Die einzige Frau bei der Saarbrücker Müllabfuhr
Vanessa Lamy arbeitet als Müllwerkerin beim Saarbrücker Entsorger ZKE. Die 36-Jährige ist dort die einzige Frau in einer Männerdomäne.
Acht bis zehn Kilometer können es schon am Tag werden, die ein Müllwerker zu Fuß zurücklegen muss. Dabei bewegt er rund 800 Müllgefäße, um die Stadt und das Umland sauber zu halten. Als wir Vanessa Lamy am Nachmittag zu einem Gespräch am Saarbrücker Gaschhübel treffen, dem Verwaltungssitz des Entsorgers ZKE, hat sie solch eine Tour gerade hinter sich gebracht. Sie arbeitet seit dem 1. September 2023 bei dem städtischen Entsorgungsbetrieb. Und das ist eine Besonderheit, schließlich ist sie derzeit die einzige Müllwerkerin in Saarbrücken.
„Im Schnitt gehen beim ZKE zwischen 50 und 100 Bewerbungen ein, wenn wir Stellen bei der Müllabfuhr zu besetzen haben“, sagt Judith Pirrot, Sprecherin des Unternehmens. „In diesem Bereich bewerben sich in der Regel pro Auswahlverfahren allerdings nur zwei bis drei Frauen. Bei der Müllabfuhr ist Vanessa Lamy die einzige, die als Müllwerkerin eingesetzt ist.“
Kein leichter Schritt für die 36-Jährige, zählt dieser Berufszweig auch heutzutage noch zu einer meist von Männern dominierten Branche. „Am Anfang macht man sich schon Gedanken, wie man angenommen wird“, erzählt Lamy, der es wichtig
war, von Beginn an klarzumachen, dass sie keine Sonderstellung genießt. „Aber die meisten Vorurteile hat man ausgeräumt.“
Sie und ihre rund 70 Kollegen sind täglich ab 6 Uhr auf den Straßen unterwegs. Als Müllwerkerin gibt es drei Aufgabenbereiche, in denen sie als Springerin eingesetzt wird. Darunter fällt die Entsorgung des Sperrmülls oder als Lader hinter dem Müllwagen. Vor unserem Treffen war sie im Transportservice auf dem Rodenhof unterwegs. Mülltonnen werden aus Häusern und Kellerräumen hervorgeholt und an der Straße für die Abfuhr positioniert, nach der Entleerung werden sie an ihren ursprünglichen Platz zurückgestellt. Diese Leistung wird in den Innenstadtbereichen wie Malstatt oder Burbach angeboten, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten und damit die Tonnen nicht unkontrolliert von den Anwohnern an allen Ecken aufgestellt werden. Welche Aufgabe sie am nächsten Tag erwartet, entscheidet sich erst am Morgen, wenn sie kurzfristig für eines der 17 Müllund Sperrmüllfahrzeuge eingeteilt wird.
Die Reaktionen auf eine Frau in einem bisher noch männlich geprägten Berufsbild sind ganz unterschiedlich. „Die einen sagen cool, dass das eine Frau macht. Und andere gucken dich komisch an. Vielen Leuten ist es egal. Von anderen habe ich schon guten Zuspruch bekommen. Im Großen und Ganzen wird das schon gut angenommen“, berichtet Lamy.
Einmal wurde sie von einer Passantin gefragt, ob ihr diese Arbeit nicht zu schwer sei, kein unberechtigter Einwand. Den körperlichen Aspekt darf man bei dieser Tätigkeit nicht unterschätzen. „Man muss anpacken können“, sagt Vanessa Lamy und rät auch all jenen, die selbst Interesse an der Arbeit als Müllwerkerin haben, sich vorab Gedanken zu machen, ob man die Leistung und Ausdauer aufbringen kann. „Man muss Tonnen aus dem Keller herausziehen oder vom Straßenrand zum Wagen. Man sollte sich selbst kennen. Man sollte sich selbst einschätzen können, ob man die Kraft dafür hat oder nicht.“Sollte ein Gefäß dann aber doch mal zu schwer sein, hat bisher immer ein Kollege mit angepackt.
Ein großer Vorteil sind die Arbeitszeiten. Ihre beiden Kinder sind jetzt in einem Alter, selbstständig in die Schule gehen zu können, während sie um 6 Uhr morgens ihre Schicht beginnt. Und nach dem Feieraband um 14.30 Uhr bleibt noch genug Zeit, den restlichen Tag gemeinsam zu verbringen. Auch in finanzieller Hinsicht ist man beim ZKE einen Schritt weiter, als es in vielen anderen Branchen üblich ist. Denn hier verdienen Frauen genauso viel wie Männer.
„Man sollte sich selbst kennen. Man sollte sich selbst einschätzen können, ob man die Kraft dafür hat oder nicht.“Vanessa Lamy über ihren anstrengenden Job