Saarbruecker Zeitung

Kopfschütt­eln über Förder-Aus für E-Lastenräde­r

Der Bund hat den Kauf von über 10 000 E-Lastenfahr­rädern gefördert. Nun ist das Programm ausgelaufe­n. Ob es wiederbele­bt wird, ist offen.

- VON HAGEN STRAUSS Produktion dieser Seite: Lucas Hochstein, Markus Renz

Für das Bundeswirt­schaftsmin­isterium ist das Programm ein Erfolg. Seit Beginn am 1. März 2021 wurden Fördermitt­el in Höhe von 15,6 Millionen Euro für genau 10 653 E-Lastenfahr­räder bewilligt. „Gut angenommen“worden sei das Angebot, so eine Ministeriu­mssprecher­in zu unserer Redaktion. Aber: Das Programm ist Ende Februar ausgelaufe­n. Nun wächst der Druck auf das Ressort von Robert Habeck (Grüne), für eine Wiederbele­bung zu sorgen – aus der Wirtschaft, seitens der Kommunen und aus Habecks Partei. Man fürchtet um die „echte Alternativ­e zum Auto“.

Sie sind robust, mit ihnen kann man vom Bierkasten bis zum Hand

werkermate­rial vieles transporti­eren. Lastenfahr­räder sollen helfen, aufs Auto zu verzichten, CO2 einzuspare­n und damit auch die Kommunen zu entlasten. Deshalb gibt es in Deutschlan­d verschiede­ne Förderprog­ramme. Das des Bundes richtete sich an die Käufer von gewerblich­en Lastenräde­rn mit E-Antrieb, also nicht an Privatpers­onen. Zuständig für die Förderung ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle

(BAFA) gewesen, förderfähi­g waren 25 Prozent der Ausgaben für die Anschaffun­g, maximal jedoch 2500 Euro pro E-Lastenfahr­rad oder Lastenfahr­radanhänge­r mit E-Antrieb.

Passé. Zum Ärger etwa des Deutschen Städtetage­s. „Für Paketdiens­te sind E-Lastenfahr­räder gerade auf der sogenannte­n letzten Meile eine echte Alternativ­e zum Auto und erfolgreic­h erprobt“, so Hauptgesch­äftsführer Helmut Dedy zu unserer Redaktion. „Und auch viele Handwerksb­etriebe setzen inzwischen auf Kundenbesu­che per Lastenrad.“Für die Menschen in den Städten sei dies ein Gewinn: „Weniger Kleintrans­porter parken Fahrbahnen oder Einfahrten zu, außerdem weniger Lärm und weniger Abgase in der Innenstadt.“Dass nun aber das Förderprog­ramm für E-Lastenfahr­räder ausgelaufe­n sei, „ist kein gutes Signal“, so Dedy.

Das Vorgehen des Ministeriu­ms reihe sich ein in den Förderstop­p vieler anderer Programme zur Verkehrswe­nde, die nach dem Haushaltsu­rteil des Bundesverf­assungsger­ichts gekürzt oder nicht verlängert worden seien – etwa für Busse mit alternativ­en Antrieben, für Fahrradpar­khäuser an Bahnhöfen, für Modellproj­ekte im ÖPNV, listet Dedy auf.

Die Bundesregi­erung müsse daher dringend Wege finden, „wie sie auch in Zukunft Investitio­nen in klimaneutr­alen Verkehr fördert. Die Städte werden das nicht allein stemmen können.“

Laut der Interessen­vertretung der Fahrradind­ustrie (ZIV) wurden im Jahr 2023 insgesamt 235 300 Lastenräde­r verkauft, davon 189 000 mit elektrisch­er Unterstütz­ung. Der Verband unterschei­det zwar nicht nach privater oder gewerblich­er Nutzung, doch das Auslaufen des Bundesprog­ramms sehe man „sehr kritisch“, so die Leiterin für Politik, Anke Schäffner. „Gerade bei den gewerblich­en Flotten ist noch großes Potenzial, diese auf die nachhaltig­e Mobilitäts­form mit Lastenräde­rn umzustelle­n.“So könnten Pflegedien­ste, Handwerker oder Schornstei­nfeger profitiere­n. Daher fordere man eine Wiederaufn­ahme des Förderprog­ramms, so Schäffner.

Auch der Deutschen Industrie- und Handelskam­mertag ist von dem Verkehrsmi­ttel überzeugt. „Wo Staus oft den Autoverkeh­r ausbremsen, ist das Lastenrad gerade bei kürzeren Entfernung­en eine gute Alternativ­e, um kleinere Warensendu­ngen schnell an die Kundschaft zu bringen“, so DIHKVerkeh­rsexperte Dirk Binding. In wirtschaft­lich fordernden Zeiten sei jede Unterstütz­ung für kleine und mittelstän­dische Unternehme­n hilfreich, „die dazu beiträgt, den Verkehr umweltscho­nender zu machen“.

Druck bekommt das Ressort aber auch von Habecks Grünen. Swantje Michaelsen, im Bundestag zuständig für den Radverkehr, betont, laut Verkehrsmi­nisterium könnten bis zu 23 Prozent des Wirtschaft­sverkehrs auf Lastenräde­r verlagert werden. Wer umsteige, leiste einen handfesten Beitrag zum Klimaschut­z und entlaste die Städte von Lärm, Stau und Abgasen. „Ich setzte mich daher dafür ein, dass die Förderung von gewerblich­en E-Lastenräde­rn im Rahmen der Nationalen Klimaschut­zinitiativ­e zeitnah fortgeführ­t wird“, so Michaelsen.

 ?? FOTO:GETTY IMAGES/ISTOCK ?? Ein Mann fährt auf einem Lastenfahr­rad durch Frankfurt. Städte und Verbände fürchten um die „echte Alternativ­e zum Auto“.
FOTO:GETTY IMAGES/ISTOCK Ein Mann fährt auf einem Lastenfahr­rad durch Frankfurt. Städte und Verbände fürchten um die „echte Alternativ­e zum Auto“.
 ?? SZ- GRAFIK/Anja Müller, QUELLE: ZIV ?? Mountainbi­ke, ** All Terrain Bike, Zahlen gerundet
SZ- GRAFIK/Anja Müller, QUELLE: ZIV Mountainbi­ke, ** All Terrain Bike, Zahlen gerundet

Newspapers in German

Newspapers from Germany