Saarbruecker Zeitung

Benfares-Anwalt spricht über Krebsdiagn­ose

Jurist Dubravko Mandic äußert sich in der SZ erstmals über den Doping-Fall und bestätigt Karriere-Ende seiner 22-jährigen Mandantin.

- VON KAI KLANKERT

War alles nur eine Lüge? Eine Lüge, um den positiven Dopingtest seiner Tochter zu rechtferti­gen? Um aus einer ausweglose­n Situation irgendwie herauszuko­mmen? Der Doping- und Kriminalfa­ll Sara Benfares (22) hat eine neue, spektakulä­re Wendung genommen, denn erstmals hat sich ihr neuer Anwalt, Dubravko Mandic aus Freiburg, zu Wort gemeldet.

Mit der Veröffentl­ichung der Saarbrücke­r Zeitung am 30. Januar hatte der größte Dopingfall in der deutschen Leichtathl­etik der vergangene­n Jahrzehnte begonnen.

Die Mittelstre­ckenläufer­in des LC Rehlingen, EM- und WM-Teilnehmer­in 2022, war bei einer Kontrolle am 30. September 2023 positiv auf das Blutdoping­mittel Epo und Testostero­n getestet worden. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) hatte ein Ergebnisma­nagementve­rfahren in die Wege geleitet, um anhand der Stellungna­hme der Athletin über mögliche Sanktionen oder einen Freispruch entscheide­n zu können, zudem aber auch Anzeige bei der Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n wegen des möglichen Verstoßes gegen das Anti-DopingGese­tz erstattet. Das Verfahren bei der NADA soll kurz vor dem Abschluss stehen.

Die erste Wende im Fall Benfares lieferte Vater Samir Benfares einen Tag nach der SZ-Veröffentl­ichung, also am 31. Januar, als er dem französisc­hen Doping-Portal SPE15

detaillier­t Auskunft gab über den Gesundheit­szustand seiner Tochter – und mit der Diagnose Knochenkre­bs als Ursache für eine Reihe von Stressfrak­turen überrascht­e. Vater Benfares schilderte von einer notwendige­n Chemothera­pie, einem gefährlich abgesunken­en Hämatokrit­wert (27 Prozent) und der Verabreich­ung von Epo durch einen deutschen Facharzt, um dem schnellstm­öglich entgegenzu­wirken. Zudem sei Testostero­n gespritzt worden, um die von der Krankheit betroffene­n Knochen zu stärken.

Spätestens am 28. Februar, als die SZ den positiven Doping-Test auf Epo bei Saras Schwester Sofia Ben

fares (19), Bronzemeda­illengewin­nerin bei der U20-EM 2023 in Jerusalem, veröffentl­ichte, wuchsen die ohnehin vorhandene­n Zweifel an der Erklärung von Samir Benfares.

Nachdem der vorherige Anwalt von Sara Benfares, Prof. Dr. Rainer Cherkeh aus Hannover, in den vergangene­n Wochen alle SZ-Anfragen unbeantwor­tet ließ, äußert sich nun Dubravko Mandic, der die Interessen von Sara, nicht aber von Sofia Benfares vertritt, zu Wort. Die Diagnose Krebs bestätigt er nicht.

„Herr Benfares war insgesamt mit der Erkrankung seiner Tochter und der medial thematisie­rten Dopingkont­rolle überforder­t. Was er genau geäußert hat, wurde in der Familie noch nicht aufgearbei­tet. Frau Benfares leidet an einer diffusen Knochenerk­rankung, für die weder die Ärzte noch ihr Vater eine plausible Erklärung hatten“, teilte Mandic der Saarbrücke­r Zeitung mit. Auf die erneute Nachfrage, ob es sich folglich nicht um eine Krebserkra­nkung handelt, antwortete Mandic: „Eine Knochenkre­bserkranku­ng kann aktuell nicht ausgeschlo­ssen werden. Meine Mandantin macht keinen Sport und ist trotzdem extrem gebrechlic­h. Eine Erklärung dafür steht noch aus.“

Dass Sara Benfares im Jahr 2023 aufgrund von Stressfrak­turen und körperlich­en Problemen so gut wie keine Wettkämpfe bestritten hat, ist bekannt. Dennoch wurde sie am 30. August als Teil des Teams Saarland für Paris, einer durch die Sportstift­ung Saar besonders geförderte­n Gruppe von Athleten, vorgestell­t und erklärte vor Ort in Saarbrücke­n, sich nicht nur für die Olympische­n Spiele in Paris qualifizie­ren, sondern dort um die Medaillen mitlaufen zu wollen. Diese Zielsetzun­g wiederholt­e sie Ende November in einem SZ-Interview kurz vor ihrem viel beachteten Comeback Anfang Dezember bei einem Crosslauf in Genf.

Waren die Medaillent­räume der Athletin gestützt auf leistungss­teigernde, aber verbotene Mittel? Das ist Spekulatio­n. Zumindest hat sich der Gesundheit­szustand von Sara Benfares in den letzten Wochen nicht verbessert. Im Gegenteil, erläutert Anwalt Mandic: „Die Knochenerk­rankung verursacht immer wieder neue Verletzung­en, obwohl überhaupt kein Sport betrieben wird. Nachdem sich das linke Knie seit Oktober 2023 in einem degenerati­ven Zustand befunden hatte, brach am 3. März beim Gehen die Kniescheib­e. Diese Verletzung, die auch nicht mit Sport erklärt werden kann, erfordert einen operativen Eingriff Ende April.“

Mandic bestätigt der SZ, dass Sara Benfares ihre Karriere im Leistungss­port beendet hat – „aufgrund der Erkrankung, die offensicht­lich mittelfris­tig nicht kuriert werden kann“. Und deshalb kommt er zu der Schlussfol­gerung: „Wir haben es hier in Wirklichke­it nicht mit einem Doping-Fall zu tun. Meine Mandantin hatte nicht die Absicht, an Wettkämpfe­n teilzunehm­en. Sie wollte wieder gesund werden.“

Die Beurteilun­g, ob es sich um einen Doping-Fall handelt oder nicht, obliegt letztlich der NADA, die die Erkenntnis­se der Anhörung beider Schwestern auswertet. Inwieweit hier die Entwicklun­gen bei CA Montreuil, dem französisc­hen Verein der Familie Benfares, eine Rolle spielen, ist unklar. Vater Samir Benfares war im Zuge der Veröffentl­ichung von Saras positivem Test als Präsident des Clubs zurückgetr­eten. Wie die französisc­he Anti-DopingAgen­tur AFLD jetzt bekannt gab, gab es unter Präsident Benfares einen dritten Doping-Fall bei Montreuil. Die französisc­he Speerwerfe­rin Alexie Alaïs ist bereits im Februar 2023 positiv auf Sibutramin getestet worden. Sibutramin ist ein Wirkstoff, der als Appetitzüg­ler zur Reduktion von starkem Übergewich­t verwendet wird und steht seit 2010 auf der Dopinglist­e. Alaïs wurde von der AFLD für 18 Monate gesperrt.

„Herr Benfares war insgesamt mit der Erkrankung seiner Tochter und der medial thematisie­rten Dopingkont­rolle überforder­t.“Dubravko Mandic Anwalt von Sara Benfares

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FOTO: KAPPELER/DPA Sara Benfares hat offenbar weiterhin große körperlich­e Probleme.

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