Saarbruecker Zeitung

Trumps gefährlich­e „Blutbad“-Rhetorik

Ein Blutbad in der US-Autoindust­rie – oder doch in ganz Amerika? Über Trumps Äußerungen bei einer Wahlkampfr­ede ist eine heftige Debatte entbrannt. Dabei sind sie Teil einer wiederkehr­enden Strategie.

- VON JULIA NAUE

(dpa) Kontext ist ein Wort, das dieser Tage häufig in den USA fällt. Es geht um Donald Trumps „Blutbad“-Äußerungen bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng am Wochenende im US-Bundesstaa­t Ohio. Der Ex-Präsident sprach darüber, wie er den Verkauf von chinesisch­en Autos auf dem US-Markt erschweren will. Und dann sagte Trump plötzlich: „Wenn ich nicht gewählt werde, wird es ein Blutbad geben. (...) Es wird ein Blutbad für das Land sein.“

Medien greifen das Zitat auf, Videoschni­psel kursieren im Internet – und Trumps Wahlkampft­eam wiegelt ab: Der 77-Jährige habe nur über die US-Autoindust­rie gesprochen, das „Blutbad“-Zitat sei aus dem Kontext gerissen geworden. Doch Kontext hin oder her – Trumps Rhetorik folgt einem gefährlich­en Muster.

Trump will nach der Präsidente­nwahl im November wieder ins Weiße Haus einziehen, er liefert sich ein Duell mit dem demokratis­chen Amtsinhabe­r Joe Biden. Deshalb ist es wichtig, was der Republikan­er sagt. Umfragen sagen ein Kopf-anKopf-Rennen zwischen Biden und Trump voraus. Es ist nicht das erste

Mal, dass Trump mit drastische­n Worten gezielt Verwirrung stiftet.

Er nutzt regelmäßig hasserfüll­te, entmenschl­ichende Sprache, die zum einen Angst bei seinen Anhängerin­nen und Anhängern erzeugen soll und zum anderen haben seine Aussagen wegen der Formulieru­ngen häufig eine versteckte Bedeutung.

In seiner Wahlkampfr­ede am Wochenende sagte Trump, dass einige Migranten gar keine „Menschen“seien. „Ich darf das nicht sagen, weil die radikale Linke sagt, dass das eine

schrecklic­he Sache ist.“Zuvor hatte er bereits behauptet, dass Migranten das „Blut unseres Landes vergiften“und massenhaft aus psychiatri­schen Anstalten und Gefängniss­en in die USA kämen. Trump rechtferti­gt seine Wortwahl und behauptet, sie bringe die Menschen zum Nachdenken über wichtige Themen. Wenn man gewisse Worte nicht benutze, werde nichts passieren. Gleichzeit­ig schürt der Republikan­er regelmäßig rassistisc­he Ressentime­nts. Über seine einstige Konkurrent­in um die Präsidents­chaftskand­idatur seiner Partei,

Nikki Haley, machte er sich lustig, in der er sie „Nimbra“nannte. Haley ist die Tochter indischer Einwandere­r, ihr Geburtsnam­e lautet Nimarata Nikki Randhawa. Das Vorgehen erinnert an Trumps Hetze gegen den Demokraten Barack Obama. Spricht er über seinen Vorgänger, kommt Trump nicht ohne Obamas zweiten Vornamen aus – erst am Wochenende nannte er ihn wieder „Barack Hussein Obama“.

Auch politische Gewalt ist immer wieder ein Thema in Trumps Reden. Schon als er noch Präsident war, verurteilt­e er diese nicht. Nach einem tödlichen Vorfall bei einem Neonazi-Aufmarsch in der US-Stadt Charlottes­ville sprach Trump von „einigen sehr feinen Menschen auf beiden Seiten“. Als er im Wahlkampf 2020 gefragt wurde, ob er sich von gewalttäti­gen Rassisten distanzier­en würde, sagte er an die rechtsradi­kale Miliz „Proud Boys“gerichtet: „Haltet euch zurück und haltet euch bereit!“Aussagen wie diese haben Begeisteru­ng im rechten Spektrum ausgelöst – und die „Proud Boys“waren beim Sturm auf das US-Kapitol zur Stelle. Aktuell nutzt Trump die strafrecht­lichen Anklagen gegen ihn für aufwiegler­ische Sprache. Er warnte vor „potenziell­em Tod und Zerstörung“und „Unruhen auf den Straßen“, sollte die Justiz gegen ihn vorgehen.

„Die Wahlkampfk­ampagne, die wir erleben, ist direkt aus den Lehrbücher­n“, sagt der Politikwis­senschaftl­er Brendan Nyhan von der Universitä­t Dartmouth dem Sender NPR über Trump. So klinge ein autoritäre­r Demagoge. Trump berufe sich, bei dem, was er sage, oftmals auf sogenannte glaubhafte Abstreitba­rkeit. Das heißt, Trump kann am Ende immer irgendwie sagen, dass das gar nicht so gemeint gewesen sei.

Am 6. Januar 2021 hatten Anhänger Trumps den US-Kongress gestürmt. Zuvor hatte der Republikan­er, der seine Niederlage gegen Biden bei der Präsidente­nwahl 2020 bis heute nicht eingesteht, seine Anhänger in einer Rede aufgewiege­lt. „Ihr werdet einen unrechtmäß­igen Präsidente­n haben. Genau das werdet ihr haben. Und das können wir nicht zulassen“, sagte Trump damals. Und: „Wenn Ihr nicht wie der Teufel kämpft, werdet Ihr kein Land mehr haben.“Oder: „Unser Land hat genug. Wir werden das nicht mehr hinnehmen, und darum geht es hier.“Trump und seine Verteidige­r verweisen hingegen auf eine andere Passage der Rede: „Ich weiß, dass jeder hier bald zum Kapitol marschiere­n wird, um sich friedlich und patriotisc­h Gehör zu verschaffe­n.“

Alles gar nicht so gemeint – eine typische Trump-Strategie. Und so ist die Aufregung über die „Blutbad“Äußerung beim Trump wohlgesonn­enen US-Sender Fox News ein Sturm im Wasserglas der sogenannte­n Mainstream-Medien. „Sie sind so heuchleris­ch. Sie machen es sich so einfach. Es ist so ein Kinderspie­l“, sagt etwa Talkmaster Sean Hannity.

Das konservati­ve Wall Street Journal schreibt: „Sein „Blutbad“-Kontext war klar die US-Autoindust­rie; und mehr als das zu suggeriere­n, spielt Trump in die Hände, indem Wählern ein weiterer Grund gegeben wird, Medienberi­chten über ihn nicht zu vertrauen.“

Die Washington Post macht deutlich, dass Trump wiederholt die Aussicht auf tatsächlic­he Gewalt durch seine Anhänger beschworen habe. Das mache es schwierige­r, die Bemerkung als „überhitzte Rhetorik“abzutun. „Trump spielt zumindest absichtlic­h mit dem Feuer. Und dies ist nur das jüngste Beispiel.“

„Trump spielt zumindest absichtlic­h mit dem Feuer.“Kommentar der US-Zeitung Washington Post

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FOTO: MEG KINNARD/AP Der republikan­ische Präsidents­chaftskand­idat und Ex-US-Präsident Donald Trump spricht auf einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng: Immer wieder sorgt Trump mit seinen Aussagen für Aufsehen.

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