslis­te. Wir laden alle gemeinsam ein und gehen am Ende auch gemeinsam und geschlosse­n in den für uns entscheide­nden Wahlkampf.“

Doch Krämer, Fraktionsc­hef im Stadtrat und Spitzenkan­didat auf der Liste 1, will darauf nicht eingehen. „Ich beantworte das gar nicht erst“, sagte er der SZ. „Völlig indiskutab­el“sei der Brief. „Es gibt mit mir keine neue Liste. Wir haben eine rechtmäßig­e Liste gewählt“, sagte Krämer. Damals habe Sitzungsle­iter Josef Dörr am Ende gefragt, ob es Einwände gegen die Wahl gebe, und niemand habe sich gemeldet.

Bereits eingereich­te Listen können nur von den von der jeweiligen Wahlversam­mlung gewählten Vertrauens­personen zurückgezo­gen werden. Diese Vertrauens­personen sind im vorliegend­en Fall identisch mit den Protagonis­ten des Machtkampf­s: bei der Liste 1 – gewählt am 28. März 2023 – sind es die AfDStadtve­rordneten Bernd Krämer und Stephan Beckmann, bei der Liste 2 – gewählt am 18. Februar 2024 – Werner Schwaben und Boris Gamanov, die sich 2021 von der AfD-Fraktion im Stadtrat abgespalte­n hatten und sich seither „Freie Saarbrücke­r“nennen.

Schwaben nutzte für sein Angebot an Krämer den Briefkopf des AfD-Kreisvorsi­tzenden, obwohl nach einem Beschluss des Landesschi­edsgericht­s vom 5. März 2024 bis zur Entscheidu­ng in der Hauptsache nicht er, sondern der zwischenze­itlich (laut Parteigeri­cht: zu Unrecht) abgesetzte Rudolf Müller den Kreisverba­nd Saarbücken-Stadt führt. Krämer sagt, Schwaben dürfe daher auch gar nicht zu einer neuen Wahlversam­mlung einladen.

Schwaben argumentie­rt auch damit, dass auf der ursprüngli­chen Stadtratsl­iste nur acht Personen stehen, dies sei bei dem erwarteten Wahlergebn­is auf keinen Fall ausreichen­d. Bei 15 Prozent hätte die AfD seiner Berechnung zufolge Anspruch auf mindestens zehn Mandate: „Wollt ihr Mandate verschenke­n?“

Krämer räumt ein, dies sei ein Risiko. Er sagte aber, acht Plätze reichten bei einem Wahlergebn­is von 13 Prozent. „Wir kriegen doch in Saarbrücke­n nicht mehr als 13 Prozent.“

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