Wo wilde Myrtenwolfsmilch in Burbach wächst
Leider nur zwei Tage: Im Garelly-Haus war eine Ausstellung zu sehen, die Kunst und Natur miteinander verband.
Schon bevor die Türen offiziell geöffnet wurden, blieben die ersten Passantinnen interessiert vor dem Garelly-Haus in der Alt-Saarbrücker Eisenbahnstraße stehen. Denn das Team der Ausstellung „Ein bisschen Wildnis in der Stadt?“hatte auf dem Trottoir frische, blühende Heckenzweige und Pflanztöpfe mit Baumsprösslingen und Wildblumenkeimlingen aufgestellt. Daneben lag ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift „Kleine Bäume brauchen Jahrzehnte bis sie so groß sind wie die Abgestorbenen“.
Im Schaufenster waren großformatige, computeranimierte Fotos der Innenstadt von Saarbrücken zu sehen. Aber dort, wo in Wirklichkeit Brachen oder Parkplätze sind, waren auf den Fotos herrliche, wilde Parks, Grünflächen oder Teiche abgebildet. So war es schon vor der Tür klar, dass es sich hier nicht um eine „normale“Ausstellung handelte. In dieser, nur zwei Tage dauernden Ausstellung im Garelly-Haus wurden die Ergebnisse von ganz verschiedenen Natur-Projekten präsentiert.
Obwohl diese Präsentation nur für ein Wochenende zu sehen war, haben sich die Verantwortlichen viel Mühe gegeben, jedes Projekt umfassend und ausführlich darzustellen. „Wir wollen auf die verschiedenen Projekte der vergangenen Jahre aufmerksam machen, in denen Ehrenamtliche, Einzelpersonen, Künstler und Künstlerinnen, Interessierte und Vereine sich mit urbaner Natur und deren Darstellung beschäftigt haben“, erklärte Julia Rabusai, eine der Verantwortlichen.
Sie ist Künstlerin, arbeitet in ihren Kunstwerken auch daran, kleine Biotope zu erschaffen. So hatte sie während der SaarArt 2023 im vergangenen Sommer vor der Modernen Galerie ein Biotop aus „unproduktiver“Vegetation mit Wildpflanzen, Totholz und vielen Insekten erschaffen, das mittlerweile aber wieder einem unauffälligen Rasen weichen musste. Von ihr stammt auch eine sehr große Computeranimation, auf der sogar ein blauer Fluss genau dort plätschert, wo sich die Martin-Luther-Straße befindet. „Das wäre doch schön, wenn man dort am Wasser sitzen würde“, sagt sie lächelnd.
Andere ausgestellte Projekte sind keine Utopien, sondern wurden
real umgesetzt. So wurde in den letzten zwei Jahren vor dem Ludwigsgymnasium von der Garten-AG ein Baumscheibenpfad angelegt, unter Leitung von Beate Garmer.
Gleich daneben waren Fotos, Plakate und kleine Broschüren des Projektes „Botanischer Garten Burbach“zu sehen, ebenfalls von Beate Garmer in Zusammenarbeit mit Klaus Harth und dem Kulturverein Burbach. Dafür wurde die wilde, meist nur kleine Stadtvegetation auf Bürgersteigen und gepflasterten Flächen abgebildet, wobei die Protagonisten die genauen Namen der Pflanzen mit Kreide auf den Bo
den davor schrieben. Wer hätte gedacht, dass mitten in Burbach eine wilde Myrtenwolfsmilch wächst?
Viel Aufmerksamkeit zog auch die Darstellung des Konzepts für den „Robert Jeanrond-Bürgerpark“in Kleinblittersdorf auf sich. Nicht nur, dass auf einem Schild zu lesen war, wie genau dieser Park von Ehrenamtlichen konzipiert und angelegt wurde. In kleinen Holzboxen befanden sich auch Dutzende von kleinen Wildblumensamen, genau katalogisiert und beschriftet, die die Grundlage für viele Gespräche bildeten.
Denn immer mehr Interessierte fanden den Weg ins Garelly-Haus, auch angelockt von den Pflanzen vor der Tür und im Fenster. Besonders die, ebenfalls im Fenster präsentierten, liebevollen und etwas altmodischen, gepressten Wildblumen, jeweils genau botanisch erläutert, zogen die Blicke auf sich. Sie stammen von Rania Katte, der Tochter von Rebekka Katte. „Das war eine freiwillige Sommeraufgabe im letzten Jahr. Da hat meine Tochter Wildblumen vor der Haustüre gesammelt und danach bestimmt und gepresst“, erzählte sie.
Auch Rebekka Katte ist eine derjenigen, die die Ausstellung organisiert haben. Aber den Mitwirkenden ging es nicht nur darum, ihre realen Projekte oder Utopien vorzustellen. „Ein weiteres ganz wichtiges Ziel des Wochenendes ist, dass wir uns gegenseitig kennenlernen. Wer macht wo was? Und dass wir miteinander netzwerken“, sagt Julia Rabusai.
Abgerundet wurde die informative Präsentation von schwarzen, zarten, minimalistischen, recht großformatigen Tuschezeichnungen von Wildpflanzen und Gartenblumen von Susanne Kocks. „In den Zeichnungen halte ich den Garten meiner Oma fest, der seit ihrem Tod immer mehr verwildert. Es ist faszinierend, wie er sich verändert“, erklärte sie. Schön, dass es in Saarbrücken so viele Menschen gibt, die dem wilden Stadtgrün so viel kunstvolle Aufmerksamkeit schenken.
„Das wäre doch schön, wenn man dort am Wasser sitzen würde.“Julia Rabusai verwandelt in einer Computeranimation die Martin-Luther-Straße in einen Fluss